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"Demokratieverständnis und Interessenvertretung in Sub-Sahara Afrika"

von Denis Schrey

Konferenzbericht

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“Interessenvertretung und Demokratieverständnis in Sub-Sahara Afrika”

Das Europabüro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Brüssel veranstaltete am 21. und 22. September 2006 einen Workshop zum Thema: „Demokratieverständnis und Interessenvertretung in Subsahara- Afrika“. Dem Workshop ging ein zweitägiges Dialogprogramm voraus, in dem vier Partnerdirektoren der Konrad-Adenauer-Stiftung (Dr. Justine Hunter – Project Manager, Public Dialogue Centre at the Namibia Institute for Democracy, Windhoek, Namibia; Mr. Vincent Kiwanuka Kalimire – Administrator at the Foundation for African Development, Kampala, Uganda; Prof. Victor Topanou – Chaire UNESCO, Faculté de droit et de sciences politiques, Cotonou, Benin ; Ms Elizabeth Sidiropoulos – Director of the South African Institute for International Affairs, South Africa) mit Vertretern europäischer Institutionen, Think Tanks und Nichtregierungsorganisationen über die wirtschaftliche, politische und soziale Situation in ihren Ländern diskutierten. Insgesamt lassen sich drei Ziele das Dialogprogrammes benennen. Die Partner der Konrad-Adenauer-Stiftung sollen während des Dialogprogrammes einen Einblick in die Funktions- und Arbeitsweise der europäischen Institutionen erhalten. In den Gesprächen mit Vertretern von Europaid, der Generaldirektion Entwicklung der EU-Kommission, sowie Vertretern der europäischen Zivilgesellschaft sollen die Partner Ihre Sicht zur sozialen, wirtschaftlichen und politischen Situation in ihren Ländern präsentieren. Insbesondere mit den zuständigen Länderreferenten (Desk Officers) der Kommission sollen inhaltliche Auseinandersetzungen über die Schwerpunktsetzung der EU- Länderstrategiepapiere geführt werden. Drittes Ziel ist es Kooperationsmöglichkeiten unserer Partner mit der KAS bei der Bewerbung um europäische Projektgelder zu diskutieren und zu identifizieren.

Die Dialogprogramme schliessen mit einem Workshop ab. Kernthema des Workshops war die Rolle repräsentativer Institutionen der legitimen Interessenvertretung in Subsahara- Africa. Neben der Rolle der zivilgesellschaftlichen Organisationen und deren Einflussnahme auf den Prozess der politischen Willensbildung ging es in den drei Panels um die Frage, welche Institutionen in verschiedenen Ländern Subsahara Afrika’s die höchste Legitimität besitzen, effiziente Interessenvertretung zu gewährleisten. Die Rolle zivilgesellschaftlicher Organisationen, deren Beziehung zu den politischen Institutionen, sowie deren Funktion als Sprachrohr von Interessen war Thema des ersten Panels.

Laut Frau Agboton von der senegalesischen Bewegung gegen Kleinwaffen (MALAO) bilden die allgemeine Verarmung, die massive Ausbeutung von Ressourcen und eine überwiegend junge Bevölkerung, im Zusammenhang mit der weiten Verbreitung von Kleinwaffen, ein explosives Cocktail, dass in vielen afrikanischen Ländern zu explodieren droht, worauf die zunehmenden militärischen Konflikte hindeuten.

David Colthart, Abgeordneter der zimbabwischen Bewegung für den demokratischen Wandel deutete darauf hin, dass das Netzwerk von NGOs in Zimbabwe sehr vielschichtig sei und ein weites Spektrum von Aktivitäten abdecke, obwohl in den 90er Jahren viele Mitglieder der Zivilgesellschaft in die Politik gewechselt seien. Heute sei jedoch die Handlungsfreiheit der NGO’s durch die Einflussnahme der Regierung immer häufiger beeinträchtigt. Sie würden häufig als Instrumente des westlichen Imperialismus angesehen.

Herr Baum von der Generaldirektion Entwicklung der EU- Kommission hat die besondere Bedeutung des Cotonou Abkommens für die Förderung von Demokratie und Entwicklung unterstrichen, da es u.a. eine umfangreiche politische Dimension beinhalte. Erstmals sei in dem Abkommen die Teilnahme von NGOs und lokalen Behörden am politischen Dialog zwischen der EU und den ACP Staaten institutionalisiert worden.

Marie Soleil France vom Panos Institut für Medienfreiheit aus Paris berichtete, dass die Diversifizierung und der Pluralismus der afrikanischen Medienlandschaft häufig wegen der mangelnden Schulung und Ausstattung von Journalisten sowie der fehlenden politischen Förderung beeinträchtig würden.

Im zweiten und dritten Panel wurde die Bedeutung des „Good Governance“ Konzeptes sowie die Rolle politischer Parteien und nationaler Parlamente für die demokratische Entwicklung Afrika’s diskutiert.

Herr Professor Apraku, der ehemalige Wirtschaftsminister Ghanas, stellte fest, dass sich in Afrika zur Zeit eine Demokratisierungswelle verbreitet. Afrikaner hätten endlich erkannt, dass es einen engen Zusammenhang zwischen Entwicklung und Good Governance gibt, ganz im Sinne des NEPAD Programms.

Der EP Abgeordnete Michael Gahler, Vize Präsident des Entwicklungsausschusses lobte die NEPAD Initiative, weil sie eine von den Afrikanern selbst entschiedene, autonome Entwicklungsstrategie sei. Gahler ermahnte die Afrikanischen Parlamente dazu, sich mehr in den Vordergrund zu stellen und an Bedeutung gegenüber der Exekutive zu gewinnen, genau so wie das EP sich seine Stellung im europäischen Institutionengefüge erkämpfen müsse.

Herr Darmuzy aus der Generaldirektion Entwicklung der Kommission hat auf die zunehmende Politisierung der Beziehung zwischen der EU und den afrikanischen Staaten hingewiesen, u.a. im Rahmen des Cotonou Abkommens.

Herr Chalier von der Belgischen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (BTC) hat weiterhin auf die zunehmende Bedeutuung der „Good Governance“ hingedeutet. Belgien engagiere sich zunehmend beim Aufbau staatlicher Strukturen. Die Aufbau von personellen und materiellen Kapazitäten nationaler Parlamente sei ein neuer Förderschwerpunkt der belgischen Regierung.

Frau Sidiropoulos, Leiterin des südafrikanischen Instituts für internationale Angelegenheiten, hat die Wichtigkeit von demokratischen Verfassungen für die demokratische Konsolidierung sowie die von charismatischen demokratiebewussten politischen Eliten unterstrichen. Sie kritisierte , dass es in Süd-Afrika eine besorgniserregende ökonomische Kluft zwischen Weiß und Schwarz gibt, obwohl die makroökonomischen Ergebnisse der bisherigen Regierungen gut seien. Die politischen Trennungslinien seien somit immer noch von der Hautfarbe bestimmt. Ein weiteres Problem sei die Prädominanz der ANC Partei in den Institutionen, die die Demokratisierung schwächt, weil somit nur noch eine außerpolitische und außerparlamentarische Opposition bestehe. Dies hat auch Herr Zondi, Generalsekretär der Inkatha Freedom Partei, bestätigt. Weiterhin sei es problematisch, dass die Unterstützung anderer Parteien als die ANC von vielen Wählern als ein Verrat empfunden würde, so dass die Stimmenenthaltung bevorzugt wird.

Herr Livingstone Sewanyana, Leiter der Stiftung für Menschenrechte in Uganda, bemerkte, dass die Stärkung der demokratischen Verfassungen und Institutionen keine nachhaltige Wirkung habe, wenn sich die Regierung nicht gleichzeitig gegen den mangelnden Respekt vor den Bürger- und Menschenrechten einsetze. Weiterhin fehle es in der politischen Kultur und unter den Eliten an Verständnis und Akzeptanz für das Prinzip der Meinungsverschiedenheit, die unter dem Vorwand der nationalen Sicherheit eingeschränkt wird. Die überwiegende Rolle der Armeen in afrikanischen Staaten verstärke diesen Effekt.

Justine Hunter, Projektleiterin des namibischen Institut für Demokratie, hat auf die positiven Entwicklungen in Namibia aufmerksam gemacht, die u.a. von der Institutionalisierung der Menscherechte, einer starken zivilen Kontrolle über das Militär sowie von regelmäßigen freien Wahlen gekennzeichnet seien. Jedoch sei das politische System und die insbesondere die Machtverteilung im Parlament weiter von einer quasi nicht existenten Opposition gekennzeichnet.

Herr Kalimire, Leiter der Stiftung für die Entwicklung Afrikas, aus Uganda stellte fest, dass die Parlamente in Afrika von den Regierungen als reine „Konzessions“-Parlamente betrachtet würden, um die finanzielle Unterstützung der internationalen Gemeinschaft zu sichern. In Uganda verfügt zum Beispiel die Opposition über 55 von 333 Sitzen, und die Regierung zählt 67 Minister. Herr Kalimire hat weiterhin auf die Wichtigkeit der Schulung der Abgeordneten hingedeutet, um deren kritische und konstruktive politische Rolle zu fördern.

Herr Professor Hugon vom französischen IRIS stellt als Zusammenfassung dieser Debatte fest, dass in Afrika meistens Parlamente und Parteien existieren, was somit ein Grundstein der demokratischen Ordnung sei. Häufig verfügten die Parlamente aber über zu wenig finanzielle Mittel, um effizient funktionieren zu können. Internationale Hilfsgelder förderten häufig die Wahlen, aber nicht das ganze politische Umfeld, das sie bestimmt. Wahlen hätten somit einen hauptsächlich externen Legitimationszweck, nämlich die internationale Gemeinschaft zu beruhigen und finanzielle Hilfen zu sichern. Weiterhin seien die Parlamente von den internationalen Geberorganisationen nicht in den Verhandlungsmechanismus über die nationalen Haushalte miteinbezogen, sondern nur die Exekutive.

Die ausführlichen Ergebnisse dieser Konferenz werden in Kürze als Band V der Reihe „Democracy and Development“ European Dialogue Papers in Heftform erscheinen.

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