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Country Reports

Regierungsumbildung in der Republik Moldau

by Dr. Martin Sieg, Andrei Avram
In der Republik Moldau wurde am 19. Dezember 2017 eine umfassende Regierungsumbildung des Kabinetts unter Federführung der Demokratischen Partei (PDM) angekündigt. Der PDM-Vorsitzende und stärkste Mann im Lande, Vlad Plahotniuc, kündigte die Ernennung von insgesamt sieben neuen Regierungsmitgliedern an. Künftig soll der ehemalige Premierminister Iurie Leanca, Vorsitzender der Europäischen Volkspartei der Moldau (PPEM), das neu geschaffene Amt eines Vizepremierministers für Europäische Integration bekleiden.

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Der PDM-Vorsitzende und stärkste Mann im Lande, Vladimir Plahotniuc, ist in der Republik Moldau Vorsitzender der Demokratischen Partei (PDM) | © Saeima / Parlament Lettlands / Flickr / CC BY-SA 2.0 © Saeima / Parlament Lettlands / Flickr / CC BY-SA 2.0
Der PDM-Vorsitzende und stärkste Mann im Lande, Vladimir Plahotniuc, ist in der Republik Moldau Vorsitzender der Demokratischen Partei (PDM) | © Saeima / Parlament Lettlands / Flickr / CC BY-SA 2.0

Die von Leanca gegründete PPEM unterstützt die Regierung unter Premierminister Pavel Filip im Parlament, hatte aber bis dato lediglich den Verteidigungsminister im Kabinett gestellt. Zugleich kehren zwei weitere Spitzenpolitiker ins Kabinett zurück. Der parteilose Chiril Gaburici wird Wirtschaftsminister. Gaburici hatte 2015 für einige Monate als Premierminister amtiert, bis er infolge eines gefälschten Abiturzeugnisses zurücktrat, war damals aber von der nunmehr oppositionellen Liberaldemokratischen Partei (PLDM) nominiert worden. Alexandru Tanase, der zwischen 2007 und 2011 Erster Stellvertretender Vorsitzender der PLDM gewesen war, wird erneut Justizminister, nachdem er dieses Amt bereits zwischen 2009 und 2011 innegehabt hatte. Von 2011 bis zum Mai 2017 war Tanase dann Präsident des Verfassungsgerichts und galt bereits in dieser Funktion als Plahotniuc nahe stehend.

Plahotniuc bezeichnete im Rahmen einer Pressekonferenz die Regierungsumbildung als „Stärkung des technokratischen und professionellen Charakters der Regierungsmannschaft“, in Abgrenzung zu einer (partei-)politischen Regierung. Das neue Jahr werde mit einer „fast gänzlich technokratischen Regierung“ beginnen, die in der Lage sei, die Erwartungen der Bürger zu erfüllen. Allerdings dürfte die Regierungsumbildung vor dem Hintergrund der für Ende 2018 geplanten Parlamentswahlen erfolgt sein. Die PDM hatte bei der vorausgegangenen Wahl 2014 16 Prozent erhalten, kontrolliert aber mittlerweile die Parlamentsmehrheit und hat die Regierung bislang nahezu alleine gestellt. Trotz Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage und des Abflauens der Protestbewegung nach den Bankenskandalen von 2014 und 2015, konnte die PDM aber kaum Vertrauen in der Wählerschaft zurückgewinnen. Plahotniuc ist nach Umfragen nach wie vor der Politiker mit den geringsten Vertrauenswerten in der Bevölkerung, 80 Prozent der Moldauer meinen, dass sich das Land in die falsche Richtung entwickelt, und die PDM liegt bei 9 Prozent Zustimmung. Parteien, die mit der PDM zusammengearbeitet haben, wie die Liberale Partei (PL) und die Europäische Volkspartei (PPEM) von Iurie Leanca sind auf Zustimmungswerte von 1-2 Prozent abgestürzt.

International erfährt vor allem Iurie Leanca, bislang Vizepräsident des Parlaments, eine Aufwertung. Da zugleich aber das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten und Europäische Integration unter einem eigenen, der PDM nahestehenden Minister erhalten bleibt, wird für letzteren Zuständigkeitsbereich eine doppelte Zuständigkeit geschaffen. Dabei scheinen allerding die personellen Kapazitäten im Außenministerium zu verbleiben. Die Einrichtung eines eigenen Büros für Europäische Integration, das Leanca zuarbeiten könnte, ist offenbar nicht vorgesehen. Das neue Amt wird jedoch Leancas Sichtbarkeit national und international erhöhen und ihm eine Chance bieten, sich so im Blick auf die anstehenden Wahlen zu profilieren. Zugleich ist Leanca aus seinen früheren Amtszeiten als Außenminister und Ministerpräsident bei wichtigen europäischen Partnern geachtet. Dabei haben die Beziehungen zwischen der EU und der Moldau aufgrund rechtstaatlicher und demokratischer Probleme gelitten, zuletzt insbesondere der umstrittenen Änderung des Wahlrechts gegen die Empfehlung der Venedig-Kommission. In der Folge hatte die Kommission die weitere Gewährung von Makrofinanzhilfen erstmals u.a. an die Erfüllung demokratischer Kriterien gebunden. Außerdem hat die EU die finanzielle Unterstützung von Justizreformen wegen fehlender Fortschritte eingestellt. Vor diesem Hintergrund dürfte sich mit der Ernennung von Leanca für die Regierung die Hoffnung verbinden, die eigene Reputation wieder zu verbessern.

Derweil hat der pro-russische Staatspräsident Igor Dodon bereits angekündigt, dass er die Ernennungsdekrete für die neuen Kabinettsmitglieder nicht unterschreiben werde. Bei vielen Kandidaten handele es sich um Personen, die sich „politisch kompromittiert“ hätten. Allerdings kann Dodon die Bestellung der neuen Regierungsmitglieder nach einem kürzlichen Urteil des Verfassungsgerichtes nicht mehr verhindern. Dieses hatte entschieden, dass der Präsident suspendiert werden kann, wenn er sich weitert, Ernennungsdekrete zu unterzeichnen. Er wird in diesem Fall von Parlamentspräsident Andrian Candu (PDM) ersetzt.

Die pro-europäischen Oppositionsparteien PAS und PPDA haben die Regierungsumbildung ebenfalls stark kritisiert. Die PAS-Vorsitzende und ehemalige Bildungsministerin Maia Sandu sprach dabei von einem Versuch der PDM, durch die neuen Ernennungen das Gesicht wahren zu wollen, und bezeichnete die neuen Regierungsmitglieder als Menschen unter der Kontrolle von Plahotniuc, die Reformen lediglich vorgeben würden.

Mit der Regierungsumbildung hat die PDM den (Vor-)Wahlkampf eingeläutet. Signalisiert werden soll offenbar ein politischer Neustart mit einer „überparteilich“ zusammengesetzten Regierung. Der Eintritt von Leanca und Gaburici in die Regierung mag zudem demonstrieren sollen, dass sich Zusammenarbeit mit der PDM besser auszahlt als Kritik und Opposition. Tanase war zudem bereits als mögliche Führungsfigur einer neuen Parteigründung gehandelt worden, die in der pro-europäischen Wählerschaft gegen die Oppositionsparteien um Maia Sandu (PAS) und Andrei Nastase (PPDA) konkurriert hätte. Vor dem Hintergrund der schlechten Umfragewerte wirft die künftige Zusammensetzung der Regierung die Frage auf, ob die PDM zur Parlamentswahl 2018 mit einem Parteienblock und einer Liste unter Einschluss der neuen Kabinettsmitglieder antreten wird, um durch ein solches Rebranding das eigene Image zu verbessern.

Damit werden jetzt auch die pro-europäischen Oppositionsparteien PAS und PPDA – die zusammen auf Umfragewerte von knapp 30 Prozent kommen – stärker gefordert sein, das eigene programmatische und personelle Angebot zu schärfen. Beide Parteien wurden am 5. Dezember 2017 als Beobachtende Mitglieder in die EVP aufgenommen und haben sich mittlerweile auf die Gründung eines gemeinsamen Parteienblocks verständigt.

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Dr. Martin Sieg

martin.sieg@kas.de

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