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Country reports

Alleinvertretungsanspruch oder Einheit in der Vielfalt

by Dr. Werner Böhler

Südafrika vor dem ANC-Kongress

Dreizehn Jahre nach dem demokratischen Neubeginn steht Südafrika in 2009 vor einer Richtung weisenden Wahl. Aufgrund der bestehenden Mehrheitsverhältnisse wird jedoch die Entscheidung darüber, wer nach diesen allgemeinen Wahlen das Land regieren wird, bereits diesen Monat auf dem Parteitag des ANC (African National Congress) in der Hauptstadt der Provinz Limpopo getroffen. Vom 16. – 20. Dezember 2007 werden die 4.075 Delegierten des ANC-Parteitages darüber entscheiden, wer für die nächsten fünf Jahre Präsident des ANC und damit – nach bisheriger Regel im ANC - auch künftiger Präsident des Landes sein wird.

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Nur die Wahl von Staatspräsident Thabo Mbeki für eine dritte Amtsperiode als Parteipräsident würde diese Vorentscheidung auf einen späteren Zeitpunkt verschieben, da er nach der Verfassung nicht für eine dritte Amtszeit als Regierungschef gewählt werden kann.

Die Medienberichterstattung in Südafrika konzentriert sich in diesen Tagen sehr stark auf die Auseinandersetzung der beiden Lager im ANC, die von Präsident Thabo Mbeki und Jacob Zuma, dem Vizepräsidenten der Partei, angeführt werden. Auch über andere Kandidaten und einen möglichen „dritten Weg“ mit einer noch vor dem Parteitag ausgehandelten Konsenslösung wird heftig spekuliert.

Jenseits dieser zweifellos wichtigen Personalentscheidung werden die Sach- und die übrigen Personalentscheidungen dieses 52. ANC-Parteitages für die künftige Entwicklung der noch jungen südafrikanischen Demokratie Weichen stellend sein. Drei Themenkreise scheinen dabei von besonderer Bedeutung und Tragweite, die direkt und indirekt von den Entscheidungen dieses Parteitages mitbestimmt werden. An die Delegierten, deren Beratungen und Beschlüsse stellt das hohe Anforderungen.

Der erste Problemkreis kann mit der von Erzbischof Desmond Tutu propagierten idealistischen Vision der Rainbow Society umschrieben werden. Südafrika hat eine der liberalsten Verfassungen der Welt, die die geistigen Grundlagen für eine integrative und inklusive Gesellschaft legt. Es geht damit um das von Nelson Mandela formulierte Ziel, Südafrika zu einer Heimat für alle, unabhängig von Hautfarbe, Religion, Geschlecht, ethnischer Abstammung etc., zu machen. Diesen Verfassungsauftrag, die Gestaltung einer Gesellschaft in Einheit bei Bewahrung der Vielfalt, gilt es politisch umzusetzen.

Zweitens ist die Feststellung zu treffen, dass ethnische und sprachliche Vielfalt vielschichtiger ist als die Unterscheidung in schwarz und weiß, coloureds, indians oder cape malayans. Südafrika hat elf in der Verfassung anerkannte offizielle Staatssprachen. Neun davon sind Sprachen schwarzer Ethnien. Regional gibt es Siedlungskonzentrationen von einzelnen Bevölkerungsgruppen, obwohl sich diese angesichts der hohen internen Migration zunehmend vermischen. Ein föderaler Staatsaufbau, wie er in dem three sphere system in der südafrikanischen Verfassung angelegt ist, scheint am besten geeignet, die ethnische Vielfalt sowie regionale Besonderheiten und Reichtümer zu erhalten und gleichzeitig die nationale Einheit zu gewährleisten. Das dreigliedrige cooperative governance system war der Kompromiss zwischen einem zentralistischen Regierungssystem, das der ANC als Zielvorstellung für das Land hatte, und der insbesondere von der Inkatha Freedom Party (IFP) geforderten föderalen Struktur. Letztlich war dieser Kompromiss ausschlaggebend für die Beteiligung aller relevanten politischen Kräfte an den ersten Wahlen in 1994. Der ANC und die von ihm getragene Regierung stellen vor allem die zweite Ebene, die Provinzen, auf den Prüfstand. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, ob der review process auf die Stärkung der Provinzebene durch klare Abgrenzung der Kompetenzen und capacity building abzielt, oder aber die Existenz dieser Ebene in Frage gestellt wird. Im Sinne des power sharings und des checks and balances geht es dabei auch um die künftige Rolle der Provinzparlamente als Legislativorgane.

Dazu gehört eine dritte Komponente, nämlich politischer Pluralismus in einem Mehrparteiensystem. Hier scheinen sich jedoch zwei gegensätzliche Auffassungen zwischen der dominanten Regierungspartei ANC und den Oppositionsparteien gegenüber zu stehen. Der ANC versteht sich selbst weiterhin als eine Bewegung, innerhalb der der demokratische Willensbildungsprozess stattfindet. Die nach der Floor Crossing Periode in 2005 auf über 2/3 gewachsene Mehrheit im Nationalen Parlament ist Grundlage für diesen Anspruch. Hinzu kommt die Mehrheit in allen 9 Provinzen und mit Ausnahme von Kapstadt in den Metropolen. Zumindest in der aktuellen Vorparteitagsphase gibt es eine breite innerparteiliche Debatte, allerdings mehr personen- als sachbezogen. Nach diesem Verständnis ist jedoch Opposition außerhalb des ANC nicht von Bedeutung. Würde diese Haltung zu einem Alleinvertretungsanspruch des ANC führen, wäre das mit dem Geist der liberalen und auf politisch pluralistischem Gedankengut basierenden Verfassung kaum mehr in Einklang zu bringen.

Es ist nicht ausgemacht, wohin der Weg Südafrikas führt. Die Wegkreuzung scheint jetzt gegeben, nachdem in den zurück liegenden 13 Jahren der Übergang zu einem demokratischen Südafrika erfolgreich bewältigt wurde. Internationale Einflüsse werden darauf einwirken. Westliche Demokratievorstellungen kontrastieren vor allem in der afrikanischen Region mit asiatischen autoritären Denkmustern. Der Faktor China sollte dabei nicht übersehen werden.

Einige historische und aktuelle Bezüge im Zusammenhang mit dem anstehenden ANC-Parteitag stellt Dr. Mangosuthu Buthelezi in seinem weekly letter vom 29.11.2007 aus seiner persönlichen und der Sicht der Inkatha Freedom Party her. Er korrigiert dabei auch wesentliche Passagen in Mark Gervisser´s gerade erschienen neuen Biographie über Thabo Mbeki. Das Thema ist Managing Ethnicity By Promoting Diversity. Wir geben Ihnen im folgenden diesen weekly letter zur Kenntnis.

Mangosuthu Buthelezi Online Letter (deutsch) – Managing Ethnicity By Promoting Diversity

Mangosuthu Buthelezi Online Letter (english) – Managing Ethnicity By Promoting Diversity

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November 29, 2007
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