Die 2020er-Jahre erleben einen doppelten, wenn nicht gar dreifachen Paradigmenwechsel – auf weltpolitischer wie auf politisch-kultureller Ebene. Der russische Krieg gegen die Ukraine ist Ausdruck eines neuen Ost-West-Konflikts zwischen einem revisionistischen globalen Osten, der auf die Aufteilung der Welt in Räume imperialer Vormacht setzt, und dem globalen Westen, der auf der liberalen Ordnung, der Integrität und der Gleichwertigkeit souveräner Staaten beruht. Dieser Paradigmenwechsel könnte eine neue Qualität erfahren, sollten sich die USA tatsächlich von der Norm der liberalen Ordnung verabschieden und sich als Vormacht der freien Welt zurückziehen. Dies wäre eine weltpolitische Wende, die nur mit dem amerikanischen Kriegseintritt von 1917 beziehungsweise dem Rückzug aus Europa nach 1920 vergleichbar wäre. Anstelle voreilig selbstgewisser Diagnosen empfiehlt sich allerdings, die Entwicklung in den USA zwar besorgt, aber vor allem differenziert zu verfolgen.
Doppelt und dreifache Zeitenwende
Zur konservativen Neuerfindung der Idee des Westens