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Eckart Werthebach (Quelle: Marie-Lisa Noltenius/KAS-ACDP) Eckart Werthebach (Quelle: Marie-Lisa Noltenius/KAS-ACDP) © Marie-Lisa Noltenius/KAS-ACDP

Eckart Werthebach

Jurist, Innensenator 17. Februar 1940 Essen
von Markus Lingen

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Familie und Ausbildung

Geboren wird Eckart Werthebach am 17. Februar 1940 in Essen. 1960 legt er das Abitur ab. Anschließend beginnt er an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg ein Jurastudium, das er 1966 und 1971 mit den juristischen Staatsexamen abschließt. 1969 wird er mit dem verfassungsrechtlichen Thema „Das Einwirken des Verfassungsrechts auf das Arbeitsverhältnisrecht“ zum Dr. jur. utr. promoviert.

 

Berufliche Laufbahn

Nur kurze Zeit ist Werthebach Beamter bei der Bezirksregierung Unterfranken. Er geht nach Bonn und wird Mitarbeiter im Bundesinnenministerium, wo er „im Hause“ Karriere macht. Vielfältige Aufgaben in den Ministerialabteilungen für Dienst- und Verfassungsrecht nimmt er wahr und wird 1976 persönlicher Referent des Staatssekretärs Siegfried Fröhlich. Nun ist er im Bereich der Inneren Sicherheit tätig und betraut mit der Fachaufsicht über das Bundeskriminalamt. Ein Schwerpunkt für ihn ist in dieser Zeit die Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität. Ab 1981 wechselt er in die Fachaufsicht über das Bundesamt für Verfassungsschutz.

1977 ist Werthebach Mitglied der Krisenstäbe nach der Ermordung von Generalbundesanwalt Buback, dem Dresdner-Bank-Chef Ponto und nach der Entführung und Ermordung von Arbeitgeberpräsident Schleyer. Diese Zeit prägt ihn nachhaltig in der Bewertung des Terrorismus von rechts und links.

1988 wird er ständiger Vertreter des Abteilungsleiters für Innere Sicherheit und ist maßgeblich an der Entstehung des neuen Verfassungsschutzgesetzes beteiligt, das 1990 in Kraft tritt. In der Zeit der Wende wird Werthebach (März-Oktober 1990) Berater in der DDR-Regierungskommission zur Auflösung des Staatssicherheitsdienstes.

 

Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz

Auf Vorschlag von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble wird Werthebach 1991 Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Eine große Aufgabe ist der Aufbau der Strukturen des Verfassungsschutzes in den neuen Bundesländern. Der Verfassungsschutz steht vor der spezifische Aufgabe, in den neuen Ländern gegen militante Rechtsextremisten vorzugehen.

In seiner Amtszeit befürwortet Werthebach eine Amnestie für Agentenführer und Spione der früheren DDR-Staatssicherheit, eingegrenzt auf Mitarbeiter der früheren Hauptverwaltung Aufklärung.

Es gibt auch Überlegungen, ob der Verfassungsschutz nicht auch bei der Überwachung von Waffenexporten oder bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität eingesetzt werden soll. 1992 warnt Werthebach vor nationalem Terrorismus, von links wie von rechts und fordert politische Lösungen. 1995 stellt er die zunehmende Gewalt von ausländischen extremistischen Gruppierungen fest, besonders die in Deutschland verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und einige islamistische Organisationen.

In seiner Amtszeit wird er von der Opposition wiederholt wegen Unstimmigkeiten bzw. Kompetenzüberschreitungen des Verfassungsamtes kritisiert. Seine Arbeit wird trotzdem weitgehend als „solide und zuverlässig“ eingestuft, und so ist er 1994 als Kandidat für das Amt des Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes im Gespräch.

 

Staatssekretär und Innensenator

Am 25. April 1995 wird Werthebach zum Staatssekretär im Innenministerium berufen als Nachfolger von Franz Kroppenstedt. In seinem neuen Amt ist die vorrangigste Aufgabe die Reform des öffentlichen Dienstes.

Nach dem Regierungswechsel 1998 in Bonn will der neue Bundesinnenminister Otto Schily Werthebach in den einstweiligen Ruhestand versetzen. Diesem entgeht er und wechselt als Innensenator nach Berlin. Da der Berliner Innensenator Jörg Schönbohm im Oktober 1998 zurücktritt, um mit der brandenburgischen Landespartei einen neuen Aufbruch zu wagen, schlägt der Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen, Werthebach als dessen Nachfolger vor. Am 12. November 1998 wird er mit 132 Stimmen vom Berliner Abgeordnetenhaus in dieses Amt gewählt.

Er kommt in stürmischen Zeiten in sein neues Amt. Nach der Verhaftung des Anführers der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK), Abdullah Öcalan, 1999 reagieren Kurden in ganz Europa mit massiven Protesten und besetzen mehrere Botschaften und Konsulate. In Berlin werden drei Kurden bei einem Sturm auf das israelische Generalkonsulat in Berlin von den israelischen Sicherheitskräften erschossen. Werthebach muss sich den Vorwürfen stellen, er habe die Gefährdung der israelischen Vertretung bei den Angriffen kurdischer PKK-Anhänger falsch eingeschätzt.

Nachdem im Berliner Amt für Verfassungsschutz einige Skandale publik werden, löst Werthebach die Behörde Anfang 2000 auf und baut sie als Unterabteilung der Innenverwaltung völlig neu auf. Diese Entscheidung trifft bei allen Parteien auf breite Zustimmung. Ein weiterer Erfolg für ihn ist die Durchsetzung der Polizeireform in Berlin.

Nachdem die Berliner Bürgermeisterin und Senatorin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Christa Thoben, zurücktritt, wird Werthebach mit 89 von 164 Stimmen im Berliner Abgeordnetenhaus mit dem zusätzlichen Amt des Bürgermeisters betraut.

2001 fordert Werthebach ein „Spracherhaltungsgesetz“ nach französischem oder polnischem Vorbild, da er ein Überhandnehmen von Anglizismen im deutschen Sprachgebrauch verhindern möchte.

Am 12. Februar 2001 muss im Zuge eines Parteispenden- und Bankenskandals der wichtigste Verbündete von Bürgermeister Eberhard Diepgen, Klaus-Rüdiger Landowsky, als Vorstandschef der Berlin Hyp sowie als Fraktionsvorsitzender der CDU im Abgeordnetenhaus zurücktreten. Er wird für die milliardenschwere Schieflage der Bankgesellschaft Berlin AG verantwortlich gemacht, die wiederum ein Milliardenloch in den Landeshaushalt reißt. In der Opposition wird der Ruf nach Neuwahlen laut. Der Streit um die Finanzierung des Nachtragshaushaltes führt schließlich zum Ausstieg der SPD aus der Großen Koalition und der Bildung eines rot-grünen Minderheitssenates unter Tolerierung durch die PDS. So scheidet Werthebach aus dem Amt des Innensenators und geht nun in den Ruhestand.

 

Ruhestand

Nach dem im November 2006 bundesweit bekanntgewordenen Todesfall eines Häftlings der JVA Siegburg setzt die nordrhein-westfälische Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter eine Experten-Kommission, unter Leitung Eckart Werthebachs, ein. Die Kommission bewertet die Situation in nordrhein-westfälischen Jugendstrafanstalten als mangelhaft und fordert Verbesserungen. Die Kommission hat sich vor Ort in den fünf Jugendstrafanstalten Hövelhof, Herford, Iserlohn, Heinsberg und Siegburg und auch in Gesprächen mit Gefangenen ein Bild über die Lage gemacht. Sie gibt eine Reihe von Empfehlungen für Gewaltprävention in den Anstalten.

Im Jahr 2010 beauftragt Bundesinnenminister Thomas de Maizière eine Kommission unter der Leitung von Werthebach. Die „Werthebach-Kommission“ untersucht in ihrem Bericht die Schwächen der gegenwärtigen deutschen Sicherheitsarchitektur und analysiert die Mängel bei der Zusammenarbeit von Bundeskriminalamt (BKA), Bundespolizei und Zoll. Der Bericht fordert die Zusammenfassung von BKA und Bundespolizei zu einer „Polizei des Bundes“, um Kompetenzkonflikte und Doppelzuständigkeiten zu vermeiden.

Lebenslauf

  • 1962–1966 Jurastudium an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg
  • 1969 Promotion zum Dr. jur. utr.
  • 1971 bis 1991 Beschäftigung im Bundesministerium des Inneren in verschiedenen Positionen, u.a. Fachaufsicht über das Bundeskriminalamt, Fachaufsicht über das Bundesamt für Verfassungsschutz sowie ständige Vertretung des Abteilungsleiters für Innere Sicherheit
  • März 1990 bis Oktober 1990 Berater in der DDR-Regierungskommission zur Auflösung des Staatssicherheitsdienstes
  • 1991 bis 1995 Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz
  • 1995 bis 1998 Staatssekretär im Bundesministerium des Inneren
  • 1998 bis 2001 Senator für Inneres von Berlin
  • 2000/2001 zugleich Bürgermeister von Berlin, Mitglied der CDU seit Ende der 1990er Jahre.

 

Veröffentlichungen

  • Das Einwirken des Verfassungsrechts auf das Arbeitsverhältnisrecht, Würzburg 1969.
  • Hans Günther Merk/Eckart Werthebach: Innere Sicherheit, zweite verb. u. erg. Aufl., Mannheim 1986.
  • Rechtsstaatliche Verwaltung zwischen Politik und Ökonomie, in: Paul Kirchhof/Rupert Scholz/Eckart Werthebach: Die Akzeptanz des Rechtsstaats (Interne Studien Nr. 155), Sankt Augustin 1998, S. 41-52.
  • Gesundheitsmanagement in der Berliner Verwaltung. Dokumentation der Tagung vom 1. März 2000. Beiträge von Eckart Werthebach, Susanne Stumpenhusen, Rolf Busch. Hrsg. Rolf Busch, Berlin 2000.
  • In föderaler Vielfalt gegen Verfassungsfeinde. Verfahren und Voraussetzung für ein Verbot der NPD, in: Evangelische Verantwortung, H. 12/1 (2000), S. 1-3.
  • Deutsche Hochschule der Polizei (Hrsg.): Kooperative Sicherheit. Die Sonderpolizeien des Bundes im föderalen Staat (Sicherheit, Bd. 2), Baden-Baden 2011.

 

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