Asset-Herausgeber

Einzeltitel

WTO - Doha - USA

von Denis Schrey

Asset-Herausgeber

Am 06. Juli trafen sich zum fünften Mal die Mitglieder der

WTO-Arbeitsgruppe auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung und des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI) im Europabüro der Stiftung. John Sammis, Attachée für wirtschaftliche Zusammenarbeit der US-Vertretung bei der Europäischen Union, präsentierte die amerikanische Sicht der Dinge betreffend den Stand der Doha-Verhandlungen.

Sammis beklagte mehrfach, dass die USA in der Öffentlichkeit als die Hauptschuldigen für das Stocken der Verhandlungen präsentiert und wahrgenommen würden. Tatsächlich (mit-)verantwortlich für den zähen Fortgang der Verhandlungen ist laut Sammis hingegen die Bildung taktischer Koalitionen zwischen mehreren Verhandlungsblöcken, etwa zwischen Brasilien und der EU. Erforderlich sei deshalb eine bessere Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA. Der Eindruck eines fundamentalen Dissenses sei auf die einseitige Herausstellung der Unterschiede zwischen beiden Blöcken bei gleichzeitigem Verschweigen der Gemeinsamkeiten zurückzuführen.

Der öffentliche Druck auf die USA als vermeintlichem Sündenbock führe zudem dazu, dass Interessengruppen innerhalb der Vereinigten Staaten zu einer „Flucht nach vorn“ und somit zu maximalen Verhandlungspositionen drängten.

Prinzipielle Konzessionen müssten von allen grossen „Spielern“ gemacht werden. Die EU solle, so Sammis, weitere Senkungen der Agrarzölle beschließen. Darüber hinaus müssten die aufstrebenden Volkswirtschaften, insbesondere Indien und Brasilien zu signifikante Zollsenkungen bei Industriegütern bereit sein.

Gleichzeitig warb Sammis wiederholt um Verständnis für die US-Perspektive und betonte wie schwierig es sei, weit reichende Zugeständnisse bei den Agrarsubventionen auszuhandeln: Insbesondere das Gewicht der agrarisch geprägten amerikanischen Binnen-Bundesstaaten drohe hier jeglichen Kompromiss ins Wanken zu bringen. Insgesamt sei die Agrarpolitik für die USA wichtiger als für die EU; Einschnitte seien deshalb in den USA schwieriger zu vermitteln.

Sammis verteidigte mehrfach die Ansicht der Amerikaner, dass die Agrarpolitik insgesamt einen viel zu wichtigen Platz in den Verhandlungen einnimmt.

Von mehreren Teilnehmern wurde Kritik an der Politisierung der Gespräche laut. Diese belaste die Verhandlungen und deren Tempo. Die Uruguay-Runde etwa sei deutlich stärker von Experten als von Politikern geprägt worden. Bei den aktuellen Verhandlungen hingegen bestehe zwischen den aus den als Streitparteien bekannten Ländern stammenden Industrieverbänden ein weitaus größerer Konsens als auf Seiten der politischen Verhandlungsführer.

Kritik wurde auch gegenüber der Europäischen Union als Verhandlungspartner geäußert: Die Subventionen der EU seien insgesamt höher als die der Vereinigten Staaten. Große Schwierigkeiten gebe es außerdem bei der Abstimmung der Mitgliedstaaten sowie der Kommissare -hier wegen inhaltlicher Differenzen zwischen den einzelnen Ressorts - untereinander. Europa sei als Verhandlungspartner somit nicht immer berechenbar.

Hinsichtlich einer Entscheidung über das Scheitern der Verhandlungen maß Sammis den folgenden zwei Wochen zu entscheidende Bedeutung zu.

Diese zwei Wochen sind nunmehr abgelaufen und das Scheitern der Verhandlungen ist leider Realität. Die Doha-Runde ist vorerst am Ende und mit ihr die weitere Verrechtlichung und Liberalisierung der Weltwirtschaftsbeziehungen.

Eine Refokussierung auf regionale und bilaterale Abkommen wird für die meisten Länder die einzige Alternative darstellen.

Letztlich waren weder die USA noch die Europäer bereit, weitere essentielle Zugeständnisse beim Abbau ihrer Agrarsubventionen zu machen. Der von europäischer Seite vielfach geäußerten Meinung, die Verhandlungen seien am politischen Kalender der grössten Wirtschaftsmacht gescheitert, steht das amerikanische Argument, die europäischen Zugeständnisse beim Abbau der Agrarzölle seien nicht ausreichend gewesen, gegenüber.

Für die Industrie liegt die Verantwortung in der fehlenden Flexibilität der großen Schwellenländer Brasilien und Indien, ihre Zölle auf Industriegüter entscheidend zu senken. Brasilien und Indien wiederum klagen die EU und die USA an, ihre Agrarmärkte nicht ausreichend zu liberalisieren.

Entwicklungsländer sollten zu den eigentlichen Gewinnern dieser Runde zählen. Ein erfolgreicher Abschluss hätte ihnen zusätzliches Einkommen von ca. 200 Milliarden Dollar eingebracht - im Vergleich zu ca. 50 Milliarden Dollar internationaler Entwicklungshilfe ein beachtlicher Wohlstandsgewinn.

Die EU muss nun nach vorne zu schauen und ihre handelspolitische Strategie der Realität anpassen, ohne dabei die Interessen der ärmsten Länder zu ignorieren. Mandelsons Schuldzuweisung an die USA kann, wie schon Sammis feststellte, nicht der richtige Weg sein, um den Dialog konstruktiv weiterzuführen.

Asset-Herausgeber

comment-portlet

Asset-Herausgeber