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Event Reports

Austellung "Verlorenes und Wandelbares"

Die Rolle der Kunst in Krisenzeiten – Perspektiven für syrische Künstler

Das Länderbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung im Libanon präsentiert im Rahmen seines Syrienprojekts die Ergebnisse einer Begegnung syrischer Künstler und Kunstschaffender zur Rolle der Kunst in Krisenzeiten.

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Drei Jahre nach dem Beginn des syrischen Bürgerkrieges im März 2011 befinden sich mehr als drei Mio. Syrer außerhalb Syriens auf der Flucht und 6,5 Mio. sind Binnenflüchtlinge innerhalb Syriens; ein Ende der Krise ist bislang nicht in Sicht. Nach Angaben des UNHCR gibt es 1.1 Mill. registrierte und weitere, nicht registrierte, syrische Flüchtlinge im Libanon (Stand 04. November 2014), wobei diese Zahl fast ein Viertel der libanesischen Bevölkerung ausmacht. Eine endlose Spirale an Gewalt und Gegengewalt, wo die Stimme der Vernunft kein Sagen mehr hat, bestimmt vielerorts das Leben in Syrien. Eine Möglichkeit, diesen Stimmen Gehör zu verschaffen, kann durch die Mittel der Kunst geschehen.

So bot das Länderbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung im Libanon, im Rahmen seiner Sondermittel für Syrien, syrischen Künstlern und Kunstschaffenden die Möglichkeit sich durch die Auseinandersetzung über die Rolle der Kunst in Krisenzeiten in der Villa Mansion in Beirut näher zu kommen. Die Begegnung war eingebettet in ein größeres Projekt in Zusammenarbeit mit der Muthesius Kunsthochschule in Kiel, und die Ergebnisse sollen später auch in Deutschland präsentiert werden.

Das Projekt erwuchs aus der Notwendigkeit für einen Austausch und einen Dialog zwischen Künstlern und Kunstschaffenden syrischer Abstammung, die zwar ihre Herkunft teilen, wobei manche von ihnen inzwischen in anderen Ländern leben; aber auch sehr konträre religiöse und politische Ansichten vertreten. Ihnen sollte ein Raum für Selbstreflektion und Verständnis der eigenen Krise – im Austausch untereinander, aber auch mit einem breiteren Publikum – ermöglicht, und so auch ein Beitrag zur Konfliktbewältigung geleistet werden.

Neun syrische Künstler und Kunstschaffende aus verschieden Bereichen, wie Theater, Film, Tanz und Performances bis zum Kuratieren und Archivarbeiten, nahmen am Workshop teil. Einige von ihnen leben immer noch in Syrien, andere haben ihren Wohnsitz inzwischen im Libanon oder in Deutschland. Ihre unterschiedlichen Ansichten zu Politik und Religion schienen zu Beginn nicht so leicht vereinbar zu sein.

Die Begegnung fand in Form eines fünftägigen Workshops vom 24.09. bis 27.09.2014 in Beirut statt. Um von den Erfahrungen der Libanesen zu profitieren, bei denen die Erinnerung an den eigenen jahrelangen Bürgerkrieg immer noch schmerzlich präsent ist, wurden an zwei Abenden Treffen mit dem libanesischen Filmemacher Ghassan Salhab und dem Künstler und Architekten Ghassan Maasri organisiert. Diese beschäftigen sich in ihren Arbeiten mit der Rolle der Bilder in modernen Medien und dem Einfluss von Bildern auf unsere Wahrnehmung von Krieg und Geschichte, sowie der Entwicklung der regionalen Kunstlandschaft nach dem libanesischen Bürgerkrieg.

Tagelange Diskussionen in der Villa Mansion über das Verhältnis der Künstler und Kunstschaffenden zu ihrer künstlerischen Arbeit, politischen Stellungnahmen, Identität und Heimat, und Kunst- und Kulturinstitutionen führten im Ergebnis zur Gründung eines Vereins, der „Syrian Association for Cultural Support“, welcher in Form eines Kataloges die diskutierten Fragen veröffentlichte. Erwartete man zunächst bei der Präsentation ein künstlerisches Produkt, welches den gefundenen Fragen eine künstlerische Form verleihen würde, so wurde die eigene Erwartung zerstört. Das Produkt des Austausches und der Auseinandersetzungen waren diese Fragen. Fragen, die erahnen lassen, wie schwierig die Diskussionen waren und was es gekostet hat, ein gemeinsames Produkt zu erstellen, was selbst wieder dazu aufruft, die Rolle der Kunst aber auch die Rolle jeder Person in Krisenzeiten zu hinterfragen. Diese Fragen sollen Anstöße für eine weitere Beschäftigung mit dem Thema sein, sei es mittels einer künstlerischen oder/und intellektuellen Auseinandersetzung. Besonders bemerkenswert war, dass es am Ende sogar zur Gründung eines Vereins gekommen ist, was zeigt, dass die Teilnehmer sich über den Verlauf des Workshops sehr nahe gekommen sind, dass der Austausch erfolgreich war! Dieser Verein hat sich nunmehr als Ziel gesetzt, die Form von künstlerischer Arbeit zu fördern, die Kunst mit dem täglichen Leben verbindet. In ihrem Verständnis ist Kunst auch eine Sozialpraxis, in der ein Austausch über das Leben und politische Werte stattfindet. Die Teilnehmer fanden für ihren Verein auch ein sehr passendes Zeichen als Symbol, ein konstruiertes, in sich verschobenes Ganzes, in dessen Darstellung man das Aufbrechen, oder das Verschieben von Erwartungen interpretieren kann.

Die Ergebnisse der Begegnung wurden in einer Präsentation vom 27.09. bis 31.09.2014 für das breite Publikum präsentiert. Die Ausstellung wurde insgesamt von mehr als 150 Menschen besucht, wobei besonders Im Libanon lebende Syrer großes Interesse an dem Ereignis zeigten– etwa ein Drittel der Besucher waren Menschen mit syrischer Abstammung. Die Ausstellung lockte aber zugleich Besucher internationaler Herkunft und Libanesen an. Sehr rege Diskussionen wurden im Verlauf der Präsentation geführt; unter den Gästen waren auch Prominente aus der libanesischen und syrischen Kulturszene zu sehen, wie etwa die Theaterregisseurin Lina Abiad, der Filmemacher Ghassan Salhab, die Schauspielerin Karol Aboud, und der Regisseur Muhammad Al-Atar. Galeristen und Vertreter libanesischer und internationaler Kunst- und Kulturinstitutionen – unter anderem von Station Galerie, Kunstverein 98 Weeks, Ashkal Alwan, British Museum, und Art Residence Aley – waren bei der Ausstellung ebenfalls zu Gast. Die Veranstaltung ermöglichte so auch eine interkulturelle Annäherung und bot eine Plattform für die Vernetzung und den Austausch der syrischen Künstler und Kunstschaffenden untereinander, aber auch mit anderen Kunstschaffenden im Libanon. Ein Teilnehmer brachte für sich den Erfolg der Veranstaltung auf den Punkt, indem er sagte, dass diese letzten Tage die besten in seinem Leben als Künstler waren!

Geplant ist, weitere interessierte Menschen aus kulturellen und künstlerischen Kreisen für den Verein zu gewinnen, um den Dialog weiter auszubauen und zu fördern. Eine Publikation über den Verlauf und die Ergebnisse des Austausches sind zurzeit in Bearbeitung und sollen im Frühling 2015 im Rahmen des Projektteils mit der Muthesius Kunsthochschule Kiel herausgegeben werden.

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Hana Nasser

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