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Heinrich Franke, Portraitfoto Heinrich Franke, Portraitfoto

Heinrich Franke

Ingenieur, MdL Nds., MdB, Parl. StS., Präsident der Bundesanstalt für Arbeit 26. Januar 1928 Osnabrück 26. Juni 2004 Nürnberg
von Andreas Grau
Über viele Jahre gehörte Heinrich Franke zu den profiliertesten Sozialpolitikern der Union. Von 1984 bis 1993 stand der erfahrene Parlamentarier an der Spitze der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg. Als solcher trug er maßgeblich dazu bei, nach der Wiedervereinigung den sozialen Frieden in Deutschland zu bewahren.

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Familie und Berufsausbildung

Heinrich Franke stammte aus Osnabrück, wo er am 26. Januar 1928 geboren wurde. Sein Vater war Chemiearbeiter, die Mutter musste als Waschfrau zum Familienunterhalt beitragen. Wie sich Franke später erinnerte, habe seine Mutter häufig nicht gewusst, wie sie die Familie am nächsten Tag ernähren sollte. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs kam Franke im Zuge der Kinderlandverschickung nach Niederösterreich. Dort beendete er 1942 die Volksschule und begann eine Ausbildung zum Flugzeugmotorenschlosser. Aufgrund eines Sportunfalls 1943 musste er die Ausbildung aber jedoch abbrechen und besuchte stattdessen ab 1944 eine Ingenieursschule in Magdeburg. Anfang 1945 wurde der 17jährige zum Reichsarbeitsdienst einberufen und im März 1945 noch Wehrmachtssoldat. Das Kriegsende erlebte Heinrich Franke unversehrt bei Pilsen in der Tschechoslowakei, wo er von der Roten Armee gefangen genommen wurde. Als tschechoslowakischer Kriegsgefangener musste er später in der Landwirtschaft arbeiten. Anfang 1947 gelang Franke jedoch die Flucht nach Österreich und er kehrte nach Osnabrück zurück. Dort arbeitete er zunächst als technischer Zeichner bei der Post und bildete sich auf der Abendschule zum Techniker weiter. Ab 1950 war er bei Siemens in Osnabrück tätig und stieg dort 1962 zum Ingenieur für Schwachstromtechnik auf. 1951 heiratete Heinrich Franke seine Jugendfreundin Helga Kranz. Aus der glücklichen Ehe gingen sechs Söhne hervor.

 

Aufstieg in der CDU

Aufgrund seiner Erlebnisse in der NS-Diktatur und im Krieg beschloss Franke, sich für den Aufbau eines friedlichen und demokratischen Deutschlands zu engagieren. 1948 trat er deshalb in die Junge Union (JU) und in die CDU ein und wurde schon bald zum Kreisvorsitzenden der JU Osnabrück gewählt. Nachdem er 1954 zum stellvertretenden JU-Vorsitzenden im Landesverband Hannover aufgerückt war, stand er von 1958 bis 1965 an der Spitze des JU Hannover. Über die Landesliste zog er bereits 1955 in den Niedersächsischen Landtag ein. Daneben engagierte sich der überzeugte Katholik Franke auch in der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft, in der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung und in der CDA. Zehn Jahre gehörte er dem Niedersächsischen Landtag an, ehe er 1965 in den Deutschen Bundestag gewählt wurde. Dort erwarb sich Franke schon bald einen Ruf als Sozial- und Rentenexperte. 1976 wurde er deshalb zum Vorsitzenden des Arbeitskreises Sozial- und Gesellschaftspolitik der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag gewählt. Als solcher gehörte der begeisterte Skatspieler auch dem Vorstand seiner Fraktion an. In den Bonner Sitzungswochen standen auch Tennisstunden mit seinem Wohnungsnachbarn Wolfgang Schäuble häufig auf dem Programm von Heinrich Franke. Nach der Wahl von Helmut Kohl zum Bundeskanzler am 1. Oktober 1982 wurde er zum Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung – seinem Parteifreund Norbert Blüm – ernannt. Der neue Staatssekretär war insbesondere für die Koordination der Sozial- und Gesundheitspolitik und die Sanierung der Rentenkassen zuständig. Bereits damals war Franke jedoch klar, dass er auf Wunsch von Kohl die Nachfolge von Josef Stingl als Präsident der Bundesanstalt für Arbeit übernehmen sollte.

 

Von Bonn nach Nürnberg

Nach der Pensionierung von Stingl übernahm Heinrich Franke am 1. April 1984 die Leitung der Bundesanstalt in Nürnberg. Der Umzug von Osnabrück nach Franken fiel seiner Familie allerdings nicht leicht. Auch wurde Frankes Amtsantritt überschattet vom Streik der IG Metall für die Einführung der 35-Stunden-Woche. Im Verlauf des Arbeitskampfes wies Franke im Mai 1984 die Arbeitsämter an, keine Unterstützung an Arbeitnehmer außerhalb des Streikgebietes auszuzahlen, die nur mittelbar von Streik und Aussperrung betroffen seien. Die Gewerkschaft setzte sich gegen diese Maßnahme zur Wehr, die nach jahrelangem Rechtsstreit schließlich 1991 vom Bundessozialgericht für rechtswidrig erklärt wurde.

 

 

Im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit

Die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit mit ca. 2,5 Millionen Arbeitslosen versuchte Franke, der inzwischen CSU-Mitglied geworden war, mit Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zu bekämpfen. Außerdem rief er zum Abbau von Überstunden auf und sprach sich gegen eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit aus. Kritik an der Schwerfälligkeit seiner Behörde versuchte er mit der Einführung neuer EDV-Technik zu begegnen. Im Mai 1989 konnte Franke erstmals weniger als 2 Millionen Arbeitslose vermelden. Der bald darauf einsetzende Strom von Übersiedlern aus der DDR wurde von ihm als Bereicherung des Arbeitsmarktes begrüßt. Als nach der Wiedervereinigung die Bundesanstalt für Arbeit auch für die neuen Länder zuständig wurde, gelang es Franke, die Nürnberger Arbeitsverwaltung dort zügig und flächendeckend aufzubauen. Die nun rapide ansteigenden Arbeitslosenzahlen versuchte die Bundesanstalt durch umfangreiche ABM-Maßnahmen und Fortbildungen zu bekämpfen. Des Weiteren forderte Franke Bund und Länder zu massiven Investitionen in den neuen Ländern auf. Allen Vorschlägen nach der Einführung privater Arbeitsvermittler erteilte er eine klare Absage.

 

 

Ruhestand und Tod

Als Heinrich Franke im Januar 1993 altersbedingt aus dem Amt schied, erhielt er sowohl von den Arbeitgebern und als auch von den Gewerkschaften großes Lob für seine Arbeit. Der Duzfreund von Helmut Kohl verlebte seinen Ruhestand in Franken und zog sich bewusst aus der Politik zurück. Intensiv widmete er sich seinen Hobbys: Tennis, Golf und das Lesen zeithistorischer Bücher. Zur Tätigkeit der Bundesanstalt für Arbeit und seinem Amtsnachfolger Bernhard Jagoda äußerte er sich öffentlich nicht mehr. Am 26. Juni 2004 starb Heinrich Franke nach schwerer Krankheit in einem Nürnberger Krankenhaus an Blutkrebs. Auf eigenen Wunsch wurde er im Familiengrab in Osnabrück beigesetzt.

 

 

Lebenslauf

  • 26.01.1928 geboren in Osnabrück; katholisch
  • 1939 Kinderlandverschickung
  • 1942 nach Schulabschluss Ausbildung zum Flugzeugmotorenschlosser
  • 1943 nach Unfall ab 1944 Ingenieurschule in Magdeburg
  • 1945 Einberufung zur Wehrmacht
  • 1945 – 1947 tschechoslowakische Kriegsgefangenschaft
  • Jan. 1947 Flucht über Österreich nach Osnabrück
  • 1947 – 1950 technischer Zeichner und Ausbildung zum Techniker in Abendschule
  • 1948 Eintritt in die JU und CDU
  • 1950 Tätigkeit bei Siemens
  • 1962 Siemens-Ingenieur für Schwachstromtechnik
  • 1955 – 1965 MdL Niedersachsen
  • 1956 - 1958 Landessozialsekretär der CDU in Niedersachsen
  • 1958 - 1965 Vorsitzender der JU des LV Hannover
  • 1965 – 1984 MdB
  • 1969 – 1972 Geschäftsführer der Landesgruppe Niedersachsen
  • 1976 – 1980 Vorsitzender des AK Sozial- und Gesellschaftspolitik der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag
  • 1980 – 1982 Vorsitzender der AG Arbeit und Soziales
  • 1982 - 1984 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Norbert Blüm
  • 1984 – 1993 Präsident der Bundesanstalt für Arbeit
  • 26.06.2004 gestorben in Nürnberg

 

Veröffentlichungen

  • Heinrich Franke: Arbeit für alle. Wege aus der Krise in die Zukunft der Arbeitslandschaft, Herford 1987.
  • Heinrich Franke: Brennpunkt Arbeitsmarkt. Ein Lehrbuch für politische und betriebliche Praxis, Percha 1990.
  • Heinrich Franke: Arbeitswelt 2000. Strukturwandel in Wirtschaft und Beruf, Frankfurt a. M. 1991.

 

Literatur

  • Friedrich Buttler/Heinrich Reiter/Horst Günther/Richard Wanka (Hg.): Deutschland und Europa. Zusammenwachsende Arbeitsmärkte und Sozialräume. Festschrift für Heinrich Franke zum 65. Geburtstag, Stuttgart/Berlin 1993.

 

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