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KAS/Suhr

#KASkonkret

„Da rollt etwas auf uns zu“

von Maximilian Nowroth

#KASkonkret_01: Gestrandete Deutsche in Südafrika

Von allen afrikanischen Ländern ist Südafrika am stärksten vom Coronavirus betroffen. Wie stellt sich das Land der Krise? Auslandsbüroleiter Henning Suhr liefert bei der Premiere des neuen digitalen Eventformats #KASkonkret spannende Einblicke aus Johannesburg.

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In Südafrika treffen täglich tausende Touristen und Waren ein. Normalerweise. In diesen Zeiten aber ist nichts normal in dem afrikanischen Land – es herrscht Stillstand. Die von der Regierung verhängten Maßnahmen gegen das Coronavirus sind im Vergleich zu den Maßnahmen vieler anderer Länder sehr drastisch: Die Menschen dürfen nur noch allein auf die Straße und nur für das Nötigste. Der Reiseverkehr ist komplett ausgesetzt. Nach Angaben der Johns Hopkins University wurden fast 2.000 Südafrikaner positiv auf das Coronavirus getestet, 18 starben bereits an den Folgen der Lungenkrankheit. Wenn sich die Seuche so stark ausbreitet wie in Europa, droht dem Land eine kolossale Krise. Wie geht Südafrika damit um?

 

Diese zentrale Frage stand im Kern der Premiere von #KASkonkret, dem neuen digitalen Veranstaltungsformat des Politischen Bildungsforums NRW der Konrad-Adenauer-Stiftung. Weil alle Präsenzveranstaltungen bis Ende Mai abgesagt sind, hat das Büro Bundesstadt Bonn beschlossen, jede Woche ein Gespräch im Internet zu übertragen – und zwar im Livestream über die eigene Facebook-Seite. Maximilian Nowroth, Wirtschaftsjournalist und KAS-Altstipendiat, moderiert das Format. Am Dienstag um 17 Uhr sprach er mit Henning Suhr, dem Leiter des KAS-Auslandsbüros in Südafrika.

Corona in Südafrika: Die Folgen sind ungleich verteilt
Suhr wies zu Beginn auf die entscheidende Herausforderung des Landes hin: die Ungleichheit. So habe die Mittelklasse und die Oberschicht weniger Probleme, sich auf diesen „Lockdown“ einzurichten. „Für die Armen dagegen ist diese Ausgangssperre fatal“, sagte der 40-Jährige. Etwa die Hälfte der südafrikanischen Bevölkerung lebe häufig nur „von der Hand in den Mund“, viele hätten gar keine Arbeit. Und vor allem in den Townships – den dicht besiedelten Armenvierteln der großen Städte – wohnten die Menschen auf engstem Raum mit mehreren Leuten und könnten gar nicht den notwendigen Abstand halten. „Manche wissen jetzt gar nicht mehr, wie sie über die Runden kommen sollen.“

Wird die Ausgangssperre zu Aufständen in den Townships führen? Das hänge davon ab, wie lange dieser Lockdown dauert, sagte Suhr – und wies auf eine weitere Herausforderung hin: In Südafrika leben nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation mehr als sieben Millionen HIV-Infizierte. „Die Immunschwächekrankheit ist vor allem in den Epizentren Johannesburg und Kapstadt verbreitet – dort, wo auch die meisten Coronafälle auftreten.“ Er hoffe, dass diese Sorge unbegründet sei, sagte Suhr. „Aber falls diese immungeschwächten Personen besonders stark betroffen sind, kann diese Coronakrise hier zu einem riesigen Desaster werden.“

 

Wirtschaftliche Schäden: Die doppelte Krise

Neben den gesundheitlichen Gefahren sorgt das Virus in Südafrika für wirtschaftliche Schäden. „Viele Betriebe fangen bereits an, Menschen zu entlassen“, berichtete Henning Suhr. Immerhin habe die Regierung einen Fonds aufgelegt, der diese Folgen abfedern soll. Laut der Auslandshandelskammer sind in Südafrika mehr als 600 deutsche Unternehmen aktiv, die für 90.000 Arbeitsplätze sorgen. Für Deutschland ist das Land am Kap der wichtigste Handelspartner auf dem afrikanischen Kontinent. Doch die wirtschaftlichen Aussichten sind nicht gut.  


Henning Suhr: leitet seit drei Jahren das Auslandsbüro der KAS in Südafrika.

Schon vor dem Ausbruch des Virus gab es eine Wirtschaftskrise im Land. Alle internationalen Ratingagenturen haben die Kreditwürdigkeit Südafrikas auf „Ramschniveau“ herabgestuft, die Zinsen für neue Kredite werden also teurer. „Dabei hat die Regierung schon mehrere Jahre in Folge ein großes Defizit gemacht“, sagte Suhr. „Für Südafrika wird diese Corona-Krise zusätzlich zur bestehenden Wirtschaftskrise wahnsinnige Auswirkungen haben, woran das Land noch viele Jahre leiden wird.“ Die Regierung müsse jetzt eigentlich Reformen anstoßen und das Defizit unter Kontrolle kriegen. Aber das sei im Moment sehr schwer. Sein Fazit: „Da rollt etwas auf Südafrika zu.“

Immerhin gebe es auch eine positive Folge der aktuellen Verwerfungen: Weil die südafrikanische Währung Rand seit Anfang März fast ein Fünftel an Wert verloren hat, werden die Exporte der produzierenden Firmen für ausländische Kunden attraktiver. Davon profitieren sowohl einheimische landwirtschaftliche Betriebe als auch deutsche Autobauer – sobald die Werke wieder öffnen können. Außerdem könnte die schwächere Währung wegen des besseren Preis-Leistungs-Verhältnisses mehr ausländische Touristen ins Land locken, sagte Suhr.

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Rückholaktion für deutsche Touristen in Südafrika

Fast 10.000 deutsche Reisende wollten in den vergangenen Wochen jedoch nur noch eins: nach Hause. Sie alle haben sich auf der Seite Rückholprogramm.de registriert, berichtete Henning Suhr. „Die gute Nachricht ist: Es sind bereits ein paar Tausend zurückgeflogen.“ Er lobte diese „riesige Rückholaktion“, koordiniert von der Deutschen Botschaft und den Diplomaten des Auswärtigen Dienstes. „Die Kollegen haben da Großartiges geleistet.“ Auch sein Büro habe einigen besorgte Touristen helfen können.

Suhr betonte, dass die Rückholaktion auch ein großes Zeichen europäischer Solidarität sei. „Mindestens 15 Prozent der Plätze in den Flügen, die über die deutsche Botschaft organsiert wurden, waren für Reisende aus anderen europäischen Ländern reserviert.“ Vor allem Staaten, denen die finanziellen und organisatorischen Mittel für solch eine Aktion fehlten, seien Deutschland besonders dankbar gewesen.

 

Europäische Solidarität für Afrika?

So schön diese innereuropäische Unterstützung ist, so sehr fragt man sich natürlich mit Blick auf die Zukunft: Was tun wir Europäer eigentlich, um Afrika im Kampf gegen das Coronavirus zu helfen? Frank Windeck, der jahrelang das Medienprogramm in Sub-Sahara-Afrika für die KAS geleitet hat und mittlerweile die DigitalAkademie im Büro Bonn verantwortet, hat dazu eine klare Meinung:

„So unterschiedlich die afrikanischen Länder auch sind, haben sie eins gemeinsam: Ihre Gesundheitssysteme stehen auf ziemlich wackligen Beinen. Eine globale Pandemie lässt sich nicht mit nationalen Alleingängen bekämpfen, sondern nur auf globaler Ebene. Das bedeutet: Wir müssen die Gesundheitssysteme Afrikas stützen und unterstützen – und damit den Menschen helfen.“


Gespräch bei #KASkonkret zwischen Südafrika und Deutschland: live auf Facebook.

Das Gespräch zwischen Henning Suhr und Maximilian Nowroth hat auf Facebook schon mehr als 2.000 Aufrufe und einige Zuschauer nutzten die Möglichkeit, live Fragen zu stellen. Jemand wollte wissen, wie sich die aktuelle Lage auf das Engagement Chinas in Südafrika auswirkt. Darauf antwortete Suhr: „Wir von der Adenauer-Stiftung betrachten das schon ein wenig mit Sorge, wie China versucht, aus dieser Corona-Krise einen Imagewandel zu vollziehen, indem sie Hilfslieferungen schicken.“ Er beobachte, dass die südafrikanische Regierung aktuell häufig die Beziehungen zu China hervorhebt. Dabei sei Deutschland ja ein genauso wichtiger Handelspartner. Und China verfolge dabei auch politische Interessen. „Die sind hier sicherlich nicht nur als Samariter unterwegs.“

 

Politische Bildung in Zeiten von Corona: digital und interaktiv

Zum Abschluss des Gesprächs verkündete Henning Suhr noch eine gute Nachricht: Um die politische Bildung des Büros in Südafrika auch in diesen Zeiten möglich zu machen, gibt es eine neue Kooperation mit der Internetzeitung Daily Maverick. „In zehn Webinaren werden wir gemeinsame politische Diskussionsveranstaltungen im Netz organisieren“, sagte Suhr.

Der Vorteil der digitalen Events ist, dass damit auch ganz neue und jüngere Zielgruppen erreicht werden. Außerdem können sich alle die Veranstaltung erneut anschauen und kommentieren, wann immer sie wollen. Auf der Facebook-Seite der KAS Bonn ist das Live-Gespräch mit Henning Suhr hier abrufbar.

Am Dienstag, 14. April um 17 Uhr geht #KASkonkret in die zweite Runde. Dann wird Dr. Wolfgang Picken zu Gast sein, er ist Stadtdechant in Bonn. Passend zu Ostern geht es um die Frage, wie die Kirche in diesen Zeiten präsent bleiben kann. Wir freuen uns sehr, wenn Sie dabei sind – bis dann, wir sehen uns!

Wer das Interview mit Henning Suhr noch einmal in ganzer Länge sehen will, für den haben wir es hier gepostet.

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Kontakt

Frank Windeck

Frank Windeck bild

Referent DigitalAkademie, Büro Bundesstadt Bonn

Frank.Windeck@kas.de +49 2241 246-2314 +49 2241 246-54257

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