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Event Reports

Der syrisch-israelische Friedensprozess

Hindernisse, Risiken und Chancen

Mit dem Engagement des amerikanischen Präsidenten Obama für die Fortsetzung des Friedensprozesses im Nahen Osten sorgen die israelisch-syrischen Kontakte wieder für Schlagzeilen. In den israelischen und syrischen Medien, aber auch – hinter vorgehaltener Hand – in Politiker- und Militärkreisen wird heftig über den Charakter der neueren Gespräche diskutiert, die zwischen beiden Seiten in absehbarer Zeit zu erwarten sind.

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Die Konferenz, die von der KAS Israel und ihrem Partner „The Truman Institute” an der Hebräischen Universität durchgeführt wurde, hatte zum Ziel, den Komplex „syrisch-israelischer Friedensprozess” näher zu bestimmen. Neben Syrien-Experten aus dem akademischen Bereich berichteten auch ehemalige prominente Persönlichkeiten aus Militär und Politik von ihren persönlichen Erfahrungen, die sie zu Zeiten offizieller Gespräche mit Syrien sammelten. Auf diesem Hintergrund konnten sie Hindernisse, Risiken aber auch offene Möglichkeiten vor einem breiten Publikum darlegen.

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Prof. Kaplan, Truman Institute; Gen. Major Lipkin Shahak; Gen. Sagie; Prof. Maoz; Dr. Kipnis (v.l.n.r.)

Wenig bekannt dürfte sein, dass die Gespräche zwischen Israel und Syrien nie gänzlich eingestellt wurden. Auch in den letzten Jahren, als sich die Situation im Nahen Osten abermals verschärfte, wurden unter Vermittlung der Türkei ständig geheime indirekte Gespräche geführt. „Es scheint ganz so, als seien alle problematischen Kernthemen schon zum größten Teil identifiziert und abgesprochen worden”, so General Uri Sagie, der unter Premierminister Itzhak Rabin Leiter des israelischen Nachrichtendienstes und Vorsitzender der Verhandlungsdelegation mit Syrien unter Ehud Barak war.

„Doch obwohl die Forderungen und gemeinsamen Interessen bereits beiden Parteien klar sind, ist ein offizieller Vertrag bislang nicht unbedingt an den Eckpunkten wie Grenzen, Sicherheit oder Wasser gescheitert. Die wahre Ursache des bisherigen Scheiterns liegt vielmehr in der öffentlichen Meinung begründet, die in beiden Ländern vorherrscht; bislang traute sich kein führender Politiker der beiden Staaten, seinem Volk ein de facto geschlossenes Friedensabkommen zu vermitteln.”

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Gen. Major Lipkin Shahak und Gen. Sagie

Dass diese psychologischen Aspekte ein großes Hindernis darstellen, erläuterte auch Dr. Yigal Kipnis vom Truman Institut, selber Bewohner der Golan-Region, welche im Rahmen eines Friedensabkommens an Syrien zurückgegeben werden könnte. Aufgrund der Vergangenheit herrscht unter der Bevölkerung beider Staaten großes gegenseitiges Misstrauen und der Glaube an die alleinige Richtigkeit der jeweils eigenen Geschichtsinterpretation ist sehr tief verwurzelt. Auch in offiziellen Gesprächen nimmt die Vergangenheit stets einen größeren Stellenwert ein als die Gestaltung der Zukunft; die Verhandlungen sind meist stärker von Emotionen denn von Vernunft geprägt.

General Sagie warnte vor den stetigen Versuchen beider Seiten, „das Rad der Geschichte zurückzudrehen”. Man muss einsehen, dass sich die Kräfteverhältnisse im Nahen Osten geändert haben. Israel hat heutzutage gemeinsame Interessen mit gemäßigten arabischen Ländern wie Jordanien und Ägypten, so zum Beispiel was extremistische Strömungen in der Region betrifft. Nach Sagie sei es für Israel zuallererst wichtig, seine Beziehungen mit den arabischen Rechtsstaaten – mit besonderem Augenmerk auf die Golf-Staaten – auf offizieller Ebene zu verbessern, noch bevor es zu Verhandlungen mit den Palästinenser kommt. Daher haben Gespräche mit Syrien besondere Priorität.

Generalmajor Amnon Lipkin-Shahak, ehemaliger Stabschef der israelischen Armee und Gründer der israelischen Zentrums-Partei, sprach über die Schwierigkeiten, die in den Beziehungen zu Syrien begründet lägen. Der syrische Präsident Bashar Assad, so Lipkin Shahak, zeige – trotz seiner zahlreichen Äußerungen für einen Frieden mit Israel – diesbezüglich keine ernsthaften Bemühungen. Er setze sich nicht für die Schaffung einer neuen Atmosphäre in seinem Land ein, welche für die Vorbereitung der öffentlichen Meinung unbedingt vonnöten wäre. Syrien hält nach wie vor an seinen starken Beziehungen zu Iran fest. Darüber hinaus ist Syrien noch immer tief im Libanon involviert und unterstützt die Hizbollah durch die Lieferung von Waffen für ihren Kampf gegen Israel, was die Israelis im zweiten Libanon-Krieg 2006 zu spüren bekamen.

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Gen. Major Lipkin-Shahak bei seiner Rede

Prof. Moshe Maoz, Experte für arabische Länder vom Truman Institute, führte diesen Gedanken fort, bot jedoch seine eigene Interpretation.

Seines Erachtens würde ein Abkommen mit Israel Syrien zwar nicht vom Iran oder der Hizbollah entfernen, es könnte aber zur Entwaffnung der Hizbollah beitragen. Er erklärte, dass der Großteil der Syrer säkulare Sunniten sind, die gegen den iranischen Einfluss in ihrem Land sind. Sie verlangen nach einem stärkeren Kontakt zu den USA; Israel könnte hierfür als Brücke dienen. Maoz betonte, dass Syrien bei israelischen Verhandlungen mit den Palästinensern unterstützend tätig werden kann; außerdem verfüge es über ausreichenden Einfluss auf die Hamas. Darüber hinaus kann Syrien in der Frage der palästinensischen Flüchtlinge behilflich sein, indem es einen Teil der Flüchtlinge in Syrien aufnimmt, so wie erst kürzlich mit irakischen Flüchtlingen geschehen.

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Alle Teilnehmer waren sich darüber einig, dass die „neuen USA”, wie Lipkin-Shahak die USA unter der Regierung Obamas nannte, eine bedeutende Rolle bei den Friedengensverhandlungen in der Region spielen werden. Sowohl in Israel als auch in Syrien gibt es gespannte Erwartungen, wie weit die USA in dieser Sache gehen werden.

Mit ihrer Unterstützung gibt es momentan gute Chancen, die Gespräche zu beleben und fortzusetzen. Gen. Sagie nannte hierfür drei notwendige Schritte: geheime Gespräche, Treffen von Verhandlungsdelegationen und schließlich ein Gipfeltreffen von führenden Politikern.

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