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Event Reports

Global World: New Challenges for the EU

EU General Affairs and External Relations Council: Simulation of the European Council of Ministers

Die Beziehungen zwischen Israel und Deutschland sind ein Schwerpunktthema der Konrad-Adenauer-Stiftung. Diese Beziehungen haben eine zunehmend europäische Dimension. Gemeinsam mit dem „Helmut Kohl Institute for European Studies” hat die KAS jetzt eine Simulation des Europäischen Rates durchgeführt, um Studenten Entscheidungsprozesse in der EU nahe zu bringen. Ein bewährtes Instrument, israelischen Studenten Deutschland und Europa näher zu bringen, ist die Simulation.

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Diese ist eine Vereinfachung der Realität. Das ergibt sich bereits aus der Begrenztheit der zur Verfügung stehenden Mittel. Wie hilfreich kann es also sein, ein derart komplexes System wie die Europäische Union, mit Hilfe einer Simulation zu analysieren? Wie groß kann also der Erkenntnisgewinn sein?

Nach einer Einführung in die theoretischen Grundlagen von Verhandlungen und des Verfassens von Resolutionsentwürfen durch Lior Herman und Dr. Louis Bernard, konnte die eigentliche Simulation beginnen. Zwei aktuelle Ereignisse standen besonders im Fokus:

Die Außenminister der 27 Mitgliedsstaaten sahen sich einerseits mit zwei tödlichen Bombenanschlägen im zypriotischen Nikosia konfrontiert. Somit war auch gleichzeitig die Türkei im Fokus, denn der Nordteil der Insel, welcher nicht zur EU gehört, wurde 1974 von der Türkei besetzt. Bis heute dauert diese Teilung an. Durch die Bomben von Nikosia entwickelte dieser Konflikt sprichwörtlich neuen Sprengstoff. Die zweite Herausforderung war globaler Natur. Die Islamische Republik hatte im Salzsee Namak ein „Nuklearexperiment“ durchgeführt, ein offensichtlicher Euphemismus für den Test eines nuklearen Sprengsatzes. Wenn man die (reale) Aufdeckung einer zwar noch nicht in Betrieb genommen geheimen Anlage zur Urananreicherung bei Ghom bedenkt, ist dies ein nur auf dem ersten Blick aus der Luft gegriffenes Szenario.

Der Beginn der Simulation, die in einem Konferenzraum des Maiersdorf Faculty Club stattfand, war durch eine lebhafte Debatte über die Tagesagenda geprägt. Selbst ein „informal caucus”, also das inoffizielle Ringen um einzelne Stimmen abseits vom Konferenztisch, konnte nicht sofort den Disput auflösen, ob nun Iran oder doch die Ereignisse in Zypern als erstes debattiert werden sollten. Durch das energische Auftreten des britischen Außenministers wendete sich das latt zuungunsten Zyperns. Eine etwas abwegige Situation entstand, denn – dies sei schon vorweggenommen – den Großteil des Tages ging es nur noch um das Nuklearexperiment. In der Realität wäre eine schnelle Verurteilung der Terroranschläge der wahrscheinlichere Gang gewesen, bevor die Ereignisse im Iran zur Sprache gekommen wären.

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Erneut war es dann der britische Vertreter, der zum Anführer des Lagers wurde, das für strenge Sanktionen gegen Teheran eintrat. Die Gegenseite, die u. a. durch Zypern und die baltischen Staaten vertreten wurde, erklärte hingegen ihre Ablehnung derartiger Strafmaßnahmen und begründete dies auf überraschend offene Weise mit der Abhängigkeit von nah- und mittelöstlichen Öl- und Gasvorkommen.

Die Formulierung einer Resolution zog sich über mehrere Stunden hin. Die Debatte mündete schließlich in einem Kompromiss. In diesem wurde der Islamischen Republik eine kurze Frist gesetzt, um über die Ereignisse im Salzsee umfänglich Auskunft zu erstatten und alle Aspekte seiner Atomprogramme offen zu legen. Besonders der Streit um die angemessenen Verben – z. B. ob calls oder urges angebrachter wäre – demonstrierte die Fallstricke internationaler Diplomatie. Es blieben so nur wenige Minuten, um die Causa Zypern zu behandeln. Eine wenig aussagekräftige Erklärung und die Vertagung weitergehender Schritte waren die etwas mageren Ergebnisse.

Die Simulation zeigte den Studenten, wie sichtig die Fähigkeit sein kann, andere von der eigenen Meinung zu überzeugen und welche Instrumente dafür zur Verfügung stehen. Die Teilnehmer erfuhren, warum es sinnvoll sein kann am Beginn viel zu Fordern und anschließend etwas nachzugeben. Wer hätte am Morgen auch gedacht, wie einzelne Verben einer Resolution eine völlig andere Richtung geben können? Schlussendlich war man sich einig, dass die Bedeutung des Faktums Zeit gar nicht überschätzt werden könne.

Die Veranstaltung konnte somit dazu beitragen, israelischen Studenten – den möglichen Entscheidungsträgern von morgen – zu verdeutlichen, dass die Arbeit der EU nicht im luftleeren Raum stattfindet, sondern deren Entscheidungen praktisches Gewicht entwickeln können. Dass ein gutes Verhältnis zwischen Israel und Europa im beiderseitigen Interesse ist, war wahrscheinlich der wichtigste gemeinsame Nenner am Ende eines langen Tages, der ansonsten durch (fairen) Streit gekennzeichnet war.

Jörg Knocha

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