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Das Schließen des Kreises

Palästinensischer Nationalismus in Israel, Herkunft und Ausblick

Am 21. März 2011 organisierte das Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Jerusalem in Zusammenarbeit mit dem Moshe Dayan Center für Nahost- und Afrikastudien einen Vortrag im Rahmen des Konrad Adenauer Programms an der Tel Aviv Universität. Zu diesem Anlass sprach Professor Oded Haklai, Spezialist für politische Strategien der palästinensisch-arabischen Minderheit in Israel, über die Wurzeln des palästinensischen Nationalismus und gab einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Dr. Paul Rivlin.

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Im Rahmen seines Vortrages beschrieb Professor Haklai die Intensivierung des palästinensischen Nationalismus innerhalb der letzten Jahrzehnte und die Zunahme von islamischen Bewegungen in der arabischen Minderheit, die 20 Prozent der israelischen Bevölkerung darstellt. Dabei stehen zwei parallel verlaufende Entwicklungen im Vordergrund: Zum einen sind die politischen Forderungen der arabischen Bevölkerung zunehmend von palästinensischem Nationalismus motiviert, zum anderen kann aber auch die Übernahme typisch israelischer Verhaltensmuster in der politischen Kultur der arabischen Minderheit beobachtet werden.

Anhand der „Future Vision Documents“, zeigte Haklai wie sich der wachsende Nationalismus der arabischen Minderheit manifestiert. Bei den 2006 veröffentlichten Dokumenten handelt es sich um eine gemeinsame Unternehmung verschiedener arabischer Intellektueller in Israel. Sie fordern den Staat Israel dazu auf, seinen jüdischen Charakter abzulegen, ein Staat für alle Bürger („state of all its citizens“) zu werden. Damit einhergehend soll die arabische Minderheit offiziell als selbstständige Einheit mit eigenen Gesetzen und Kultur anerkannt werden. Die Dokumente klassifizieren die arabische Minderheit als die indigene Bevölkerung des Landes, die durch die Gründung des Staates Israels gewaltsam von ihren palästinensischen Mitbürgern getrennt wurden. Der jüdische Staat wird in den Dokumenten als alleiniges Ergebnis eines Kolonialisierungsprozesses gesehen, eine jüdische Verbindung zum Land wird nicht erwähnt. Israel wird eher als Ausdehnung des Westens porträtiert, der jüdische Charakter negativ evaluiert. Die Darstellung des Konfliktes übernimmt nach Ansicht von Professor Haklai unreflektiert den palästinensischen Narrativ und lässt die arabisch-palästinensische Verantwortung außer Acht. Die Forderungen der Dokumente bspw. nach dem Entfernen jeglicher jüdischer Symbole im Land wirke bedrohlich auf viele Israelis und die Herausforderung an den jüdischen Charakter des Staates Israel werde als inakzeptabel empfunden.

Eine weitere wichtige Entwicklung die Professor Haklai hervorhob, ist der Anstieg der politischen und zivilgesellschaftlichen Teilhabe in der arabischen Gesellschaft. Besonders auffällig sei, dass sich die arabische Parteienlandschaft zunehmend nach ethnisch-arabischen Kriterien formierte und ihre Wählerschaft als ethnische Gruppe anspreche. Im Gegensatz dazu habe sich die palästinensisch-arabische Minderheit in den 60er und 70er Jahren noch gemeinsam mit jüdischen Israelis bspw. in der kommunistischen Partei organisiert. Zudem sei zu beobachten, dass politische wie auch zivilgesellschaftliche Gruppen immer öfter den Obersten Gerichtshof in Israel dazu nutzen, Institutionen wie Knesset und Regierung zu kontrollieren. Dr. Rivlin betonte in diesem Zusammenhang auch die Nutzung der israelischen Medien durch die arabische Minderheit, um ihre Botschaften zu verbreiten. Diese Entwicklungen spiegeln laut Professor Haklai die israelische Demokratie wieder. Auch in der israelischen Parteienlandschaft finde eine zunehmende Ausrichtung auf und Bedienung gewisser gesellschaftlicher Nischen statt. Dies fördere die Polarisierung der politischen Parteien, die um die Gunst ihrer Klientel wettstreiten. Die Entwicklung im Sektor der arabischen Minderheit folge diesen Mustern und stimme mit politischen Moblisierungsprozessen in Israel überein. Dies bewertete Haklai positiv, da es zeige, dass auch arabische Grupierungen den demokratischen Regeln in Israel folgen und diese anerkennen, obwohl sie offiziell darauf bestehen, dass in Israel keine Demokratie herrscht.

Evelyn Gaiser, Nathalie Spath

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Prof. Oded Haklai KAS Israel

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