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Event Reports

Ein spannendes Thema entdeckt

by Rolf Behrens

Informationsprogramm für israelische Journalisten in Berlin und Brüssel

Von der vielfältigen politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Realität in Deutschland und Europa konnte sich jetzt eine Gruppe von israelischen Journalisten auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung ausführlich ein Bild machen.

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In israelischen Medien findet man über die Bundesrepublik meist lediglich eindimensionale Nachrichten, die sich häufig auf neonazistische Gewalt und ähnliche Negativmeldungen beschränken. Um diesem stereotypen Image entgegenzuwirken und so einen wichtigen Beitrag zum israelisch-deutschen Verständnis zu leisten, veranstaltete die KAS ein einwöchiges Informationsprogramm, an dem aufgeschlossene junge Journalisten teilnahmen. Die 16 zwischen 22 und 35 Jahre alten Medienschaffenden waren teilweise zum ersten Mal in Europa und arbeiten für die meinungsführenden israelischen Tageszeitungen (Haaretz, Yedioth Ahronoth, Maariv), TV-Sender (Channel 1, 2 und 10) sowie Radio-Stationen (Kol Israel, Galei Zahal).

Das intensive Informationsprogramm war in zwei Teile gegliedert: In Berlin und Dresden standen zunächst das deutsche politische System, die Parteienlandschaft, Integrationspolitik und der Austausch mit deutschen Medienkollegen auf der Tagesordnung.

Wie deutsche Parteien funktionieren, konnten die Journalisten gleich zu Beginn ihrer Reise live erleben, als sie am Bundesparteitag der CDU teilnahmen. Die programmatische Rede der Parteivorsitzenden Angela Merkel wurde ebenso aufmerksam verfolgt wie das Wahlverhalten der Delegierten bei der anschließenden Abstimmung über das Präsidium der CDU. Im Anschluss an die Veranstaltung lieferte der renommierte Parteienforscher Professor Werner Patzelt eine interessante Einordnung des Geschehens in die aktuellen Trends deutscher Innenpolitik.

Mit besonderem Interesse nahmen die Israelis Angela Merkels Kritik an unkritischer „Multi-Kulti“-Politik zur Kenntnis. Viele Fragen wurden am nächsten Tag zur Einwanderungs- und Integrationspolitik gestellt. Kompetente Ansprechpartner zu dem Thema waren Ministerialrat Michael Frehse im Innenministerium, die türkischstämmige Bundestagsabgeordneten Lale Akgün und Christel Kottmann-Mentz, Direktorin der deutsch-türkischen Aziz-Nesin-Europaschule. Der Besuch dieser Schule in Berlin-Kreuzberg faszinierte die Journalisten besonders.

Auch zum professionellen Austausch mit deutschen Berufskollegen bestand reichlich Gelegenheit. So nahm sich Thomas Roth, Leiter des ARD-Hauptstadtstudios, ausführlich Zeit, mit den israelischen Journalisten fachzusimpeln und ihnen vom Verhältnis zwischen Medien und Politik in Berlin zu berichten. Ein Redaktionsbesuch bei der taz und ein Informationsgespräch mit Hendrik Zörner, dem Pressesprecher des Deutschen Journalistenverbandes, rundeten den Medien-Teil der Reise ab.

Ein weiterer Themenkomplex wurde in Berlin angesprochen: In Diskussionen mit Gitta Connemann MdB, der stellvertretenden Vorsitzenden der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe im Bundestag, und mit Christian Schmidt MdB, dem parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung, ging es vor allem um deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik, auch und vor allem mit Blick auf die gegenwärtige und zukünftige Rolle deutscher Politik im Nahen Osten.

Die Frage deutsch-israelischer und europäisch-israelischer Sicherheitskooperation bildete dann auch den Mittelpunkt des zweiten Teils der Reise: In Brüssel standen weitere hochrangige Gesprächspartner zur Verfügung, die den Journalisten sehr anschaulich Einblicke in die entstehende Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU gewährten und bereitwillig Rede und Antwort standen.

Zu den Gesprächspartnern zählten Botschafter Clemens von Goetze, Repräsentant im Political and Security Committee der EU, Wolfgang Bärwinkel, im Rat der Europäischen Union zuständig für den Nahost-Friedensprozess, und Nina Obermaier, Referentin für Israel in der Generaldirektion für auswärtige Beziehungen der Europäischen Kommission.

Gemeinsame Herausforderungen in der Außen- und Sicherheitspolitik wurden anschließend auch bei einem ausführlichen Besuch im NATO-Hauptquartier thematisiert. Dabei stand der stellvertretende NATO-Generalsekretär, Botschafter Alessandro Minuto Rizzo, zu einem Interview bereit, in dem er offen über die Zusammenarbeit zwischen Israel und der Nordatlantischen Verteidigungsorganisation im Rahmen des Mittelmeerdialoges sprach.

Die Zukunft der israelisch-europäischen Beziehungen wurde schließlich bei zwei weiteren Gesprächen in Brüssel behandelt: Emanuele Ottolenghi, Direktor des „Transatlantik-Instituts“ des KAS-Partners AJC, und Oded Eran, Botschafter des Staates Israel bei der EU, äußerten sich teilweise besorgt über gesellschaftliche Entwicklungen in Europa, brachten aber auch ihre Wertschätzung für die Rolle Europas etwa im Libanon und im Gaza-Streifen zum Ausdruck.

Für alle teilnehmenden Journalisten war die Reise nach eigenen Angaben eine sehr wichtige und bereichernde Erfahrung. Deutschland und Europa sind nun in deutlich größerer Themenvielfalt im Bewusstsein der Multiplikatoren verankert. Vielen wurde erst bei den Terminen in Berlin und Brüssel deutlich, wie wichtig Deutschland und Europa für die Zukunft Israels sind und wie eng diese Nationen miteinander verbunden und verwoben sind. Als Folge des Informationsprogramms haben die Journalisten mit Deutschland und Europa ein neues, spannendes Thema entdeckt. Dies kann die KAS angesichts der bis dato meist eindimensionalen und stereotypen Berichterstattung als großen Erfolg verbuchen.

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