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Veranstaltungsberichte

„TTIP ist keine Revolution: Es geht um Wachstum und Arbeitsplätze – nicht mehr, nicht weniger!“

von Julian Höhl

Mittagsgespräch zum Thema TTIP in Hildesheim

TTIP – Was verbirgt sich eigentlich hinter diesen vier Buchstaben? Kaum ein zweites wirtschaftliches Thema wird in Deutschland gerade so aktiv diskutiert und kritisch hinterfragt. Die Konrad-Adenauer-Stiftung nahm sich das zum Anlass und lud zu einem Mittagsgespräch in das Roemer- und Pelizaeus-Museum in Hildesheim ein. Mehr als 60 Gäste waren erschienen und beteiligten sich an einer regen Diskussionsrunde.

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Der Leiter des Politischen Bildungsforum Niedersachsen, Jörg Jäger, stellte zunächst den Referenten und das Thema der Veranstaltung vor und sagte, dass viel Verunsicherung beim Thema TTIP in der Bevölkerung herrsche, dass sorge für die große aktuelle Präsenz des Themas in den Medien. Hauptreferent war Lutz Güllner, der Leiter des Referates Kommunikation in der Generaldirektion Handel der Europäischen Kommission ist, und somit unmittelbar in die Verhandlungen, um das Handelsabkommen zwischen der EU und den vereinigten Staaten involviert ist. Zuvor war er Pressesprecher Hohen Beauftragten der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, und u.a. im französischen Umweltministerium tätig.

Ute Bertram MdB startete die Veranstaltung mit einem politischen Impuls. Die Bundestagsabgeordnete erklärte, dass sie vor allem im Kultur- und Medienausschuss des Bundestages mit dem Thema TTIP konfrontiert werde. „Ich bin eine Befürworterin des Handelsabkommens, doch wir müssen gucken wie sich die Verhandlungen entwickeln und das Endergebnis abwarten, um uns eine gute Meinung bilden zu können.“, meinte sie. Für sie gehe es um Wachstum und Arbeitsplätze – nicht mehr und nicht weniger.

„Meine Kollegen aus Brüssel sagen immer wieder, wie verwundert sie darüber seien, dass TTIP in Deutschland so eine Welle der Skepsis entgegen schlägt, obwohl wir sonst immer sehr von Freihandelsabkommen profitiert hätten.“, begann Güllner seinen Vortrag. Und auch ihm selbst ist aufgefallen, dass es in anderen EU-Ländern, wie Österreich oder Luxemburg, die ähnlich profitieren würden, überhaupt keine Diskussion gäbe. Zwar kann der 43-Jährige verstehen, dass sich die Deutschen, um ihre Standards sorgen, er plädiert aber dafür den Verhandlungsführern der EU ein wenig mehr Vertrauen zu schenken: „ Die EU-Kommission weiß was sie verhandelt. Es ist ziemlich genau festgehalten was wir verhandeln dürfen und was nicht.“ Es sei auch keine vollkommen neue Situation für die EU, man habe in der Vergangenheit bereits erfolgreich Handelsabkommen mit Korea oder China abgeschlossen – ohne eine große mediale Diskussion.

Über den aktuellen Stand der Verhandlungen sagte Güllner, dass es das Ziel beider Verhandlungspartner sei, das Abkommen vor dem Ende der Amtszeit des amerikanischen Präsidenten Barack Obama auszuhandeln. Ende 2016 soll es nach jetzigen Aussagen fertig sein. „Anschließend erfolgt eine demokratische Kontrolle, durch die nationalen; Anmerkung des Verfassers Länderparlamente, die aufgrund dessen, dass es sich um ein gemischtes Abkommen handelt über TTIP abstimmen müssen.“ Auch die Sorge vieler Bürger, dass das Abkommen nicht transparent sei und nicht alle Bereiche mit einbeziehe, konnte Güllner etwas eindämmen. Es gäbe umfassende Gespräche und Diskussionsrunden mit Experten aus allen Bereichen, die das Abkommen beträfen. Er kritisierte außerdem die einseitige Berichterstattung der Medien und appellierte an die Bürger sich die Verhandlungsdokumente, die frei zugänglich seien, einfach anzugucken und sich anschließend eine eigene Meinung dazu zu bilden. „Wenn man einen genauen Einblick in die Unterlagen erhält sieht man: TTIP ist keine Revolution!“

Dass das Publikum sehr an dem Thema interessiert war, zeigte die anschließende, fast einstündige, Frage- und Diskussionsrunde. Unter anderem wurde darüber debattiert, wieso die Dokumente der Verhandlungen meist nur in englischer Sprache veröffentlicht werden und nicht in den jeweiligen europäischen Sprachen übersetzt werden würden. Dieses sieht auch Güllner als ein großes Dilemma an: „Es ergibt sich das große Problem, dass die Debatten nur durch Experten übersetzt werden dürfen und diese sind sehr teuer.“ Deshalb habe man sich auf Referenzsprachen geeinigt auf denen die Debatten abgehalten werden. Der endgültige Entwurf des Abkommens müsse aber in alle Sprachen der Mitgliedländer übersetzt werden, erklärte Güllner.

Eine andere Frage beschäftigte sich damit, worauf es zurückzuführen sei, dass die Medien das Thema TTIP so auseinander nehmen würden. Güllner beschrieb anschließend ausführlich, dass man in Deutschland nicht um die Inhalte diskutiere, sondern um die Debatte an sich. „Die Debatte um das Freihandelsabkommen geht nicht um TTIP, sondern um anderes Sachverhalte, die auf TTIP projektziert werden.“ Zum einen sei da das mangelnde Vertrauen zu den USA und der Anti-Amerikanismus, der gerade durch die NSA-Affäre und den BND-Verwicklungen in Deutschland Renaissance feiere. Auch die Skepsis der Bürger gegenüber den EU-Institutionen selbst, nahm in der Vergangenheit kontinuierlich zu und mache die Verhandlungen dadurch keineswegs leichter.

Ob die Präsidentschaftswahl 2016 unmittelbar mit der Zukunft des Freihandelsabkommens verknüpft war, war die letzte Frage der Veranstaltung. Güllner sagte dazu, dass die Wahl große Bedeutung für TTIP habe, da Barack Obama ein sehr internationaler Präsident sei und man abwarten müsse wie sein Nachfolger mit dem Thema Welthandel umgehe. Güllner sagte zum Abschluss noch, dass die Verhandlungspartner beabsichtigen bis 2016 zu Ende zu verhandeln, um das Abkommen dann den jeweiligen Länderparlamenten zur Abstimmung vorzulegen, was bedeuten würde, dass es noch während der Obama Regierung verabschiedet werden könnte.

Weitere Informationen zum Thema: http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2015/may/tradoc_153410.pdf

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