Von Cecilia von Ilsemann, Promotionsstipendiatin der Konrad-Adenauer-Stiftung
Die Stipendiatinnen und Stipendiaten des Promotionskollegs „Sicherheit und Entwicklung im 21. Jahrhundert“ blieben überraschend stehen, als sie in der Korean National Defense University auf eine ungewöhnliche Weltkarte stießen. Sie zeigte die Erde auf den Kopf gestellt – der Süden oben, der Norden unten. Diese einfache Drehung veränderte den Blick auf die Welt. Südkorea rückte ins Zentrum, nicht nur geographisch, sondern auch sicherheitspolitisch. Die Bedrohung aus Nordkorea, die zunehmende U.S.-China Großmachtrivalität und die fragile Lage in der Region traten klarer hervor. Mit jedem Gespräch und jedem Ortstermin während unserer einwöchigen Reise wurde uns klarer, wie stark diese Themen das Land prägen.
Jedes Jahr reist das Promotionskolleg der Konrad-Adenauer Stiftung „Sicherheit und Entwicklung im 21. Jahrhundert“ in ein anderes Land mit dem Ziel, neue Perspektiven kennenzulernen. Dieses Jahr reisten die Doktorandinnen und Doktoranden, begleitet von ihren Kollegprofessoren in den fernen Osten: nach Südkorea, in die moderne Hauptstadt Seoul. Vor Ort tauchten wir in die lokale Kultur ein, knüpften südkoreanische Kontakte und gewannen durch Gespräche ein umfassenderes Verständnis für die Sicherheitsthemen und Entwicklungspolitik Südkoreas.
Begleitet vom KAS-Büro in Seoul besuchten wir das südkoreanische Parlament, trafen Wirtschafts‑ und Politikvertreterinnen und hörten Vorträge von hochrangigen Wissenschaftlern der Korean National Defense University an. Insbesondere Themen der Außenpolitik, wie die Gefahren aus Nordkorea, die wachsende Unsicherheit durch Trumps zweite Präsidentschaft sowie Sorgen um die regionale Sicherheit durch eine wachsende U.S.-China Großmachtrivalität wurden intensiv diskutiert.
Ein zentrales Sicherheitsthema Südkoreas sind die angespannten Beziehungen zu Nordkorea. Vor dem Hintergrund historischer Erfahrungen, insbesondere dem Koreakrieg der 1950er Jahre und den anhaltenden sicherheitspolitischen Spannungen mit Nordkorea stellt Südkorea somit eine aufschlussreiche Fallstudie dar, um zu analysieren, wie ein Staat mit komplexen sicherheitspolitischen Herausforderungen umgeht. Durch einen Besuch im koreanischen Kriegsmuseum sowie Gespräche mit verschiedenen Nordkorea-Experten gewannen wir tiefere Einblicke in den nordkoreanischen Alltag und die aktuellen Spannungen auf der koreanischen Peninsula – zum Beispiel, dass Nordkorea als Provokation Müllballons nach Südkorea sendet.
Ein Highlight der Reise stellte der Ausflug in die demilitarisierte Zone, dem kargen Grenzgebiet zwischen Süd- und Nordkorea dar. Auf einem Aussichtsturm umgeben von Touristen, südkoreanischer Pop-Musik aus Lautsprechern und Militäranlagen konnten wir den Blick auf das diesige Nordkorea richten. Uns wurde die gleichzeitige Nähe und doch unendliche Ferne, die viele Koreaner auf beiden Seiten fühlen, bewusst. Insbesondere vor dem Hintergrund der eigenen deutschen Geschichte wurde uns die Bedeutung der Teilung deutlich, die über Jahrzehnte hinweg das Denken, das Zusammenleben und die Identität der Menschen prägte.
Ein weiterer Aspekt, den wir diskutierten, waren die Maßnahmen und Konsequenzen von Trumps zweiter Präsidentschaft für Südkorea. In einem Gespräch mit einem Parlamentarier erfuhren wir, dass auch Südkorea nicht von erhöhten Tarifen und Druck verschont bleibt. Seoul überlegt, was für attraktive Angebote man der amerikanischen Regierung unterbreiten kann, um weiterhin umfassende militärische und wirtschaftliche Unterstützung aus Washington zu erhalten. Wir erkannten, dass Seoul ein besonderes Feingefühl für geopolitische Dynamiken und Sicherheitsrisiken über die letzten Jahrzehnte entwickeln musste. Im Hinblick auf das Verhältnis zu Europa wünschte sich der Parlamentarier eine Vertiefung der Beziehungen und eine stärkere gegenseitige Solidarität.
Ein zentrales innenpolitisches Thema war während des Aufenthalts die aktuelle Verfassungskrise Südkoreas. Kurz vor dem Besuch des Promotionskollegs wurde Präsident Yoon Suk-yeol vom Verfassungsgericht einstimmig seines Amtes enthoben, nachdem er im Dezember 2024 das Kriegsrecht verhängt hatte. Auch wenn die gefürchteten Demonstrationen und Unruhen während unseres Besuches glücklicherweise ausblieben, so war das Thema doch sehr präsent.
Ein besonderer Höhepunkt war der Abend mit Altstipendatinnen und Altstipendiaten der Stiftung in Seoul. Wir trafen Südkoreaner und Südkoreanerinnen, die in Deutschland studierten, zum Abendessen und tauschten uns über Südkorea und über ihre Erfahrungen in Deutschland aus. Die inspirierende Begegnung zeigte uns, wie groß das KAS-Netzwerk ist, denn selbst auf der anderen Seite der Welt trifft man auf Menschen, die der Stiftung verbunden sind.
Nachhaltige Eindrücke hinterließen Südkoreas demokratischen Herausforderungen und der strategische Umgang mit neuen geopolitischen Sicherheitsrisken. Während Südkorea über jahrzehntelange Erfahrung im Umgang mit Nordkorea verfügt, sieht es sich nun der neuen Herausforderung gegenüber, zwischen einem aufstrebenden China und einem unberechenbaren US-Präsidenten zu navigieren. Trotz unsicherer regionaler Sicherheitsdynamiken strahlten die Südkoreaner eine optimistische Stärke und Zuversicht in ihre eigenen Fähigkeiten aus.
Sobre esta serie
La Fundación Konrad Adenauer, sus talleres de formación, centros de formación y oficinas en el extranjero ofrecen anualmente miles de eventos sobre temas cambiantes. Le informamos en www.kas.de acerca de una selección de conferencias, eventos, simposios etc. , de forma actual y exclusiva. Aquí, usted encuentra, además de un resumen en cuanto al contenido, materiales adicionales como imágenes, manuscritos de diálogos, vídeos o grabaciones de audio.