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KAS Brasilien erhält Ruth Cardoso-Medaille

von Friedrich Christian Matthäus

Mehr Beteiligung von Frauen in der brasilianischen Politik: Auf dem Weg zu einer fortgeschrittenen Demokratie

KAS Brasilien-Leiter Felix Dane nimmt die höchste Auszeichnung des Frauenverbandes „PSDB Mulher“ der KAS-Partnerpartei PSDB während eines feierlichen Kongresses in Brasília entgegen. Die KAS Brasilien wird für ihr Engagement zur Förderung der Partizipation von Frauen in der Lokal-, Landes- und Bundespolitik Brasiliens geehrt. Mit Dane freuten sich der Parteivorsitzende und Oppositionsführer Aécio Neves sowie die Vorsitzende der Frauen-PSDB Solange Jurema.

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Die KAS Brasilien wurde von ihrer Partnerorganisation „PSDB Mulher“ mit deren höchster Auszeichnung geehrt. Bereits seit Jahren führt die KAS Brasilien landesweit Rhetorikseminare sowie Seminare zur Politischen Bildung und Lokalpolitik mit dem Frauenverband durch. Ziel ist es, interessierte sowie bereits in der Politik engagierte Frauen dazu zu befähigen, selbstbewusst für ihre Interessen in der Politik zu streiten und sich stärker in Meinungsbildungsprozesse einzubringen. Obschon eine Frau Brasiliens höchstes Staatsamt begleitet liegt die Quote weiblicher Mandatsträgerinnen in Brasilien unter 20%. Ziel der KAS Brasilien ist es, durch gezielte Förderung sich Interessierender, diesen Anteil sukzessiv zu erhöhen, um eine demokratischere Repräsentation der Frauen in Brasiliens Parlamenten zu erreichen. Traditionell ist die brasilianische Politik von Männern dominiert, auch in den Führungsgremien der Partnerpartei PSDB herrscht noch ein starkes Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern.

Im Vorfeld ihres Bundesparteitags ehrten die PSDB-Frauen indes die KAS Brasilien für ihr langjähriges Engagement in der gezielten Förderung weiblicher Mandatsträgerinnen. Solange Jurema, Vorsitzende des Verbandes, lobte in ihrer Dankesrede die vertrauensvolle Zusammenarbeit und die Qualität der von KAS Brasilien organisierten Seminare. Diese stellten für viele Mitstreiterinnen ein Ausbildungsprogramm in Politischer Bildung dar; insbesondere für diejenigen Frauen, die ihrem politischen Engagement ehrenamtlich neben dem Beruf nachgehen. Felix Dane betonte die Relevanz einer angemessenen Repräsentanz weiblicher Entscheidungsträgerinnen zur Stärkung des brasilianischen demokratischen Prozesses auf allen föderalen Ebenen. Er stellte die Formel auf: „Je höher der Frauenanteil in der Politik, desto nachhaltiger entwickeln sich Brasiliens demokratische Strukturen.“

Für den langjährigen Erfolg der strategischen Partnerschaft zwischen KAS Brasilien und PSDB Mulher zeichnet maßgeblich das Engagement von KAS-Projektkoordinatorin Aline Soares verantwortlich. Die ausgebildete Politikwissenschaftlerin ist Expertin für Brasilianische Innenpolitik und für KAS Brasilien im Bereich Politische Bildung, insbesondere von Jugendlichen und Frauen, zuständig. Soares organisiert in regelmäßigem Turnus brasilienweit Kongresse, Seminare und Exkursionen mit dem Frauenverband und hat auf diese Weise auch die innerparteiliche Stellung der Frauen mitgestärkt. Die erhaltenen Ehrungen gelten somit insbesondere ihrer unermüdlichen Arbeit im politischen Gefüge Brasiliens. Die Früchte ihrer Arbeit lassen sich auch daran ablesen, dass im PSDB-Parteivorstand mit der Bundesabgeordneten Mariana Carvalho nun erstmals eine der Stellvertreterinnen eine Frau ist.

Im Anschluss an den Impulsvortrag des PSDB-Vorsitzenden Aécio Neves überreichte schließlich Solange Jurema, Vorsitzende der Frauen-PSDB, die Ruth Carodoso-Medaille an Felix Dane. Neben KAS Brasilien wurden außerdem die gemeinnützige Hilfsbruderschaft „Fraternidade Assistencial Lucas Evangelista“ (FALE), zwei katholische Ordensschwestern sowie weitere weibliche Führungspersönlichkeiten, die für die Förderung femininer Partizipation in Politik und Gesellschaft eintreten, geehrt.

Brasília (DF) – Felix Dane, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Brasilien nahm am 4. Juli 2015 im Hotel San Marco die Ruth-Cardoso-Medaille für die Stiftung entgegen.

Felix Dane arbeitet vordergründig mit Internationalen Beziehungen, Internationaler Politik und politischem Dialog. Seit 2009 ist er bei der Konrad-Adenauer-Stiftung tätig, zunächst als Leiter des Auslandsbüro Palästinensische Gebiete sowie danach als Leiter des Auslandsbüros Brasilien.

Vor seiner Tätigkeit bei der Stiftung arbeitete Felix fünf Jahre am Europäischen Parlament. Er besitzt einen Masterabschluss in European Studies der LSE Universität und einen Bachelor in Internationalen Beziehungen der Keele University, beide im Vereinigten Königreiche. Darüber hinaus spricht er fließend Englisch, Deutsch, Französisch und Portugiesisch und hat ein fortgeschrittenes Niveau in Spanisch.

Unsere Hommage wäre nicht vollständig ohne seinen Auftritt, da er stets ein aufmerksamer und loyaler Partner während seiner Zeit als Leiter der KAS Brasilien war. Während jedem Kurs, Seminar und Debattenzyklus, den wir vorgeschlagen haben, hat sich Felix als aktiver Unterstützer, Partner und Ratgeber zu erkennen gegeben sowie darüber hinaus auch als treuer Freund.

Felix Dane verabschiedet sich Ende Juli aus Brasilien, um sich, stets im Rahmen der Stiftung, im Büro der KAS in Berlin neuen Herausforderungen zu stellen. Wir, PSDB-Frauen, werden ihn vermissen. Dieses kurze Interview auf unserer Webseite ist unsere Art ihm zu danken und ihm alles Gute für die Zukunft zu wünschen.

PSDB – Frauen: Drei Jahre in Brasilien – und was für Jahre! Man könnte sagen, Sie sind durch einen Intensivkurs brasilianischer Politik gegangen – vom Besten zum Schlechtesten. Wie sieht denn die abschließende Beurteilung aus?

FD: Ich glaube es gibt keine andere Möglichkeit, um brasilianische Politik zu verstehen, außer eine Weile hier zu leben und den Modus Operandi der politischen Akteure nachzuvollziehen. Meine persönliche Erfahrung war hier eher zwiespältig. Auf der einen Seite war es abenteuerlich und sogar lustig, andererseits aber auch etwas besorgniserregend. Die Demokratie ist konsolidiert hier in Brasilien, soviel steht fest. Die Vertrauenskrise, die das politische System gerade durchlebt, zeigt welche großen Herausforderungen die brasilianische Gesellschaft noch immer überwinden muss. Darüber hinaus bin ich der Ansicht, dass Brasilien seine Pflichten erfüllt und die Gesellschaft die aktuelle Krise nutzt, um einige seiner Probleme anzugehen.

PSDB-Frauen: In einem der Kurse, die von PSDB-Frauen in Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung organisiert wurde, sagten Sie aus, dass eine größere Beteiligung von Frauen in der Politik eine “sichere Strategie zur Demokratieförderung“ sei. Könnten Sie diese Aussage nochmals ausführen?

FD: Eine Demokratie muss die ganze Bevölkerung in Betracht ziehen. Hier in Brasilien ist die Partizipationsrate von Frauen extrem niedrig, was gleichzeitig bedeutet, dass ein großer Teil der Bevölkerung nicht repräsentiert wird. Unter Anbetracht dieser Tatsache und der Schüsselrolle, die Frauen als Meinungsmacher der neuen Generationen innerhalb der Familie zukommt, erscheint dieses Defizit noch gravierender. Ich bin der Ansicht, dass je größer die Anzahl der Frauen ist, die aktiv in der Politik in einer modernen Gesellschaft wie der brasilianischen partizipieren, desto mehr Nutzen wird daraus für das Land resultieren.

PSDB-Frauen: In Deutschland ist der Anteil an Frauen im öffentlichen Leben weitaus höher als hier in Brasilien. Welche Maßnahme war Ihrer Meinung nach die effektivste, um sie zu solch einer führenden Rolle zu befähigen?

FD: Ich glaube, dass es vor allem dank der Bildung war. Und ich meine hier Bildung im Allgemeinen, sei es in der Schule, in öffentlichen Diskussionsrunden oder im politischen Aktivismus im eigentlichen Sinne. Das Interesse für Nachrichten oder das Engagement in Fragen der Zivilgesellschaft wird als affirmative Praxis gelehrt. Frauenquoten können potentiell hilfreich sein und werden in Deutschland genutzt. Kürzlich wurde eine Frauenquote eingeführt, um die Präsenz von Frauen in den Vorstandvorsitzen großer Firmen zu sichern. Man muss die Spielregeln lernen, um das Spiel effizient spielen zu können. Im weiteren Sinne gesprochen, fördert die KAS Trainings zu diesem Zweck.

PSDB-Frauen: Kürzlich hat das brasilianische Abgeordnetenhaus einen konstitutionellen Änderungsantrag abgelehnt, der eine Frauenquote im Parlament von 30 Prozent festgelegt hätte, ähnlich der Maßnahmen, die bereits in zahlreichen anderen Ländern verabschiedet worden sind. Wie sollen wir in diesem Sinne weitermachen, wenn die Männer uns keinen Platz in der Politik zugestehen wollen?

FD: Niemand macht freiwillig Platz in der Politik – und dies ist nicht nur in Brasilien so. Keiner der Spitzenpolitiker im Parlament wird eine Maßnahme gegen eigene Interessen rein aus gutem Willen durchführen. Man muss mit Ideen und Worten kämpfen, unter Beachtung aller Gesetze, um Einfluss innerhalb des politischen Prozesses zu erlangen, bis man an die Macht kommt. Aus diesem Grund ist es von grundlegender Bedeutung brasilianische Frauen zu ermutigen, auf diese Art und Weise zu agieren! Sie müssen frohen Mutes sein und ihre Rechte einfordern, um den legislativen Raum zu erobern. Dies kann sich anhand von tiefgehenden Erforschungen des politischen Prozesses und Engagement konkretisieren, sodass sie im Nachhinein mit guten Ideen zeigen können, inwiefern sie sich beteiligen und Mehrwert schaffen können. Das Warten auf eine Frauenquote sollte nicht die einzige Alternative sein.

PSDB-Frauen: Es waren drei Jahre Partnerschaft und Lernen für uns und wir haben viel gelernt von Ihrer Weltsicht und wir sind uns der Tatsache bewusst, dass wir des Öfteren Ärger verursacht haben, indem wir die Stoppuhr eingesetzt haben in den Sitzungen. Haben die Tucana (PSDB) Frauen Ihnen etwas beigebracht während dieses Erfahrungsaustauschs?

FD: Die KAS unterstützt nicht nur Kurse für die politische Bildung von Frauen. Themen wie Umweltschutz und Klimawandel, Internationale Beziehungen sowie Beteiligung von Jugendlichen sind wichtige Bestrebungen für uns. Ich erwähne diese Programme, um zu zeigen, wie unterschiedlich das Profil der KAS hier in Brasilien ist. Die Erfahrung mit PSDB-Frauen war jedenfalls einzigartig für mich, da sie mir gezeigt hat, dass große Projekte der internationalen Politik nicht ohne den Miteinbezug von nationalen und lokalen Anliegen umgesetzt werden können. Ich glaube, dass die PSDB-Frauen ein riesiges Potential haben, um die brasilianische Demokratie voranzubringen sowie eine gerechtere Gesellschaft für Frauen in Brasilien zu entwickeln. Ich würde mich freuen, die PSDB-Frauen von Weitem zu beobachten und sie ihr großes Potential einsetzen zu sehen. Die konstruktive Art und Weise, mit der wir zusammen gearbeitet haben, zeigt die Bedeutung dieser unterschiedlichen Weltsichten. Beide Seiten dieser Partnerschaft haben somit viel dazugelernt. Dank dieser Kooperation mit Ihnen habe ich viel über Gesellschaft und Politik gelernt und sie hat mir geholfen, dieses Land besser zu verstehen. Ich danke Ihnen mit großer Aufrichtigkeit für die Gespräche, die wir in dieser Zeit hatten und gestehe Ihnen, dass ich Brasilien bereits vermisse, obwohl ich das Land noch nicht einmal verlassen habe.

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Kontakt

Dr. Jan Woischnik

Dr

Leiter der Abteilung Lateinamerika

Jan.Woischnik@kas.de +49 30 26996-3577 +49 30 26996-53577
Premiação Medalha Ruth Cardoso KAS Brasilien

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