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Country Reports

We have a good story to tell

by Susan Platzdasch

Zur Regierungserklärung von Präsident Jacob Zuma

Mit Blick auf die diesjährigen fünften demokratischen Wahlen, welche am 7. Mai in Südafrika stattfinden, wurde die Regierungserklärung von Präsident Jacob Zuma im Parlament mit Spannung erwartet. Die am 13. Februar 2014 abgehaltene „State of the Nation Address“ (SONA) führte, wie zu erwarten, zu widersprüchlichen Reaktionen. Unterstützt von der eigenen Partei musste Zuma zugleich harsche Kritik aus den Reihen der Oppositionellen entgegennehmen.

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Die erste Regierungserklärung nach Nelson Rolihlahla Mandelas Tod, welcher 2013 im Alter von 95 Jahren starb, stellte weitgehend einen Rückblick auf die vergangene Amtszeit des derzeitigen Präsidenten sowie auf die 20-jährige Regierungszeit des African National Congress (ANC) dar. Gleich zu Beginn wurden die Errungenschaften seit dem Ende der Apartheid in den Vordergrund gestellt. Hierbei betonte Zuma, dass es Südafrika gelungen sei, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und eine neue Gesellschaft aufzubauen. Das korrupte, undemokratische und unterdrückende Südafrika habe sich zu einem demokratischen und antirassistischen Land entwickelt, welches nun alle Südafrikaner repräsentiere.

Zudem seien die gegenwärtigen Lebensumstände so gut wie nie zuvor. Geleugnet wurde jedoch nicht, dass weiterhin Armut, Ungleichheit und Arbeitslosigkeit als die größten Herausforderungen der Regierung angesehen werden. Zur Überwindung dieser konzentriere sich die Regierung auf fünf Aufgaben: die Schaffung neuer Arbeitsplätze, die Verbesserung von Bildung und Gesundheit, die Verringerung von Kriminalität sowie Korruption und die Entwicklung der ländlichen Gebiete. Zusätzlich sei der Staat reformiert und der Nationale Entwicklungsplan entwickelt worden, mit dessen Hilfe bis 2030 Armut sowie soziale Ungleichheiten verringert und die Beschäftigung erhöht werden sollen. Laut Zuma stellt die Entwicklung dieses Planes eine der wichtigsten Errungenschaften seiner 5-jährigen Amtszeit dar.

Beginnend mit einer wirtschaftlichen Analyse führte Jacob Zuma nachfolgend die Verbesserungen und die gegenwärtige Lage in den oben genannten Bereichen auf. Er betonte, dass die Wirtschaft trotz der globalen Rezession in den Jahren zwischen 1994 und 2012 durchschnittlich um 3,2 Prozent pro Jahr gewachsen sei. Zudem konnten 3,7 Millionen neue Arbeitsplätze in den vergangenen fünf Regierungsjahren geschaffen werden und die Zahl der Erwerbstätigen auf ein Rekordniveau ansteigen, wobei in Zukunft noch mehr schwarze Industrielle gefördert werden müssten. Vor allem in der Bergbauindustrie, im Tourismus, der Landwirtschaft, in der Green Economy sowie in der Fabrikation und bei der Infrastrukturentwicklung seien zahlreiche Arbeitsplätze entstanden. Speziell im letztgenannten Bereich seien große Investitionen vorgenommen worden, die nicht nur Arbeitsplätze geschaffen, sondern z.B. den Bau von Straßen im Umfang von 1500 Kilometern sowie einer Pipeline zwischen Durban und Gauteng ermöglicht hätten, die 4 Milliarden Ku-bikliter Kraftstoffe transportiert.

All dies dürfe jedoch nicht davon ablenken, dass Südafrika schweren Zeiten gegenüberstehe. Die Wirtschaftsentwicklung in den USA habe zu einer Wertminderung vieler Währungen und einem erhöhten Inflationsrisiko geführt, wovon auch der Südafrikanische Rand betroffen sei. Mit diesen „Turbulenzen“ könne man jedoch umgehen, so Zuma. Immerhin seien die in Südafrika vorherrschenden Lebensumstände besser als in den Jahren vor 1994, wie der Präsident abermals betonte. Schließlich sei die Zahl der Schulkinder und Absolventen enorm angestiegen und man könne bereits 12 Prozent mehr Studenten an den Universitäten vorweisen. Durch die Gründung von 370 neuen Schulen und einer verbesserten Lehrerausbildung wurde zu-dem eine konstruktive Lernatmosphäre geschaffen.

Im Gesundheitssektor verbuche man die größten Erfolge im Bereich der HIV/AIDS-Wende. Nicht nur seien die HIV-Übertragungen zwischen Mutter und Kind verringert worden, sondern sei auch mehr Patienten eine antiretrovirale Therapie ermöglicht worden. Folglich hätte sich die Lebenserwartung erhöht. Verbesserte Lebensbedingungen hätten zusätzlich durch eine gesunkene Kriminalitätsrate, seit 2002 um 21 Prozent, erreicht werden können, wobei weiterhin das Hauptaugenmerk auf der Senkung von Gewalt an Frauen und Kindern liege. Maßnahmen wie die Wiedereröffnung der „Family Violence, Child Protection and Sexual Offences Units“ sollten hierbei unterstützend wirken.

Mit den Worten: „South Africans are united in wanting a corruption free society“ leitete der selbst mit Korruptionsvorwürfen kämpfende Präsident zu einem brisanten Thema über. Laut Zuma konnte die Regierung bereits erste Erfolge durch die Einführung der National Anti-Corruption Hotline erzielen. Mit Hilfe dieser habe der Staat unter anderem mehr als 320 Millionen Rand wiedererlangt und 1.542 Mitarbeiter aus dem öffentlichen Dienst entlassen. Weitere Maßnahmen seien bereits eingeleitet worden.

Auch im Bereich der Wasser- und Stromversorgung sowie bei der Bereitstellung von Sanitäranlagen für die Bevölkerung habe man große Erfolge erzielt. Trotz der in den vergangenen 20 Jahren gemachten Fortschritte sei der Regierung die weiterhin miserable Lage vor allem der ländlichen Gegenden bewusst, weshalb zusätzliche intervenierende Maßnahmen getroffen worden seien. Dass weiterhin 5 Prozent der Bevölkerung noch immer über keine ausreichende Versorgung an Grunddienstleistungen verfügten, gäbe sicherlich Anlass zu Demonstrationen. Obwohl die Regierung dafür Verständnis zeige und das Recht aller Bürger auf Meinungsfreiheit und friedlicher Demonstrationen unterstütze, könne man die in den vergangenen Wochen wiederkehrenden Ausschreitungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen nicht hinnehmen. Diese fänden vermehrt zwischen den Mienenbetreibern und den Gewerkschaftsmitgliedern statt. Um die Bedeutung dessen zu untermauern, unterbrach Jacob Zuma seine Rede und fügte hinzu „I want to underline an important point, the importance of economy, particularly to the mine owners and leaders of the unions. In no way can we have conflict that destroys the economy.“ In diesem Sinne forderte er die Bürger auf, ihrer Verantwortung bewusst zu werden und gewaltsame Konflikte zu vermeiden.

Zum Abschluss seiner 11-seitigen Regierungserklärung betonte Jacob Zuma abermals „South Africa is a much better place to live in now than it was before 1994.“ Um dies weiter zu fördern, strebe man zukünftig eine stärkere Einbindung in die internationale Politik durch die Teilnahme an multilateralen Foren wie dem G20 und den Ausbau einer intensiveren Beziehung zu Europa, Nord- und Lateinamerika sowie Asien und den südlichen Ländern an. Die Bekämpfung von Korruption sowie die Anstellung von qualifizierten Arbeitskräften in Behörden sei zudem ein weiteres Ziel.

Kritische Stimmen nach der Regierungserklärung

Bereits kurz nach der vom Präsident Zuma gehaltenen „State of the Nation Address“ wurden kritische Stimmen laut. Insbesondere die oppositionellen Parteien fanden dabei harsche Worte, wohingegen der 71-jährige Zustimmung aus den eigenen Reihen erhielt. So hätte der Präsident gemäß Malusi Gigaba, Minister für staatliche Unternehmen, eine exzellente Rede gehalten. Zuma konzentrierte sich zu 80 Prozent auf die Erfolge in seiner 5-jährigen Amtszeit, fügte ANC-Gerneralsekretär Gwede Mantashe hinzu. Die restlichen 20 Prozent begründete Mantashe wie folgt: “He touched on elements of the last 20 years because those constitute the foundation of the work done in the last five years.”

Eine ganz andere Meinung zur Regierungserklärung hatte dagegen Lindiwe Mazibuko, Fraktionschefin der Democratic Alliance (DA). Jacob Zuma habe den Kontakt zu den Problemen der einfachen Südafrikaner verloren. Es seien die Errungenschaften beim Ausbau von Arbeitsplätzen betont worden, aber die Nichteinhaltung seiner Versprechungen, 5 Millionen neue Arbeitsplätze zu schaffen, sei großzügig verschwiegen worden. Gerade einmal jeder zehnte versprochene Arbeitsplatz hätte realisiert werden können. Tatsächlich könne man nicht leugnen, dass Südafrika heute besser als jemals zuvor dastehe. Dies sei laut Mazibuko jedoch nicht das Verdienst von Zuma, sondern dessen Vorgänger Thabo Mbeki. Auch zu der von Zuma genannten Korruptionsbekämpfung äußerte sie sich kritisch. Diese sei aus ihrer Sicht nicht glaubwürdig, da Zuma bisher zu den gegen ihn laut gewordenen 783 Korruptionsvorwürfen keine Stellung bezogen habe. Auf konkrete Pläne zur Bekämpfung von Korruption und zur Schaffung von Arbeitsplätzen hätte man in der Regierungserklärung vergeblich gewartet. Offene Worte fand auch Kenneth Moshoe, Präsident der African Christian Democratic Party (ACDP): "It was interesting to hear him talk about people wanting a corrupt-free society when there are so many fingers pointing at him regarding corruption."

Auch der Präsident der Inkatha Freedom Party (IFP), Mangosuthu Buthelezi, äußerte sich in einer Rede zu Zumas „State of the Nations Address“. Wie Mazibuko klagte auch er den Präsidenten bezüglich der gegenwärtigen Arbeitsmarktsituation an: „Yet when you began your term of office, you promised to create 500 000 jobs. Instead one million jobs were lost. Now, at the end of your term, you promise to create six million jobs. I fear for what the future holds.“ Die Nichteinhaltung solcher Versprechungen sei seiner Meinung nach die Ursache für die andauernden Proteste, nicht die von Zuma genannten Regierungsfehler und die erzielten Erfolge bei der Bereitstellung von Grunddienstleistungen. So führe, laut Buthelezi, nicht der Erfolg zu Erwartungen, sondern die leeren Versprechungen, welche die Menschen auf die Straße trieben und letztendlich zum Scheitern der Regierung geführt hätten. Da, wo man früher die Worte „Regenbogennation“ und „Freiheit“ mit Südafrika verband, sind es heute Begriffe wie „Korruption“ und „Skandale“. Aus diesem Grund forderte der IFP Präsident: „Let us not consistently insult the intelligence of our people. Let us not promise them an Eldorado we cannot deliver.” Mit etwas deutlicheren Worten äußerte der Parteivorsitzende des Congress of the People (COPE), Mosiuoa Lekota, seinen Unmut über den regierenden Präsidenten: "The good story ended the day Thabo Mbeki was chased out office.”

Neben den oppositionellen Parteien meldeten sich auch Repräsentanten der noch nicht im Parlament vertretenen Partei Economic Freedom Fighters (EFF) sowie des Congress of South African Trade Unions (Cosatu) zu Wort. So befände sich Südafrika laut Mbuyiseni Ndlozi (EFF) in einer tiefen Krise und die Bevölkerung hätte mit schlechteren Bedingungen zu kämpfen. Laut Patrick Craven, Nationaler Sprecher von Cosatu, sei Zumas Rede eine Wiederholung vergangener Versprechungen. Für ihn liege der Schlüssel zur Verringerung der anhaltenden gewaltsamen Demonstrationen, die bereits Todesopfer forderten, vor allem in einer Transformation der südafrikanischen Wirtschaft: "The longterm solution to strikes and protests lies not just in regulations and police action but through the transformation of our economy and the creation of thousands of decent, sustainable jobs, decent wages and a far more equitable distribution of the country's wealth." Zusätzlich kritisierte er die abermalige Hervorhebung des Nationalen Entwicklungsplans (NDP) als Lösung der sozioökonomischen Herausforderungen, da dieser bis 2030 zunächst keine Verringerung der hohen sozialen Ungleichheit vorsehe. Dagegen fand Craven lobende Worte für die Bitte des Präsidenten, Demonstrationen friedvoll und im Rahmen des Gesetzes ablaufen zu lassen.

Kritik aus der Zivilgesellschaft

Eine genaue Analyse der Regierungserklärung führte die Non-Profit-Organisation African Check durch. Laut dieser seien die genannten Kennzahlen gut gewählt, jedoch oft aus dem Zusammenhang gerissen, so dass eine zu positive Entwicklung gezeichnet würde. So sei zwar die Anzahl der Schülern, die Matric als Abschlussprüfung der Sekundarstufe erfolgreich absolvierten, um die genannte Prozentzahl gestiegen, doch würde hierbei die hohe Quote von Schülern vernachlässigt, die die Schule ohne Abschluss verließen.

Gleiches zeige sich bei der Zahl eingeschriebener Hochschulabsolventen. Man könne nicht leugnen, dass immer mehr Studierende an den südafrikanischen Hochschulen eingeschrieben seien, doch sollte man hierbei auch die große Anzahl an Südafrikanern berücksichtigen, die aufgrund von Kapazitätsengpässen keinen Studienplatz erhielten. Zusätzlich sei die graduelle Erhöhung der Bachelorabsolventen, von der Zuma in seiner Rede sprach, nicht eingetreten. Im Gegenteil hätte sich deren Zahl 2011 sogar rückläufig entwickelt. Beim Thema Kriminalität hätte Zuma gar auf die aktuellsten Kriminalitätsstatistiken aus dem Jahre 2012/2013 verzichtet. Diese spiegelten ein ganz anderes Bild als die Ergebnisse aus den Jahren 2002/2003 bis 2011/2012 wider. Demnach könne von einer geringeren Kriminalitätsrate in Südafrika momentan nicht die Rede sein. Ein ähnliches Bild zeige sich bei der genannten Wirtschaftsentwicklung. Zwar hätte die Wirtschaft seit 1994 tatsächlich um 3,2 Prozent pro Jahr zugelegt, aber dafür nun mit einem sinkenden Wachstum zu kämpfen. Dies verdeutliche abermals ein Vergleich mit anderen Entwicklungsländern, wonach die südafrikanische Wirtschaft wesentlich geringere und langsamere Wachstumsraten aufweise. Als die höchste Beschäftigungsquote in der Geschichte Südafrikas versuchte der Präsident die gegenwärtige Arbeitsmarktsituation zu beschreiben. Dabei habe Zuma verschwiegen, dass die Arbeitslosenquote vor der Rezession mit 21,9 Prozent einen geringeren Wert aufgewiesen habe.

Die Rede Zumas geriet so in den durchaus begründeten Verdacht, eher die Wahlen im Mai als die Lage der Nation im Visier gehabt zu haben. Jedenfalls betonte der Präsident zum Abschluss seiner Rede nochmals: „We have a good story to tell“.

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