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Event Reports

Expertentreffen in Umwelt- und Wasserfragen

by Katja Tsafrir
Vor dem Hintergrund des Umweltgipfeltreffens in Kopenhagen diskutierten am 7. Dezember in Jerusalem Experten aus Deutschland, Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten über Wasserknappheit im Nahen Osten und mögliche Lösungsstrategien. Die trilaterale Begegnung fand auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung und dem „Israel/Palestine Center for Research and Information” (IPCRI) statt und war Auftakt für eine weiterführende transnationale und regionale Zusammenarbeit.

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Wasserknappheit ist im Nahen Osten ein großes Problem, die Region gehört mit überwiegend ariden, wüstenhaften Gebieten zu den trockensten Teilen der Erde. Im Vergleich zu wasserreichen Regionen wie den USA mit 10.000 Kubikliter stehen den Menschen in Israel, Jordanien und den palästinensischen Autonomiegebieten jährlich nur ca. 260, 160 bzw. 90 Kubikliter Wasser pro Person zur Verfügung. Auch wenn über die genauen Zahlen keine Einigkeit herrscht, so ist klar, dass die Region insgesamt über ihre „Wasserverhältnisse” lebt, es wird mehr verbraucht, als natürlich über Niederschlag, Flüsse oder Grundwasservorkommen erneuerbar ist. So pumpen zum Beispiel Israel und Jordanien so viel Wasser aus dem Jordan und dem See Genezareth, dass kaum noch Wasser im Toten Meer ankommt und der Wasserspiegel stetig sinkt, derzeit über einen Meter pro Jahr. Auch die Aquifere, ein unterirdisches System wasserführender Schichten, drohen durch übermäßiges Abpumpen auszutrocknen, in der Nähe der Küste ist ihr Wasserspiegel unter Meeresniveau gesunken, so dass Salzwasser eingedrungen ist. Darüber hinaus verschmutzen Düngemittel, Pestizide und Abwässer, die in den palästinensischen Autonomiegebieten weitgehend nicht aufbereitet werden, das Grundwasser, so dass es zum Beispiel im Gaza-Streifen zu 90% nicht mehr trinkbar ist und zum Verursacher und Verbreiter von Krankheiten geworden ist. Aufgrund der wachsenden Bevölkerung und der wirtschaftlichen Entwicklung wird der Wasserverbrauch der Region in den nächsten Jahren dramatisch steigen, so dass dringend nach effizienten und nachhaltigen Lösungen gesucht werden muss.

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Kernthema des Diskussionsabends war daher die Möglichkeit der Entsalzung von Meer- und Brackwasser, wie sie von Israel schon betrieben wird, um der Wasserknappheit entgegenzuwirken. Durch den Ausbau der Meerwasserentsalzung könne man prinzipiell über beliebig viel Wasser verfügen, so der Co-Direktor von IPCRI Dr. Gershon Baskin. Insofern sei es eigentlich nur eine finanzielle Frage, wobei man sich für den Ausgleich zwischen Entsalzungskosten und Wasserpreis um eine externe Subventionierung durch internationale Einrichtungen bemühen könne. Dennoch bringe die Entsalzung auch erhebliche Umweltbelastungen mit sich, gab Dr. Baskin zu Bedenken. Zum einen sei sie nur mit einem großen Energieaufwand zu betreiben, wobei man jedoch auf Solarenergie zurückgreifen könne. Zum anderen entstehe hoch konzentrierter Salzabfälle, der adäquat zu entsorgen sei. Auch langfristige Wirkungen des entsalzenen Wassers auf Mensch und Böden gelte es zu beobachten. Der ehemalige Berater der Weltbank und des Ministeriums für Regionale Kooperation Rafi Benvenisti wies in diesem Zusammenhang auf das viel diskutierte Projekt eines „Dead-Red-Kanals” hin, mit dem Meerwasser aus dem Roten in das Tote Meer gepumpt werden soll, um mithilfe der bei der Umleitung entstehenden Energie einen Teil des Wassers zu entsalzen und so die umliegende Region, insbesondere Amman, die südliche West Bank und das östliche Negev zu versorgen. Aufgrund des Erdbebenrisikos in der Region seien hier noch Konstruktionsfragen zu klären, so Benvenisti, und auch die Mischung von Wasser unterschiedlichen Salzgehalts sei noch nicht erprobt, so dass zunächst ein auf zwei Jahre beschränktes Pilotprojekt zu empfehlen sei. Neben der Entsalzungsstrategie wurde auch die Möglichkeit angesprochen, Wasser aus der Türkei zu importieren. Da dies technisch möglich sei, gehe es vor allem darum, auf politischer Ebene ein kooperatives Klima zwischen den Staaten zu schaffen. Sorge bereitete den anwesenden Experten allerdings eine daraus resultierende Abhängigkeit.

Grundsätzlich müsse auf individueller und gesellschaftlicher Ebene ein Problembewusstsein geschaffen werde, betonte der ehemalige Generaldirektor der Israelichen Wasserbehörde Dr. Yossi Dreizen. Die Verwandlung der Wüste in blühende Anbauflächen sei nach der Staatsgründung in Israel zu einem Symbol der Aufbauleistung geworden. Heute trage die Landwirtschaft jedoch nur zu einem verschwindend geringen Prozentsatz zum Bruttosozialprodukt bei, so dass insbesondere der Export wasserintensiver Früchte problematisch sei. Die israelische Regierung habe nun damit begonnen, durch Rationierung und Erhöhung der Wasserkosten zu einem Umdenken beizutragen. Auch an der Erneuerung der Rohrleitungen und einem effizienteren Bewässerungssystem werde bereits gearbeitet.

Nach diesen Überlegungen zur Wassersituation im Nahen Osten gab Herr Minister Uhlenberg eine kurze Einführung in Umweltherausforderungen Nordrhein-Westfalen. Dort habe man zwar eher das entgegengesetzte Problem von Überschwemmungen, die entwickelten politischen Strategien seien jedoch übertragbar. So habe er beispielsweise einen Dialog zwischen den Verantwortlichen in Politik und Industrie auf den Weg gebracht. Wirtschaftliche Vernunft könne auch im Nahen Osten Anlass zu politischer Zusammenarbeit sein. Minister Uhlenberg lud die Teilnehmer ein, sein Bundesland zu besuchen, um dort Erfahrungswerte auszutauschen zum Beispiel über den Bau von Kanälen in Gebieten, in denen die Erdoberfläche instabil ist, wie beim geplanten Dead-Red-Kanal oder im Ruhrgebiet aufgrund alter Kohleminen. Er würde sich freuen, so Minister Uhlenberg, durch eine Zusammenarbeit im Umweltsektor einen Beitrag zum Dialog zwischen Deutschland und Nahost zu leisten.

Abschließend wurde auf dem Diskussionsabend festhalten, dass die Wasser-Frage in Nahost immer auch eine politische Dimension habe. Wasser kenne keine Grenzen, so konkurrierten beispielsweise Israel, Jordanien, die palästinensischen Autonomiegebiete, der Libanon und Syrien um das Jordan-Wasser, und auch Grundwasservorkommen bzw. Aquifere seien zum Teil miteinander verbunden, so dass Verunreinigungen alle Nutzer treffen würden. Professor Alfred Abed Rabbo von der Universität Betlehem wies darauf hin, dass die israelische Kontrolle über das Wasser in den palästinensischen Autonomiegebieten fortwährend Anlass zu Kritik sei. Israel verwehre den Palästinensern den Zugang zu ausreichend Wasser, indem es zum Beispiel den Bau von Brunnen begrenze, selbst aber das Grundwasserbecken unter dem Westjordanland zu einem Großteil nutze. Es verwundert daher nicht, dass die Frage, wie viel Wasser ein zukünftiger Palästinenserstaat aus dem Boden ziehen und wer wie viel Wasser aus dem Jordan bekommt immer wieder auch Streitpunkt in den Nahostverhandlungen ist.

Mit Veranstaltungen wie dieser möchte die Konrad-Adenauer-Stiftung einen Beitrag leisten, dass die Wasserfrage statt Anlass zu Konflikt zu sein, zu einer Zusammenarbeit führt, wie dies bereits zwischen Israel und Jordanien der Fall ist. Zumindest an diesem Abend waren sich die israelischen und palästinensischen Experten darin einig, dass das Problem der Wasserknappheit nur gemeinsam anzugehen sei.

Mitarbeit: Anna Bernhardt

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