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Veranstaltungsberichte

Neue Wege der regionalen Integration: Das UNASUL-Projekt

von Jasper Eitze

Bericht zum Internationalen Seminar und Journalisten-Workshop, Recife, 19./20. August 2010

Das Ziel des Seminars bestand zum einen darin, eine qualitativ hochwertige Debatte über das Thema „Regionale Integration – UNASUL“ der interessierten Öffentlichkeit im Nordosten Brasiliens zugänglich zu machen und damit die Diskussion darüber zu stärken, welche Art von Integration in Südamerika gebraucht wird. Zum anderen diente das Seminar, wie EU-Botschafter João José Soares Pacheco in seiner Eröffnungsrede betonte, der Förderung des Entwicklungsprozesses von UNASUL sowie der Vertiefung des Dialogs zwischen Südamerika und der EU über Fragen regionaler Integration.

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Das Seminar „Neue Wege der regionalen Integration: Das UNASUL-Projekt“ wurde als eine Gemeinschaftsveranstaltung von der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Katholischen Universität von Pernambuco organisiert, unterstützt von der EU-Delegation Brasilien.

Am ersten Veranstaltungstag fand ein öffentliches Expertenpanel in der Katholischen Universität von Pernambuco statt. José Botafogo Gonçalves, Beiratsvorsitzender des Brasilianischen Zentrums für Internationale Beziehungen (CEBRI), verwies auf die Tatsache, dass eine echte regionale Integration in Südamerika nach wie vor ein fernes Ziel sei. Man dürfe nicht einer Utopie nacheifern, sondern müsse akzeptieren, dass die Voraussetzungen in Südamerika nicht vergleichbar seien mit jenen, die den Integrationsprozess der EU begünstigt haben. Wichtig sei, diese Frage pragmatisch anzugehen, um unrealistische Illusionen und spätere Enttäuschungen zu vermeiden.

Francisco Carlos Teixeira da Silva, Universitätsprofessor und Nachrichtensprecher bei GloboNews, machte seinerseits deutlich, dass ein Integrationsprojekt immer auch „Kosten“ mit sich bringe, vor allem für große Länder wie Brasilien. Dabei dürften aber die langfristigen Vorteile nicht aus dem Blick geraten. Politisch und wirtschaftlich stärkere Nachbarn würden sich zweifelsohne auch positiv für Brasilien auswirken, gerade auch ökonomisch. Brasilien müsse von dem Denken loskommen, sofort „4:0“ gewinnen zu wollen. Hier müsse ein Umdenken, vor allem auch in der Bevölkerung, stattfinden, wobei den Medien eine Schlüsselrolle zukomme.

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Professor Francisco Carlos Teixeira da Silva und Dr. Peter Fischer-Bollin, Landesbeauftragter der KAS in Brasilien, während der Diskussion

Als sehr bereichernd für die Diskussion erwies sich der Beitrag von Hans Martin Sieg, außenpolitischer Berater im Deutschen Bundestag. Sieg verstand es ausgezeichnet, den europäischen Einigungsprozess sinnvoll mit den südamerikanischen Integrationsversuchen in Verbindung zu bringen, ohne dabei unrealistische Vergleiche zu ziehen. Besonders betonte Sieg, dass für einen tiefer gehenden Integrationsprozess eine über längere Zeit sorgfältig entwickelte politische Strategie notwendig sei, die dann von den politischen Führungspersönlichkeiten in den einzelnen Ländern getragen werden müsse.

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links im Bild: Carlos Teixeira da Silva, rechts von ihm: Hans Martin Sieg

Insgesamt nahmen an beiden Tagen rund 100 Personen an der Veranstaltung teil, wobei sich der Großteil auf den ersten, öffentlichen Veranstaltungstag konzentrierte. Der zweite Veranstaltungstag war als Workshop für Journalisten konzipiert, bei dem die Teilnehmerzahl auf 30 Personen begrenzt war. Die eingeschriebenen Journalisten, als Hauptzielgruppe des Workshops, saßen bevorzugt am Seminartisch in „U“-Form neben den Experten, um eine direktere Kommunikation zu ermöglichen. Zu Beginn eines jeden Themenblocks hielten die jeweiligen Referenten einen zehnminütigen Kurzvortrag und standen anschließend rund 60 Minuten lang für Rückfragen und Kommentare seitens der Journalisten, der anderen Experten und des übrigen Publikums zur Verfügung. Die Qualität der Beiträge war konstant sehr hoch. Positiv überraschten vor allem die Journalisten, deren Rückfragen und Kommentare von guten Vorkenntnissen im Themenbereich „Regionale Integration“ zeugten.

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Foto der Diskussionsrunde

Die Zusammensetzung der Referentengruppe wurde dem inhaltlichen Anspruch der Veranstaltung gerecht. Aus Argentinien nahm Botschafter Fernando Petrella vom Argentinischen Zentrum für Internationale Beziehungen (CARI) teil. Aus Paraguay war Marco Caballero Giret vom Verwaltungsrat des binationalen Wasserkraftwerks Yaciretá (Paraguay-Argentinien) gekommen. Das Land Guyana, nächster Inhaber der UNASUL-Präsidentschaft pro tempore, war durch seinen Botschafter Harry Narine Nawbatt vertreten. Auf brasilianischer Seite referierten Botschafter Rubem Antônio Corrêa Barbosa, Berater für Internationale Angelegenheiten im Ministerium für Energie und Bergbau, sowie Thales Cavalcanti Castro, Berater für Internationale und Interinstitutionelle Beziehungen der Katholischen Universität von Pernambuco (UNICAP).

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von links nach rechts: Thales Cavalcanti Castro(UNICAP), José Botafogo Gonçalves(CEBRI) und Botschafter Rubem Antônio Corrêa Barbosa

Die unterschiedlichen Sichtweisen der Experten aufgrund ihrer jeweiligen Herkunft verlieh der Diskussion Authentizität und Lebendigkeit, indem sie wichtige Kontroversen der Integrationsdebatte widerspiegelten. Die Journalisten erhielten dadurch wertvolle Eindrücke und wurden zur kritischen und differenzierten Auseinandersetzung mit der Thematik angeregt. Letzteres ist als das vielleicht nachhaltigste Ergebnis der Veranstaltung zu sehen, da die Journalisten in ihrer Funktion als Multiplikatoren die Möglichkeit haben, diese Debatte einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln.

Ein Schwerpunkt der Diskussion lag auf energiepolitischen Fragen, die auch im Zentrum der Zusammenarbeit innerhalb der UNASUL stehen. Hier habe UNASUL bislang die meisten Fortschritte vorzuweisen. Ziel sei, gemeinsam die Energiesicherheit auf dem Kontinent zu garantieren und dabei die wirtschaftlichen Interessen der einzelnen Staaten zu berücksichtigen. Man setze hierzu neben der Wasserkraft vor allem auch auf erneuerbare Quellen wie Wind- und Solarenergie, Biomasse und Biokraftstoffe.

Einigkeit herrschte darüber, dass die Integrationsthematik in der Bevölkerung populärer gemacht werden müsse. Die Politik sei auf Partizipation der Menschen angewiesen. Gemeinsam gelte es, die praktischen Probleme anzugehen und Fortschritte dort zu erzielen, wo dies möglich ist. Die EU könne hierzu wichtige Anregungen geben, dürfe aber nicht zu einem utopischen Vorbild werden, das dazu verleiten könne, falsche Harmonie vorzutäuschen und die Differenzen zwischen den südamerikanischen Staaten unter den Teppich zu kehren.

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