Ergebnisse
Bei den Kommunalwahlen in Bulgarien hat GERB sich als stärkste Kraft in den meisten Kommunen behaupten können, aber Verluste eingefahren. GERB wird künftig die Bürgermeister in 14 Regionalstädten stellen, PP-DB in vier, die BSP (Bulgarische Sozialistische Partei) in zwei, die DPS (Bewegung für Rechte und Freiheiten) in zwei und die Partei ITN (Es gibt so ein Volk) in einer. Die restlichen vier Regionalstädte gehen an Kandidaten anderer Parteien und Koalitionen sowie an Unabhängige.
Das Abschneiden von GERB blieb insbesondere in der Hauptstadt Sofia, wo sie bisher den Stadtrat mit 27 (von insgesamt 61) Verordneten dominierte und die Oberbürgermeisterin stellte, unter den Erwartungen. Sie wird nunmehr im Stadtrat mit 14 Verordneten vertreten sein, PP-DB hingegen mit 23. Der GERB-Kandidat Anton Hekimyan landete im ersten Wahlgang auf dem dritten Platz, in die Stichwahl kamen die Kandidatin der BSP sowie verschiedener linker und offen prorussischer Kräfte Wanja Grigorowa und der PP-DB-Kandidat Wassil Tersiew, der sich mit 48,17% gegenüber 46,92% für Grigorowa durchsetze. Bei dem knappen Ergebnis kündigte Grigorowa eine mögliche Wahlanfechtung an.
4,92% haben die Option „Ich unterstütze keinen Kandidaten“ gewählt. In 19 der 24 Sofioter Stadtbezirke haben Bürgermeisterkandidaten von PP-DB das Rennen für sich entschieden.
In der zweitgrößten Stadt Plowdiw gewann in der Stichwahl der GERB-Kandidat Kostadin Dimitrow mit 54,15% gegen Iwajlo Staribratow von PP-DB mit 41,68%, in der drittgrößten Stadt Bulgariens, Warna, siegte Blagomir Kotzew von PP-DB mit 53,06% vor dem bisherigen Amtsinhaber Iwan Portnich von GERB mit 41,52%.
Die Wahlbeteiligung lag laut Wahlkommission bei 44,94% und damit etwas niedriger als bei den letzten Kommunalwahlen 2019 mit 49,76%, bei großen regionalen Unterschieden. Die Wahlbeteiligung im ländlichen Raum war auffällig höher als im städtischen Raum.
Eklat im Vorfeld
Im Vorfeld des ersten Wahlgangs war es zu einem Eklat gekommen, als die Zentrale Wahlkommission den Einsatz von Wahlmaschinen verbot. In Bulgarien können die Wähler in den Wahllokalen sowohl mit klassischen Wahlzetteln aus Papier als auch elektronisch mit Maschinen abstimmen, wobei der Einsatz von Wahlautomaten unter den politischen Kräften umstritten ist. Der Vertreter der Partei ITN (Es gibt so ein Volk), Toschko Jordanow, hatte am 27. Oktober unter Berufung auf einen Bericht des Inlandsgeheimdienstes, der der Parlamentsführung zur Verfügung gestellt worden sei, behauptet, dass der stellvertretende Minister für elektronische Verwaltung, Michail Stojnew, mit seinem Mobiltelefon den Quellcode (source code) der Maschinen, der ihrem Schutz dient, fotografiert und diesen auf einen Stick heruntergeladen habe. Das sei zwei Tage nach der öffentlichen Generierung des Quellcodes erfolgt und würde die Manipulation der Wahlergebnisse ermöglichen. Die DPS forderte daraufhin die Entlassung des stellv. Ministers und des Ministers für elektronische Verwaltung, Alexander Jolowski sowie eine Wahl ohne Wahlmaschinen. Die BSP-Vorsitzende Kornelia Ninowa meinte, dass sofern die Behauptungen im DANS-Bericht wahrheitsgemäß seien, der stellv. Minister die politische Verantwortung übernehmen als auch strafrechtlich belangt werden müsse. PP-DB hingegen nannten die Behauptungen „Konspirationstheorie“. Der Quellcode stehe nicht mit der Registrierung des Votums in Zusammenhang, die Wahlmaschinen würden praktisch wie Drucker arbeiten und Manipulationen seien deshalb ausgeschlossen. Der Minister für elektronische Verwaltung Jolowski verwarf die Anschuldigungen der politischen Kräfte und von DANS. Es bestehe keine Möglichkeit, dass die Software die Wahlergebnisse manipuliert.
Im Anschluss daran hatte die Zentrale Wahlkommission den Einsatz von Maschinen nicht zugelassen. Das Oberste Verwaltungsgericht hat jedoch, mit einer Entscheidung vom 30. Oktober, Wahlmaschinen für die Stichwahl wieder zugelassen, die Ergebnisse des bereits erfolgten ersten Wahlgangs blieben davon unberührt und daher gültig.
Auffällig ist in diesem Zusammenhang die große Anzahl ungültiger Stimmen, die im ersten Wahlgang mit Wahlzetteln bei den Stimmen für die Gemeinderäte 20% (!) erreichten. Bei Abstimmung mit Wahlautomaten hingegen ist es, nach Meinung von Experten, kaum möglich, eine ungültige Stimme abzugeben.
Abschneiden der einzelnen Parteien und Koalitionen
Exakte Zahlen über die für die einzelnen Parteien und Koalitionen insgesamt landesweit abgegebenen Stimmen und die entsprechenden Mandate in den Gemeinderäten liegen noch nicht vor. Die Zentrale Wahlkommission in Bulgarien macht bei Kommunalwahlen grundsätzlich keine solchen Angaben, sondern beschränkt sich auf die Veröffentlichung der Ergebnisse in den einzelnen Gemeinden. Derartige summierte Angaben werden vielmehr nachträglich von den Parteizentralen sowie Analysten erhoben. Auf der Grundlage von Schätzungen und Überschlagsrechnungen lassen sich folgende Schlussfolgerungen treffen:
GERB bleibt führende Kraft auf kommunaler Ebene, wobei der Verlust der Hauptstadt Sofia allerdings schmerzlich ist.
PP-DB schneiden im Rahmen der Erwartungen ab, wenn man aber die vergangene Parlamentswahl vom April als Orientierungshilfe nutzt, sinkt ihre Stimmenzahl.
Die nationalistische und prorussische Wasraschdane (Wiedergeburt) wird mehr Vertreter in einigen größeren Stadträten haben als bisher, verzeichnet aber einen Rückgang in der Wählergunst gegenüber den letzten Parlamentswahlen und erzielt den von manchen Beobachtern prophezeiten großen Durchbruch nicht.
Die BSP hat etwas überraschend in der Hauptstadt Sofia die Stichwahl erreicht, bei den landesweit für die Gemeinderäte abgegeben Stimmen verbessert sie sich jedoch nicht im Vergleich zu den letzten Parlamentswahlen, bei denen sie ein historisch schlechtes Ergebnis erzielt hatte. Insofern kann von einer „Rückkehr der BSP auf kommunaler Ebene“, wie von manchen Vertretern der Partei behauptet, nicht die Rede sein. Beobachter halten es allerdings für möglich, dass das Bündnis für die Wahl in Sofia um die Kandidatin Wanja Grigorowa ein Test war und die Grundlage für ein neues linkes Projekt in Bulgarien bilden könnte.
Die DPS, welche vorwiegend die türkische Minderheit vertritt, ist nach wie vor stark in den türkischen Siedlungsgenbieten im Nord- und Südosten des Landes.
Erste Reaktionen der Parteien
Abgesehen von einzelnen Bemerkungen haben sich die Parteizentralen noch nicht offiziell zu den Wahlen geäußert. Der GERB-Vorsitzende Bojko Borissow sagte, dass er am Mittwoch, dem 8. November, entscheiden würde, ob seine Partei weiterhin die Regierung von Nikolaj Denkow unterstützen werde. Bis dahin werde man Information über das Verhalten von PP-DB vor Ort bei den Wahlen einfordern und auf einer Nationalversammlung der Partei analysieren und diskutieren. Borissow warf PP-DB vor, bei der Stichwahl zusammen mit der BSP und Wasraschdane gegen GERB-Kandidaten Absprachen getroffen zu haben. Am Freitag vor der Stichwahl sprach sich Borissow für die Unterstützung des PP-DB-Kandidaten Tersiew aus. Die Wahlanalysen stellen fest, dass viele GERB-Wähler anscheinend trotzdem der BSP-Kandidatin Grigorowa den Vorzug gegeben haben. Das ist aber im Grunde so überraschend nicht, denn obwohl GERB und PP-DB Partner in der amtierenden Denkow-Regierung sind und eine große formelle programmatische Nähe aufweisen, besteht zwischen ihnen kein Vertrauen und sind praktisch politische Gegner.
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