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Veranstaltungsberichte

Vierter Europatag

von Friedrich Christian Matthäus

Rio de Janeiro feiert die Europäische Woche

In Kooperation mit dem Zentrum für Internationale Studien der Getulio-Vargas-Stiftung sowie der Delegation der Europäischen Union in Brasilien organisierte die Konrad-Adenauer-Stiftung Brasilien den Vierten Europatag im Europäischen Haus, dem Verwaltungssitz der deutschen und französischen Generalkonsulate in Rio de Janeiro. Zahlreiche Vertreter des diplomatischen Corps, Führungsfiguren renommierter brasilianischer Politinstitutionen sowie interessierte Masterstudenten wohnten dem eintägigen Event bei.

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Der Europatag, der nun bereits zum vierten Mal in Folge in Rio de Janeiro abgehalten wurde, verdeutlichte erneut die stetige Intensivierung der europäisch-brasilianischen Beziehungen. In drei thematischen Panels setzten die Organisatoren den Schwerpunkt auf Nachhaltige Entwicklung Europas und zeigten Herausforderungen, Erfolgsgeschichten sowie Risikofaktoren des Kontinents auf. Städteplanung, Klimawandel, die Debatte um die Weiterentwicklung der 2015 auslaufenden VN-Milleniumsziele sowie Europäisches Mehrebenen-Regieren standen u.a. zur Debatte, an der auch das Publikum regen Anteil nahm.

Eröffnet wurde die Veranstaltung von Felix Dane, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung Brasilien sowie EU-Botschafterin Ana Paula Zacarias. Oswaldo Biato, Leiter des Referats Europa im Brasilianischen Außenministerium, stellte die aktuellen europapolitischen Debatten, welche derzeit auf diplomatischem Parkett in Brasília abgehalten werden, vor. Die deutschen und französischen Generalkonsule nutzten die Eröffnung, um einen europäischen „Buddy-Bären“ zu enthüllen, der als Symbol für die europäischen Grundwerte Toleranz und Einheit steht. „Einheit in Vielfalt“ werde, so waren sich die Redner einig, auch im 65. Jahr nach dem Schuman-Plan, weiterhin gelebt. Der Traum Adenauers eines vereinten Europas werde – trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten – nie so intensiv gelebt wie heutzutage.

Das erste thematische Panel debattierte das Europäische Jahr für Entwicklung und fragte nach Nachhaltigem Wirtschaften. Die EU und ihre 28 Mitgliedsstaaten zeichnen für mehr als die Hälfte aller weltweit geleisteten Entwicklungshilfe verantwortlich und Entwicklungszusammenarbeit genieße laut Haroldo Macho Filho vom VN-Entwicklungsprogramm einen überwältigenden Rückhalt in der europäischen Bevölkerung. André de Mello e Souza brachte den Zuhörern die Rolle Brasiliens als aktiver Akteur in der Internationalen Entwicklungszusammenarbeit näher. Diese habe vor allem im 21. Jahrhundert sowohl monetär als auch geographisch bedeutend zugenommen, sodass Brasilien ein bedeutender Faktor als Geber von Entwicklungshilfe auch außerhalb des lusophonen Sprachraumes sei. Bettina de Souza de Guilherme berichtete indes von persönlichen Erfahrungen als Mitarbeiterin des Europäischen Parlaments über Reisen in Krisengebiete und warf die Frage auf, wie illegale Geldflüsse, die mancherorts die Summen offizieller Entwicklungshilfe überstiegen, durch koordinierte Zusammenarbeit demokratischer Geldgeber und verbesserte Kontrollmechanismen eingedämmt werden könnten. Mario Mottin, Koordinator für Nachhaltige Entwicklung im Brasilianischen Außenministerium, ging in seinem Vortrag auf die brasilianischen Positionen in den Vereinten Nationen ein und erläuterte den Anwesenden die brasilianischen Vorstellungen eines Internationalen Umweltregimes.

Das zweite Panel stand im Fokus der Diskussionen um die Herausforderungen eines sauberen wie nachhaltigen Energieregimes: Ton Dassen vom Niederländischen Umweltagentur PBL, wies auf erstaunliche wie erschreckende Zahlen hin und benannte unser Zeitalter klar als Anthropozän. In diesem Menschenzeitalter der Erdgeschichte stünden die Städte als Sammlungsorte im Zentrum; darum müssten diese funktionaler werden, d.h. betriebswirtschaftlich Kosten-Nutzen-Analysen erstellen, die Umweltversehrtheit und Lebensqualität als entscheidende Faktoren zur Grundlage nehmen. Rui Ludovino, der in der EU-Botschaft in Brasília für Fragen des Klimawandels verantwortlich zeichnet, stellte den Konvent der Bürgermeister, eine EU-weite Initiative für Bürgermeister mittelgroßer und großer Städte in der Europäischen Union vor, die bereits 6000 Mitglieder zählt und sich verpflichtet hat, das EU-weite Ziel einer Treibhausreduktion von 20% gegenüber dem Niveau des Jahres 1990 bis 2020 zu erreichen, noch zu übertreffen. Da die Folgen des Klimawandels besonders die Städte treffen werden, seien derartige Initiativen unverzichtbar. Das Projekt werde sich nun weltweit etablieren und sei somit auch eine interessante Plattform Nachhaltiger Entwicklung für die Stadtverwaltungen brasilianischer Kommunen.

Im dritten Panel stand das Europäische Regieren auf mehreren Ebenen im Zentrum: David Spence von der London School of Economics bemängelte, dass sich im Tagesgeschäft die Diskussionen der Europäischen Institutionen häufig um Monetäres drehten, währen die großen Ziele und Ambitionen, welche Politiker wie Schuman, Adenauer und de Gaulle vertraten, ins Hintertreffen gerieten. Dem gelte es, durch zivilgesellschaftliches Engagement energisch gegenzusteuern; nicht auch, um rechtspopulistischen Tendenzen mit klugen Argumenten entgegenzutreten. Thanos Dakos von der Griechischen Stiftung für Europäische und Internationale Politik wünschte sich mehr Integration zur Überwindung der ökonomischen Krise, die sich insbesondere in seinem Heimatland manifestiere und nannte beispielhaft eine bereits seit Jahrzehnten diskutierte Europäische Energieunion, die aber nie über Diskussions-und Planungsstadien hinaus gekommen sei. Miriam Saraíva, Dozentin an der Staatlichen Universität zu Rio de Janeiro (UFRJ), fragte in ihren Ausführungen, ob Brasilien zwei Gesichter habe – ein traditionell westliches, das kulturell, sprachlich und historisch gen Europa und nach Nordamerika schaue sowie ein nun neu gewonnenes namens BRICS. Ob Brasilien so auf internationaler Ebene ein Verteidiger etablierter Normen („norm follower“) werde, neue Normen mitkreieren möchte („norm setter“) oder die bestehende Ordnung nicht akzeptieren werde („norm breaker“) diskutierte sie anhand mehrerer Beispiele.

Die Abschlussrunde nahmen die Teilnehmenden indes zum Anlass, den Stand der europäisch-brasilianischen Beziehungen abschließend zu würdigen. Die Sprecher waren sich einig, dass Brasilien und die EU vor denselben Herausforderungen in der Internationalen Umwelt-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik stehen und somit mehr als nur Partner sind.

Ein feierlicher Empfang in der Residenz des Deutschen Generalkonsuls rundete den Vierten Europatag in Rio de Janeiro würdevoll ab.

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Gregory Ryan

Europa-Flagge |Foto: Magnus Manske/wikipedia Magnus Manske/wikipedia

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