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Veranstaltungsberichte

Journalisten-Seminar

Europäische Union und Mercosul

Gemeinsam mit dem Brasilianischen Zentrum für Internationale Beziehungen (CEBRI), dem Postgraduiertenprogramm für Internationale Beziehungen der Universidade Federal Rio Grande do Sul (UFRGS) und unterstützt von der Delegation der Europäischen Kommission der EU in Brasilien veranstaltete die Konrad-Adenauer-Stiftung am 20. und 21. August 2009 ein Seminar für Journalisten in Porto Alegre. Bis zu 30 Personen nahmen an diesen Tagen an Vorträgen und Diskussionen zum Thema “Die Europäische Union und der Mercosul - Erfahrungen und Perspektiven” teil.

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Videobotschaften der Redner

In seiner Eröffnungsrede hob Dr. Peter Fischer-Bollin, Landesbeauftragter der KAS in Brasilien, den Stellenwert des Journalismus als Bindeglied zwischen Gesellschaft und Politik hervor, indem er den Austausch von Informationen und Ideen innerhalb der Gesellschaft und die kritische Auseinandersetzung mit nationalen und internationalen Ereignissen als ein oberstes Ziel nannte.

Als Bürgermeister von Porto Alegre begrüßte José Fogaça die angereisten Gäste und wies auf die Bedeutung dieser Veranstaltung für seine Stadt hin, für die der Integrationsprozess im Mercosul ein großes Anliegen sei.

José Botafogo Gonçalves, ehemaliger Botschafter Brasiliens in Argentinien und Leiter des Brasilianischen Zentrums für Internationale Beziehungen (CEBRI), stellte in seiner Ansprache die Bedeutung der gemeinsam mit der Konrad-Adenauer-Stiftung organisierten Veranstaltungen dar und zog im Anschluss einen Vergleich zwischen der Arbeit eines Diplomaten und der eines Journalisten: Diplomaten repräsentierten und verhandelten im Namen ihres Landes; Journalisten analysierten und interpretierten Nachrichten und vereinfachten sie für ihre Leserschaft. So machten sie Politik und Diplomatie für ein breites Publikum zugänglich. Die Nachfrage nach qualitativ hochwertiger Berichterstattung habe in Brasilien in gleichem Maβe zugenommen wie das Interesse an Internationalen Beziehungen, beendete Gonçalves seine Rede.

Als Leiter der Abteilung für Kommunikation des Rektorats der Universidade Federal do Rio Grande do Sul unterstrich Flávio Porcello im Anschluss noch einmal den hohen Stellenwert dieser Veranstaltung sowohl für die Stadt Porto Alegre als auch für seine Universität.

In einem abschlieβenden Gruβwort machte Christian Burgsmüller, Vorsitzender des Sektors Politik, Wirtschaft und Internationale Beziehungen der Delegation der Europäischen Kommission in Brasilien, die Relevanz und Zielsetzung dieser Konferenz deutlich, indem er an die Geschichte der europäischen Integration erinnerte und die Beteiligung der Journalisten in diesem Prozess hervorhob.

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Moderiert von Dr. Peter Fischer-Bollin begann im Anschluss die erste Hälfte des Seminars mit dem Titel “Die Weltwirschaftskrise und ihr Einfluss auf den Integrationsprozess des Cono Sul”.

Als erster Redner sprach José Fogaça über die Bedeutung der Integration im Cono Sul für die Stadt Porto Alegre. Er stellte die These auf, der Weltwirtschaftskrise sei am besten mit mehr Investitionen zu begegnen. Die Stadt Porto Alegre setze dies bereits in die Tat um. So würden Investitionen besonders in die Bereiche Sanierung, Wohnungsbau und öffentliche Verkehrsmittel fließen. Auf diese Weise stelle man Arbeitsplätze und Steuereinnahmen weiterhin sicher. Zugleich erinnerte Fogaça an die Verantwortung der Kommunen in dieser Krise. Erfahrungsaustausch und Modernisierung, beispielsweise im Bereich Infrastruktur, müssten weiter verfolgt werden, um zukünftige Krisen besser zu meistern.

In seinem Vortrag “Perspektiven für eine Integration des Cono Sul” erläuterte José Botafogo Gonçalves, dass man nicht nur über den Integrationsprozess innerhalb des Mercosul, sondern auch des Cono Sul sprechen müsse. Dieser Prozess sei auch für Chile und Bolivien unausweichlich. Seiner Ansicht nach gebe es drei Möglichkeiten für einen erfolgreichen Integrationsprozess zwischen den Ländern in der Region: konjunkturelle, kulturelle oder strukturelle Ansätze. Abschlieβend appellierte er an die Journalisten, ihren Beitrag zur Integration zu leisten und ihre Leser zu animieren, in diesem Prozess selbst aktiv zu werden.

Carlos Alberto Alvarez, Präsident der Comissão de Representantes Permanentes do Mercosul (CRPM) diskutierte im Anschluss eine gemeinsame Politik der Mercosul- Mitgliedstaaten im Kampf gegen die Weltwirtschaftskrise, die seiner Meinung nach eine Bedrohung für den Integrationsprozess darstelle. Eine Aufgabe der Mitgliedstaaten sei daher zunächst der Aufbau von gegenseitigem Vertrauen und gemeinsamen Projekten als Ausgangsbasis für zukünftige Herausforderungen. Für ihn stehe der Mercosul vor einem langfristigen Integrationsprozess, der nicht linear verlaufen müsse. Darüber hinaus führte Alvarez aus, die Mercosul-Staaten müssten über die 1994 vereinbarten Ziele hinaus miteinander kooperieren, z.B in den Bereichen Infrastruktur und Energiepolitik.

Abgerundet wurde diese erste Vortragsrunde von einer Ansprache des Generalkonsuls der Bundesrepublik Deutschland in Porto Alegre, Norbert Kürstgens. Nachdem er die Arbeit des deutschen Konsulats vor Ort vorgestellt und die Bedeutung der südlichen Bundesstaaten Brasiliens für die deutsch-brasilianischen Beziehungen erläutert hatte, wies er noch einmal eindringlich darauf hin, wie wichtig die Beziehung zwischen der EU, Brasilien und den übrigen Ländern des Mercosuls für die Auβenpolitik Deutschlands und für einen gemeinsamen wirtschaftlichen und politischen Dialog sei. Des Weiteren erinnerte er an das Vermächtnis der deutschen Einwanderer in der Region.

Am zweiten Veranstaltungstag nahmen Márcia Donner Abreu, Mitarbeiterin des brasilianischen Auβenministeriums und Mitglied der Divisão de Negociações Extraregionais do MERCOSUL II, Ana Regina Falkembach Simão, Professorin an der Universidade Federal do Rio Grande do Sul und Forscherin am Núcleo de Estratégia e Relações Internacionais (NERINT) der UFRGS, Christian Burgsmüller und Luiz Augusto Estrella Faria, Professor des Postgraduiertenprogramms Internationale Beziehungen der UFRGS, an der Vortragsrunde zum Thema “Der Mercosul und seine Partner” teil, die von Martha Lucía Olívar Jiminez, ebenfalls Professorin und Koordinatorin des Postgraduiertenprogramms, moderiert wurde.

In ihrem Vortrag “Perspektiven für eine Beziehung zwischen dem Mercosul und der EU” thematisierte Márcia Donner Abreu den Stellenwert des Mercosuls in der brasilianischen Auβenpolitik und resümierte, dass der Mercosul für Brasilien immer Priorität habe. Zunächst beschrieb sie daraufhin die Agenda des Mercosul-Außenhandels und stellte im Anschluss chronologisch den Verlauf der Handelsbeziehungen zwischen dem Mercosul und der EU dar. Dabei wies sie darauf hin, dass die EU der gröβte Handelspartner für den Mercosul, dieser jedoch nur der achtgrößte Partner der EU sei. Für das Jahr 2010 hofft Abreu auf eine positive Auswirkung der spanischen EU-Ratspräsidentschaft und des Vorsitzes Argentiniens im Mercosul für eine gemeinsame Kooperation.

Ana Regina Falkembach Simão erinnerte in ihrer Rede “Mercosul als globaler Akteur” an die Anfäge dieses gemeinsamen Marktes und an die Annäherung zwischen Brasilien und Argentinien. Für Falkembach Simão komme Brasilien eine strategische Rolle innerhalb des gemeinsamen Marktes zu. In diesem Zusammenhang führte sie aus, dass Brasiliens Haltung zum Mercosul die der anderen Partner beeinflusse.

Christan Burgsmüller schlieβlich sprach über die Bedeutung des Mercosul als Partner der EU und machte dabei zunächst deutlich, dass die Europäische Union trotz der strategischen Partnerschaft zwischen Brasilien und der EU, die während der portugiesischen Ratspräsidentschaft im Jahr 2007 geschlossen wurde, weiterhin an Verhandlungen mit dem Mercosul als eine Einheit interessiert sei. Die spanische Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2010 werde wichtige Impulse für die Länder des Mercosul setzen. Darüber hinaus referierte Burgsmüller, die anderen Mercosul-Staaten sollten die strategische Partnerschaft Brasiliens mit der EU anerkennen, dürfen dabei jedoch nicht vergessen, bei Themen wie Handel, Umwelt und Energiepolitik mit einer Stimme zu sprechen.

Am Ende dieser ersten Vortragsrunde thematisierte Luiz Augusto Estrella Faria noch einmal die Folgen der Weltwirtschaftskrise für die Entwicklung des Mercosul. Obwohl der gemeinsame Markt der Region und der Außenhandel wachse, ziehe die Krise einige Konsequenzen nach sich, so Faria. Der Absturz der Auslandskredite und der kontinuierliche Überschuss des brasilianischen Marktes im Vergleich zu den anderen Ländern des Mercosul könne sich negativ auf den gemeinsamen Markt auswirken. Aus diesem Grund sei es wichtig, dass alle Mitgliedstaaten ihre Wirtschaft nach gleichen Maßstäben führten.

In der zweiten Vortragsreihe des Tages beschäftigten sich der paraguayische Senator und Mitglied der Gemeinsamen Parlamentarischen Kommission des Mercosul, Marcelo Alberto Diego Duarte Manzoni, der Senator des brasilianischen Bundesstaates Rio Grande do Sul und Mitglied der brasilianischen Vertretung im Parlament des Mercosul, Sérgio Zambiasi, Renato Molling, Bundesabgeordneter und ebenfalls Mitglied der brasilianischen Vertretung im Parlament des Mercosul und Renato Flores, Professor an der Escola de Pós-Graduação em Economia da Fundação Getúlio Vargas mit dem Thema “Das Mercosul-Parlament und sein Einfluss auf den Integrationsprozess”. Maria Susana Arrosa Soares, Professorin und stellvertretende Koordinatorin des Postgraduiertenprogramms Internationale Beziehungen der UFRGS, moderierte die Beiträge.

Mit Blick auf die Wahlen in Paraguay wies Marcelo Duarte Manzoni zunächst auf das Demokratiedefizit des Mercosuls hin. Aus diesem Grund schlug er eine Wahlkampagne vor, die den Bürgern die Funktion des Mercosul-Parlaments und die Idee der Integration nahe bringen soll. Des Weiteren schlug er zur Lösung von Uneinigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten, die Gründung eines permanenten supranationalen Tribunals vor. Ein Thema, das dort bearbeitet werden könnte, sei z.B. eine gemeinsame Auβenpolitik.

Sérgio Zambiasi diskutierte daraufhin den Einfluss direkter Wahlen auf das Mercosul-Parlament. Seiner Meinung nach zeige Paraguay viel Mut, seine Vertreter, anders als in Brasilien, direkt wählen zu lassen. Direkte Wahlen für das Mercosul-Parlament würden sich in Brasilien im Jahr 2010 wohl nicht mehr realisieren lassen. Über die Errichtung eines gemeinsamen Marktes hinaus gebe es in Brasilien wenig Begeisterung für eine Kooperation in anderen Bereichen, wie Wasserversorgung und Gesundheit.

Renato Molling kam in seinem Vortrag “Das Mercosul-Parlament und sein Einfluss auf den Integrationsprozess” auf das Thema „Protektionismus“ zu sprechen, dass ihn im Zusammenhang mit der Vertretung Brasiliens im Mercosul-Parlament und als Presidente da Frente Parlamentar em Defesa dos Setores Coureiro-Calçadista e Moveleiro na Câmara Federal beschäftigt. Um die Folge wirtschaftlicher Streitigkeiten zu demonstrieren, zeigte er Daten über den „Schuh“-Handel zwischen Argentinien und Brasilien. Die internationale Wirtschaftskrise werde neue Probleme für den gemeinsamen Markt, vor allem für den Handel mit Schuhen, Möbeln, elektrischen Haushaltsgeräten, Zucker und anderen Textilprodukten mit sich bringen. Eine Weiterentwicklung des Mercosul bedeute die Folgen der Weltwirtschaftskrise zu meistern, so Molling am Ende seines Vortrags.

Um noch einmal das Thema „Direkte Wahlen“ für das Mercosul-Parlament anzusprechen, erklärte Renato Flôres, was der „gemeinsame Markt des Südens“ aus den Erfahrungen der Europäischen Union lernen könne. Zunächst beschrieb er die Wahlen zum EU-Parlament als einen langen, historischen Prozess und resümierte, dass die Akzeptanz dieser Wahlen in der europäischen Gesellschaft nicht sehr groβ sei. Ein Beispiel dafür sei die geringe Wahlbeteiligung, die bei den letzten Wahlen 2009 bei rund 43% lag. Darüber hinaus würden ca. 60% der Europäer die wirkliche Bedeutung der Wahlen nicht kennen. In Anbetracht dieser Tatsache ergab sich für Flores die Notwendigkeit, Legitimität, Repräsentativität und Kosten eines Organs, wie des Europäischen Parlaments, zu diskutieren. Abschlieβend fasste er zusammen, man könne von der Europäischen Union lernen, dass ein Parlament sich seine Legitimität nicht selbst gebe, sondern die Wähler darüber entscheiden würden. Wichtig sei darüber hinaus, so betonte er am Ende, den Haushaltsplan der EU kritisch zu analysieren.

Die letzte Gesprächsrunde des Tages beschäftigte sich mit dem Thema „Die Europäischen Union und der Mercosul: Schlussfolgerungen und Perspektiven”.

Es referierten Cláudio Mario Henrique do Couto Lyra, ehemaliger Botschafter Brasiliens auf den Philippinen und Leiter des Büros für Außenpolitik des Bundesstaates Rio Grande do Sul (ERESUL), Germano Bonow, Abgeordneter und Vizepräsident der brasilianischen Vertretung im Mercosul-Parlament und Maria Susana Arrosa Soares.

Luis Augusto Estrella Faria übernahm die Moderation.

Cláudio Lyra thematisierte zunächst die Möglichkeit einer Kooperation zwischen den einzelnen Bundesstaaten, Kommunen, Gemeinden und anderen staatlichen Institutionen der Mercosul-Staaten. Ein Beispiel dafür sei das Büro für Außenpolitik (ERESUL), das auf Ebene des Bundesstaates Rio Grande do Sul in Kontakt mit dem brasilianischen Auβenministerium stehe. Nach dem Vorbild des Programms URB-AL (Urbal Regional Aid Programme) der EU, sei eine direkte Kooperation z.B. zwischen den Kommunen der Mercosul-Staaten anzustreben.

Im Anschluss redete Germano Bonow über “Die Rolle der Regionalparlamente im Integrationsprozess”. Er sprach sich dafür aus, dass die gewählten Abgeordneten im Mercosul-Parlament die Interessen der einzelnen Regionen berücksichtigen sollten. Um die Bedeutung des Mercosuls für Brasilien hervorzuheben, präsentierte Bonow u.a. Daten über Brasiliens Auβenhandel und über die Umsetzung von Abkommen innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten. Des Weiteren stellte er Themen vor, die im Mercosul-Parlament angesprochen wurden, darunter eine Diskussion über den Itaipu Staudamm, den Integratiosprozess und die Verteidigung der Demokratie in Südamerika.

Susana Soares schloss die Runde mit einem Vortrag über „(Inter-)Kulturelle Diplomatie für die Vertiefung der Beziehungen zwischen den Nationen“. Der Begriff „kulturelle Diplomatie“ bedeute für sie eine neue öffentliche Art der Diplomatie, die nicht mehr nur zwischen staatlichen Akteuren stattfindet. So sei jeder Mensch Repräsentant seines Landes; vor allem die Journalisten spielten im Bereich Internationale Beziehungen eine große Rolle. Sie würden die Identität der einzelnen Länder kennen, hätten einen Überblick über mögliche Kommunikationsmittel und, im Hinblick auf den Mercosul, über Kultur als ein Instrument für Integration. Nachdem Soares den großen Anteil der kulturellen Integration für die EU erläutert hatte, resümierte sie, dass es für den Mercosul besonders wichtig sei, eine Vereinbarung zu treffen, die über das „Protocolo de Integração Cultural “ von 1996 hinausgeht. Ziel sei, ein tieferes Vertrauen und einen größeren internationalen Austausch von Werten, Ideen und Interessen zwischen den politischen Akteuren zu schaffen.

Am Ende der Veranstaltung fasste José Botafogo Gonçalves noch einmal die verschiedenen Positionen und Diskussionen kritisch zusa mmen und dankte den Rednern und den teilnehmenden Journalisten, die zum Gelingen dieser Veranstaltung beigetragen hatten. Abschließend ermunterte er die Anwesenden dazu, ähnliche Seminare auch in anderen Regionen Brasiliens abzuhalten, um den Integrationsprozess des Mercosuls weiter zu fördern.

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