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Vortrag

"Föderalismusreform in Deutschland in Zeiten der Globalisierung"

Luncheon-Roundtable mit Ministerpräsident Dieter Althaus

Am 28.11.2007 veranstaltete das Europabüro Brüssel der Konrad-Adenauer-Stiftung einen Luncheon-Roundtable mit dem Ministerpräsidenten des Freistaates Thüringen Dieter Althaus.

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Unter dem Titel „Föderalismusreform in Zeiten der Globalisierung“, erörterte der Ministerpräsident in seiner Rede die Notwendigkeit, sich, trotz verändernder äußerer Rahmenbedingungen und dem fortdauernden Abbau bestehender Hemmnisse, weiterhin die Vorzüge des Föderalismus vor Augen zu führen: Gelebte Vielfalt und Entwicklungsmöglichkeiten seien auch in Zukunft nur im Zusammenhang mit der bundesstaatlichen Struktur Deutschlands denkbar. Dies sei vor allem auch für den Freistaat Thüringen von überragender Bedeutung.

Der Ministerpräsident betonte zu Beginn seiner Rede die historisch gewachsene Eigenständigkeit Thüringens. Die bereits im Titel des „Freistaates“ anklingende Selbstständigkeit des Landes sei über Jahrhunderte hinweg gewachsen und damit in Thüringen fest verwurzelt. Gewissermaßen als Ausdruck und Ergebnis dieser Individualität Thüringens bezeichnete Althaus aus jüngster Vergangenheit die Feierlichkeiten zum 800. Jubiläum der heiligen Elisabeth, die Wiedereröffnung der Herzogin Anna Amalia Bibliothek sowie die Bundesgartenschau. Alle drei Ereignisse würden, jedes für sich, ein besonderes Zeugnis über die Leistung und die Bedeutung des Freistaates liefern. Sie seien wertvolle Erfahrungen, die die Identifikation der Menschen mit ihrem Land tiefgreifend stärken würden.

Nach dem Niedergang zweier totalitärer Regime, konnte Thüringen 1990 an seine geschichtliche Tradition anknüpfen und trat als eines der fünf neuen Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland bei. In den Augen des Ministerpräsidenten spielte die föderative Gestaltung des Landes für die Aufbauarbeit in den vergangenen 17 Jahren eine besondere Rolle. Vor allem die Mobilisierung der Bevölkerung sei durch den bundesstaatlichen Aufbau nachhaltig erleichtert worden.

In diesem Zusammenhang sei es vor allem von Bedeutung gewesen, den Bürger so nahe wie möglich mit dem Staat und seinen Institutionen zu verbinden. Auf diese Weise erwuchs dem Subsidiaritätsprinzip eine besondere Rolle. Es sei eine wichtige Voraussetzung für die Akzeptanz des demokratischen Systems durch die Bevölkerung, wenn die Bürger eindeutig erkennen können, wer für welche Angelegenheiten verantwortlich ist und wem sie im Zweifel ihre Legitimation erteilen oder wieder entziehen können. Diesem Anspruch würde am ehesten durch das System der regionalen Verantwortungsverteilung im Sinne des Föderalismus entsprochen.

In den folgenden Ausführungen plädierte Dieter Althaus dafür, die natürlichen Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern nicht als Nachteil, sondern vielmehr als Chance zu interpretieren und wahrzunehmen. In diesem Sinne erteilte er der Vorstellung, die Nation gewissermaßen als „Glättungsinstrument“ zur Nivellierung regionaler Differenzen zu nutzen eine klare Absage. Stattdessen sollte auch künftig der Wettbewerb zwischen den Ländern gefördert werden, um auf diese Weise die Leistungsfähigkeit konsequent sicherzustellen. Diese werde vor allem durch die Betonung der eigenen Vorzüge realisiert. Daher bedarf es statt der Vereinheitlichung und Uniformierung vielmehr der Revitalisierung und Stärkung der bestehenden regionalen Vorteile, sowohl in Kultur und Wirtschaft als auch in Bildung und Technologie. Die Historie in der alten Bundesrepublik habe den Erfolgscharakter dieser Praxis gezeigt: die Südländer, nach dem 2. Weltkrieg allesamt agrarisch geprägt, hätten es im Laufe der Zeit, dank der spezifischen Betonung ihrer Standortvorteile, an die Spitzenpositionen innerhalb Deutschlands geschafft. Unter den Bedingungen eines Verteilungsföderalismus sei ein solcher Aufstieg von vornherein ausgeschlossen gewesen. Das Stichwort laute in diesem Zusammenhang: Qualität und Vielfalt durch Wettbewerb.

Allerdings betonte der Ministerpräsident, dass der Wettbewerbsföderalismus keineswegs unvereinbar mit der Erfüllung solidarischer Fürsorgepflichten sei. Die Prioritäten des Wettbewerbsföderalismus seien lediglich anders gelagert: oberstes Ziel müsse es auch weiterhin bleiben, jedem Einzelnen die gleichen Chancen zur persönlichen Entfaltung bereitzustellen und nicht ein a priori festgelegtes Niveau an materiellen Transfers zu garantieren. Stattdessen liege die Solidaraufgabe des Staates darin, den Menschen die Befähigungsmöglichkeit bereitzustellen, um damit die Entwicklung der individuellen und der gesamtgesellschaftlichen Leistungsfähigkeit zu garantieren. Solidarität sei daher zum einen die notwendige Hilfe in der Not und darüber hinaus die Unterstützung der Menschen auf ihrem Weg zur Selbstverwirklichung. Als weiteren Vorzug des Wettbewerbsföderalismus bezeichnete Ministerpräsident Althaus die Fähigkeit, auf bestimmte Problemlagen differenzierte Lösungsansätze bereitzuhalten. Beispielhaft nannte er dabei die Herausforderungen, die durch die jüngsten PISA-Ergebnisse erwuchsen. Aufgrund der unterschiedlichen Ergebnissen in den Bundesländern, sei eine national-einheitliche Lösung keine adäquate Antwort. Diese könnte alleine durch die regional-differenzierte Betrachtung der jeweiligen Resultate erfolgen.

Durch die Föderalismusreform I und die mit ihr verbundenen Regelungen, u.a. klarere Kompetenzzuweisungen zwischen Bund und Ländern, Stärkung des Wettbewerbsmoment durch mehr Kompetenzen, sei ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg zur Modernisierung des bundesstaatlichen Systems vollzogen worden. Dieser Weg müsse nun durch die Föderalismusreform II und die damit einhergehende Neuregelung der Finanzsystems der Bundesrepublik Deutschland fortgesetzt werden. Die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern auf der einen und zwischen den Ländern untereinander auf der anderen Seite sei unumgänglich, damit Deutschland auch in Zukunft den Problemen des 21. Jahrhunderts mit adäquaten Lösungsansätzen entgegentreten könne. Vor allem der verstärkte internationale Wettbewerb in Zeiten der Globalisierung stelle die Länder vor schwierige Herausforderungen. Elementare Voraussetzung für die Konkurrenzfähigkeit eines deutschen Bundeslands in naher Zukunft sei ein gesunder Finanzhaushalt, der dem Land auch in den nächsten Jahren die nötige Handlungsfreiheit gewährt. Als konkrete Maßnahme bezeichnete der Ministerpräsident ein mögliches Schuldenverbot, das künftige übermäßige Finanzausgaben, nur in Verbindung mit einem verbindlichen Tilgungsplan zulassen soll. Ferner regte Althaus eine Art Finanzplanungsrat an, der darüber wachen sollte, dass die Länder demnächst Gelder nur in vorhandenen Maße investieren können, sowie die Errichtung eines Fonds, mit dessen Hilfe die verschuldeten Länder von ihren Altlasten befreit würden. Auf diese Weise könnten hohe Schuldenstände künftig vermieden werden und Gelder nachhaltiger zur Stärkung der Entwicklungsdynamik verwendet werden. Abschließend mahnte Dieter Althaus an, angesichts des wichtigen Projekts der Föderalismusreform, unter den institutionell günstigen Bedingungen der großen Koalition, mit ihrer 2/3- Mehrheit in Bundesrat und Bundestag, die Chance zur Verfassungsänderung nicht verstreichen zu lassen, sondern stattdessen die notwendige Umgestaltung in naher Zukunft zu vollziehen.

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Dr. Peter R. Weilemann †

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