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Die Aussichten künftiger Europäischer Verteidigungskooperationen

von Claudia Crawford, Catja C. Gaebel
Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat in Kooperation mit dem Think Tank „Business for New Europe“ durch im Rahmen einer Podiumsdiskussion am 20. Juni im Naval and Military Club in London die Aussichten künftiger Europäischer Verteidigungskooperationen besonders in Hinblick auf die jüngste Wirtschaftskrise sowie die Haushaltseinschränkungen diskutiert.

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Das Podium setzte sich aus Christian Schmidt (MdB), Parlamentarischer Staatssekretär im deutschen Verteidigungsministerium, dem britischen Abgeordneten James Arbuthnot, Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, Dr. Florence Gaub vom NATO Defence College in Rom und Tomas Valasek, dem Direktor des Centre for European Reform, zusammen. James Blitz, Verteidigungskorrespondent der Financial Times, moderierte die Diskussion.

Die anglo-französische Vereinbarung über eine Verteidigungskooperation, die am 2. November 2010 unterzeichnet wurde, diente als Meilenstein für die Diskussion, welche sich auf die Herausforderungen und Möglichkeiten der Sicherheit und Verteidigung Europas konzentrierte. Die beiden Länder haben sich darauf geeinigt ihre Ressourcen zu bündeln. Das Übereinkommen beinhaltet Pläne für ein gemeinsames Expeditionskorps, die gemeinsame Nutzung von Flugzeugträgeren, gemeinsame Luftbetankung und, was wohl am bedeutsamsten ist, die gemeinsame Forschung zu und das tatsächliche Testen von Nuklearsprengköpfen.

Das Format von Verteidigung und militärischen Kapazitäten macht aber das Zusammenlegen von Ressourcen schwer. Darf die Qualität bei der Frage, ob Europa bereit ist, ähnliche Arrangements auf Institutionsebene zu erreichen, außer Acht gelassen werden? Was braucht, was will Europa in Bezug auf Verteidigung? Und, wie können diese Bedürfnisse und Ziele erreicht werden?

Tomas Valasek, Direktor für Außen- und Verteidigungspolitik am Centre for European Reform, identifizierte vier „Umwelt“ -Schlüsselfaktoren, die aus seiner Sicht umgesetzt werden müssten, damit Verteidigungskooperationen in Europa gedeihen könne: eine geteilte Wahrnehmung regionaler Identität; Vertrauen und Zuversicht in die jeweiligen Partner; Chancengleichheit der Verteidigungsindustrien; ein niedriger Grad an Korruption. In Hinblick auf ein multilaterales europäisches Verteidigungsabkommen, erachtete Valasek „Inseln der Kooperation“ als ein wahrscheinlicheres und realisierbareres Ergebnis, angesichts der Einschränkungen, welche durch die oben genannten Faktoren bestehen. Auf Grundlage von aktuellen Tendenzen einerseits, sowie der gegenwärtigen politischen Realität andererseits, argumentierte Herr Valasek, dass bilaterale und eine kleine Anzahl multilateraler Vereinbarungen die beste Option für die EU Mitgliedsstaaten seien, um erfolgreiche Verteidigungskooperationen umzusetzen.

Christian Schmidt (MdB), Parlamentarischer Staatssekretär im Deutschen Verteidigungsministerium, hob die Bedeutung des politischen Willens hervor, der in Entscheidungsprozesse bezüglich sicherheits- und verteidigungspolitischer Fragen von Bedeutung ist. Er betonte die Notwendigkeit eines politischen Konsens und von Vereinbarungen im Vorfeld einer Mission. Außerdem äußerte er sich zustimmend, ein französisch-deutsches „Euro-Korps“ zu entwickeln und war darüber hinaus überzeugt, dass der Europäische Auswärtige Dienst eine wichtige Rolle als Plattform für künftige Entwicklungen spielen könne.

Der Abgeordnete James Arbuthnot, Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, erinnerte daran, dass die heutige europäische Verteidigungs- und Sicherheitsherausforderung ironischerweise ein Resultat des lang anhaltenden Friedens und der Sicherheit, in der sich der Kontinent befinde, sei. Herr Arbuthnot stellte fest, dass Verteidigungskooperationen auch Kehrseiten aufwiesen können, so wie beispielsweise eine längere Implementierungsdauer, eine Reduktion nationaler, unabhängiger Kapazitäten und - noch viel problematischer - eine ungeeignete Ausrüstung zur Zusammenlegung von Ressourcen. Abschließend betonte er, dass der springende Punkt der Diskussion über künftige Verteidigungskooperationen durch zwei verschiedene, aber dennoch miteinander verbundene Aspekte zusammengefasst werden könne: jener des Zusammenlegens und Teilens von Ressourcen und jener der Ausgaben und Kosten. Arbuthnot schlug vor, dass beide Aspekte vorsichtig behandelt werden sollten.

Florence Gaub, Akademische Koordinatorin des NATO Defence College in Rom, thematisierte die Wichtigkeit eines klaren Endziels während des Entscheidungsprozesses von Verteidigungskooperationen. Zunächst einmal müsse von einzelnen Nationen in Hinblick auf die Erwartungen an den Sicherheits- und Verteidigungssektor beantwortet werden, wo und wie Ausgaben reduziert werden können. Zweitens, so Gaub, sei die Europäische Sicherheits- und Verteidigungsvision unklar und die traditionelle Rolle des Post-Krisen Managements sei unzureichend. Frau Gaub argumentierte darüber hinaus, dass diese Ambivalenz mit dem Fehlen einer wahrgenommenen Bedrohung gegenüber der Europäischen Sicherheit zusammenhängen könne. Schließlich betrachtete sie die Rolle der Politik und bezog sich in diesem Zusammenhang auf das Beispiel des Libyeneinsatzes, um die Kluft zwischen militärischem Mandat und politischen Erwartungen im Bereich der Sicherheit und Verteidigung hervorzuheben.

Die Aktualität der Thematik zog an die 100 Teilnehmer an. Unter diesen befanden sich Botschafter und hochrangige Staatsbeamte, Vertreter der internationalen Medien, der akademischen Welt, Think Tanks und der Verteidigungsindustrie. Das Format einer Podiumsdiskussion, ermöglichte eine angeregte Debatte unter den Podiumsgästen und den Zuhörern. Daher empfiehlt sich dieses Format auch für künftige Veranstaltungen mit Themen, die eine breite Diskussion hervorrufen.

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