Country Reports
Nico Lange: Herr Minister Schäuble, Sie sind hier gerade am Rande einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung in Washington D.C., sind hier zum Frühjahrstreffen von Währungsfonds und Weltbank aber führen natürlich als Mitglied der Bundesregierung auch Gespräche mit der Trump-Administration. Konrad Adenauer, der gestern seinen 50. Todestag hatte, war 1953 das erste Mal in den Vereinigten Staaten und wenn man die Dokumente liest von diesen Treffen, dann fällt einem auf, dass die Vertreter der amerikanischen Regierung alle gesagt haben, dass ein starkes und einiges Europa im Interesse der Vereinigten Staaten von Amerika liegt. Wenn Sie jetzt hier Gespräche führen, haben Sie den Eindruck, dass sich etwas verändert hat in Bezug auf diese Frage?
Wolfgang Schäuble: Naja, die Welt hat sich natürlich seit den 50 Jahren ein ganzes Stück weit verändert und die Globalisierung, nicht nur in der Ökonomie, sondern auch in der Weltpolitik, wirkt sich schon ein Stück weit aus. Aber, nach wie vor sind Europa und Nordamerika, die Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada, verbunden durch die gemeinsamen, wir nennen es Werte. Durch die Prinzipien von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, friedliche Konfliktaustragung, nicht zu vergessen, und das können wir besser gemeinsam in der Welt durchsetzen als jeder für sich alleine. Und außerdem dazu braucht Amerika einen starken Partner.
Je mehr eigene Beiträge Europa leistet, desto mehr wird auch Amerika an der Zusammenarbeit interessiert sein
Das ist nicht neu, das hat auch nicht Präsident Trump als erster gefordert, das hat schon Präsident Kennedy, wenn ich mich richtig erinnere, gesagt. Ja, die Europäer müssen einen stärkeren Beitrag übernehmen, das war lange Zeit, wir haben so ein bisschen aber nicht genügend. Und nun werden wir wohl mehr dazu beitragen müssen, wir sind dazu auch bereit. Und je mehr wir dazu beitragen, ökonomisch aber auch politisch und natürlich auch in, was die Kapazitäten für die Gewährung von Sicherheit anbetrifft, das ist ja heute vor allen Dingen die Kapazität im Cyberwar, umso mehr wird auch Amerika an der Zusammenarbeit von Europa interessiert sein.
Und im Übrigen: Die Amerikaner wissen auch, wenn sie die Wahl haben zwischen einer engen Zusammenarbeit mit Europa und anderen Teilen der Welt, ist Europa mit Abstand der bevorzugte Partner.
Die Kanzlerin hat eine gute Basis für die Zusammenarbeit mit Präsident Trump
Nico Lange: Sie haben ja als Mitglied der Bundesregierung schon eine ganze Reihe von US-Präsidenten erlebt und haben eine Perspektive auch auf längere Entwicklungen und längere, unterschiedliche Phasen des transatlantischen Verhältnisses. Man hat ja in der Berichterstattung, auch jetzt wieder, zu einhundert Tagen Trump-Administration, den Eindruck, dass überall auf der Welt sehr, sehr viel über die Vereinigten Staaten, sehr, sehr viel über Donald Trump gesprochen wird und es schwierig ist rational zu bleiben in dieser Diskussion. Was raten Sie uns denn, als denjenigen, die die Vereinigten Staaten beobachten, analysieren, worauf müssen wir denn achten in der Diskussion dieses transatlantischen Verhältnisses?
Wolfgang Schäuble: Naja, das Entscheidende ist zunächst einmal, dass wir akzeptieren, dass jedes Land seine Führung demokratisch selbst wählt. Und deswegen wen auch immer die Amerikaner als Präsident wählen, es ist der Präsident der Vereinigten Staaten. Wir haben ein großes Interesse an einer guten Zusammenarbeit. Und deswegen haben sich die meisten Mitglieder unserer Regierung auch während des Wahlkampfes sehr zurückgehalten, insbesondere die Bundeskanzlerin. Deswegen hat sie auch eine gute Basis für eine, wie man ja sieht, gute Zusammenarbeit mit Präsident Trump. Und es gilt für die anderen Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere für mich selbst auch.
Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass man einfach respektiert, jedes Land trifft seine Entscheidungen ein stückweit selber und dann müssen wir austauschen - die Argumente, die Probleme, die Lösungen und natürlich auch immer wieder klarmachen, Kooperation ist viel besser und wir haben gemeinsam eine globale Verantwortung. Ich glaube zum Beispiel, Klimawandel ist keine Einbildung von irgendjemand, sondern ein Thema, was man wirklich gemeinsam im Interesse der Menschheit gemeinsam bekämpfen muss.
Wir sind viel erfolgreicher, wenn wir gemeinsam in dieselbe Richtung arbeiten
Und natürlich haben wir Interesse mit in der Kooperation mit anderen Teilen der Welt. Wir müssen diese furchtbar schwierige Situation in der arabischen Welt versuchen zu lösen ohne noch schlimmere Verwerfungen. Wir brauchen gute Beziehungen mit Asien, mit China insbesondere, aber auch Indien, was ja auch immer stärker werden wird. Wir brauchen sie mit Lateinamerika, dass ist auch eine besondere Verantwortung der Vereinigten Staaten. Mit Russland auch. In all diesen Fragen sind wir viel erfolgreicher wenn wir es gemeinsam in dieselbe Richtung tun, als wenn wir uns gegeneinander ausspielen lassen.
Nico Lange: Als letzte Frage, Herr Minister: Seit ich hier bin, seit Anfang dieses Jahrs, ist das Thema deutscher Export-Erfolg, deutscher Bilanzüberschuss, ein Thema das hier in vielen Kreisen diskutiert wird. Durch aus nicht nur von Präsident Trump sondern auch von einigen anderen. Und man merkt auch, dass es schon länger eine Diskussion gibt hier in den USA. Wie finden wir einen Weg zu einem konstruktiven Gespräch zu diesem Thema?
Exportüberschuss: Es ist nicht im Interesse Europas und der Weltwirtschaft, Deutschland zu schwächen
Wolfgang Schäuble: Naja, wir müssen erklären was die Ursachen sind und was die Ursachen nicht sind. Wir haben eine relativ starke Volkswirtschaft, deswegen ist es nicht überraschend, dass Deutschland einen gewissen Export-Überschuss hat. Das hat ja auch die Managing Director des IWF Frau Lagarde dieser Tage gesagt. Aber natürlich sind acht Prozent ein bisschen hoch und deswegen wäre es besser wir wären bei vier Prozent.Aber nun ist es eben so, für die Stärke der deutschen Volkswirtschaft, ist der Wechselkurs des Euros zu schwach. Nicht für die Stärke der Volkswirtschaft der Eurozone als Ganzes. Aber für die Deutsche. Deswegen ist es ein stückweit ein Problem der Konstruktion der Eurozone. Man könnte natürlich sagen, wenn wir alle schwächer werden, dann löst sich das Problem ja auch. Aber ich glaube für Europa und die Weltwirtschaft wäre es keine gute Lösung, wenn die deutsche wirtschaftliche Stärke, die ja nicht überbordend ist, wir haben ein Wachstum was so gerade in der Größenordnung unseres Potentialwachstums ist, zwischen anderthalb und zwei Prozent irgendwo.
Wenn wir Deutschland schwächen würden, wäre das nicht im Interesse Europas, nicht im Interesse der Weltwirtschaft. Insofern ist das keine Lösung. Die Lösung liegt darin, dass die anderen Volkswirtschaften in Europa stärker werden. Das ist auch das , was der Präsident der EZB immer wieder sagt, Mario Dragi. Sie müssen die vereinbarten Reformen implementieren, dann wird das auch gehen und dann löst sich das Problem. Wir sind schon auf dem Weg, dass der Überschuss geringer wird. Ich habe bevor die ultra-lockere Geldpolitik der EZB eingeführt wurde, schon in der Eurozone gesagt, wenn ihr das macht, ich muss das respektieren, die EZB ist zuständig, es gibt gute Argumente für diese Politik, aber sie passt nicht zu Deutschlands Stärke, dann wird der deutsche Leistungsbilanzüberschuss unweigerlich steigern. Ich will dann bitte nicht dafür kritisiert werden. Das war eine Bitte, von der wusste ich auch, sie wird nicht erfüllt werden.
Und jetzt müssen wir sagen, wir erklären das wieder und wieder, ich mache das auch in diesen Tagen, wir nehmen jedes Argument ernsthaft, wir können nicht die Verantwortung für die Geldpolitik der EZB übernehmen, das ist Unsinn. Und das Entscheidende ist, wir müssen den Druck in Europa verstärken, dass jedes Mitgliedsland, die Verpflichtungen, die es übernommen hat, auch einhält und erfüllt, Dann wird Europa stärker und das Problem verschwindet und alle sind zufrieden.
Nico Lange: Vielen Dank, Herr Minister.
Wolfgang Schäuble: Tschüss, Herr Lange. Wiederschauen.