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KAS/Wadim Lisovenko

Event reports

Monetäre Staatsfinanzierung und die Folgen vom Ersten Weltkrieg bis zur Corona-Krise

Bericht zum Ludwig-Erhard-Kolloquium am 2. September 2020 in Berlin

Ziel des gemeinsam von Konrad-Adenauer-Stiftung und Ludwig-Erhard-Stiftung veranstalteten Ludwig-Erhard-Kolloquiums ist es immer, wirtschaftshistorische Beispiele mit einer aktuellen Fragestellung zu verbinden und dadurch den aktuellen wissenschaftlichen Diskurs mit der Politik zusammenzubringen. In diesem Jahr widmete sich das Fachgespräch der monetären Staatsfinanzierung und damit einem hochaktuellen Thema, das nicht nur historisch eine große Rolle gespielt hat, sondern auch gegenwärtig an der Debatte über die Finanzierung der geplanten Hilfsprogramme der EU sichtbar wird.

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Bei der Veranstaltung, die coronabedingt in kleinerem Kreis stattfand, die aber als Hybridformat auch zum Teil über einen Livestream größere Kreise erreicht hat, ist es wie in den vergangenen Jahren gelungen, wesentliche Fachleute als Referenten zu gewinnen. Ein erstes Panel, moderiert von der Wirtschaftsjournalistin Ursula Weidenfeld, behandelte die historischen Beispiele exzessiver staatlicher Kreditaufnahme. In ihrem Impulsreferat ging die französische Professorin Patricia Commun auf die Position Ludwig Ehrhards ein, der aufgrund eigener Erfahrungen in der Inflation 1923 einer Staatsverschuldung auch zum Zweck der Konjunkturbelebung sehr skeptisch gegenüberstand. Joachim Starbatty, früherer Europaabgeordneter, emeritierter Ordinarius in Tübingen und vorher u.a. Mitarbeiter Alfred Müller-Armacks, teilte diese Position, genau wie der in Frankfurt lehrende Wirtschaftshistoriker Werner Plumpe. Letzterer zog eine kurze Bilanz staatlicher Überschuldung in Deutschland in historischer Perspektive: „Alle dies endete jedes Mal in Hyperinflation oder mit der Enteignung der Gläubiger.“ Die Diskussion behandelte neben der Frage nach der wissenschaftlichen Originalität Ludwig Erhards auch den Sonderfall der Verschuldung Sachsens im 18. und 19. Jahrhundert, als exzessive Staatsverschuldung als Movens grundlegender Staats- und Verwaltungsreformen diente.

Das zweite Panel, moderiert von Dorothea Siems von der „Welt“, widmete sich aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive der Frage nach den Folgen exzessiver staatlicher Verschuldung. Hier trafen in einem hochkarätigen Gespräch wichtige Protagonisten der wissenschaftlichen Diskussion in Deutschland aufeinander. Für die OECD postulierte deren Berliner Vertreterin Nicola Brandt die positiven Folgen einer Konjunkturbelebung in den südeuropäischen Staaten, von denen Deutschland aufgrund seiner hohen Exportquote in der EU auch profitieren würde. Marcel Fratzscher, als Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, der vielleicht prominenteste Unterstützer der schuldenfinanzierten Hilfsprogramme unter den deutschen Ökonomen, teilte diese Einschätzung, obwohl er als Folge auch eine weiter zunehmende Ungleichheit bei der Eigentumsentwicklung befürchte. Er stellte die Frage, ob man in Deutschland angesichts der guten Erfahrungen mit der Bundesbank von der Europäischen Zentrakbank, deren Hauptaufgabe ja die Sicherung der Geldwertstabilität sei, nicht zu viel erwarte. Den Gegenpart übernahm der an der Universität Leipzig lehrende Gunter Schnabl, der als Vertreter der österreichischen volkswirtschaftlichen Schule die zu erwartenden finanzpolitischen und gesellschaftlichen Kosten der geplanten Corona-Programme in den westlichen Industriestaaten in den Blick nahm. Der sich anschließende wissenschaftliche Schlagabtausch arbeitete die Argumentationslinien klar heraus.

Das folgende politische Panel wurde vom Vorsitzenden der Konrad-Adenauer-Stiftung, Prof. Norbert Lammert, eingeleitet, der eine Fortsetzung der Veranstaltungsreihe ankündigte. Mit der Souveränität des langjährigen Bundestagspräsidenten verknüpfte er die Grundsätze der Sozialen Marktwirtschaft mit einem Zitat Friedrichs des Großen zur soliden Haushaltsführung. Dieser schrieb sin seinem politischen Testament: „Wenn das Land glücklich sein soll, muss es Ordnung in seinen Finanzen halten. Der Staatsschatz ist zu erhöhen, damit Reserven für Notfälle vorhanden sind.“ Moderiert von Michael Borchard, dem Leiter der Hauptabteilung Wissenschaftliche Dienste/ACDP, diskutierten Torsten Alsleben von der CDU-Mittelstandsvereinigung, Lisa Paus, MdB, als Vertreterin der Grünen und Annett Witte von der Friedrich-Naumann-Stiftung. Dabei wurden Gemeinsamkeiten und Trennendes besonders der unionsnahen und grünen Positionen sichtbar. Wenn es um die Finanzierung der Defizite ging, wurden die grünen Vorstellungen von Vermögenssteuern von Seiten der FDP- und der MIT abgelehnt, die eher Verwaltungs- und Wirtschaftsreformen zur Ankurbelung des Wachstums bevorzugten. Gemeinsamkeiten ergaben sich bei der Forderung nach einer Wiederaufnahme der Förderung der Vermögensbildung und der zwingenden Notwendigkeit eines Bürokratieabbaus.

In seinem Schlusswort lobte der stellvertretende Vorsitzende der Ludwig-Erhard-Stiftung, der in Halle lehrende Volkswirt Ulrich Blum, das hohe Niveau und die beispielgebende Sachlichkeit der Diskussionen und Beiträge – ein Niveau, dass man sich häufiger auch im öffentlichen Diskurs über die thematisierten Fragen wünsche.

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