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Veranstaltungsberichte

Energieeffizienz in Israel und in den Palästinensischen Gebieten

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Nachhaltigkeit, Klima und Energie“ luden am 22. April 2012 das Israel/Palestine Center for Research and Information (IPCRI) und die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Politik aus Israel und den Palästinensischen Gebieten zu einem Workshop ein. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand das gemeinsame Ausarbeiten von Handlungsempfehlungen zum Thema „Energieeffizienz“ in Israel und in den Palästinensischen Gebieten.

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Felix Dane, Leiter des KAS-Büros Palästinensische Gebiete, und Nadine Mensel, stellvertretende Büroleiterin der KAS Israel, begrüßten die Teilnehmer und hoben die Bedeutung eines effizienten Umgangs mit Energie hervor. Felix Dane betonte, der geplante Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie in Kombination mit Investitionen in erneuerbare Energien und Maßnahmen im Bereich Energieeffizienz könne als Modell auch für Israel und die Palästinensischen Gebiete dienen. Nadine Mensel unterstrich den besonderen Wert dieser Veranstaltung in einer Zeit, in der israelisch-palästinensische Treffen nur schwer zu realisieren seien. Es sei keinesfalls selbstverständlich, dass Israelis und Palästinenser gemeinsam über Handlungsempfehlungen berieten. Die Förderung von Energieeffizienz sei für beide Seiten von höchster Relevanz und biete neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit.

Anschließend gab das israelisch-palästinensische Führungsduo von IPCRI, Riman Barakat und Dan Goldenblatt, einen Überblick über die Energiesituation in den Palästinensischen Gebieten und in Israel. Dabei hob Riman Barakat die Wichtigkeit der dualen Umsetzung von Entscheidungen hervor: Um Fortschritte zu erreichen, seien auf der einen Seite Regelungen „von oben“, die von der Politik ausgingen, vonnöten; auf der anderen Seite bedürfe es Initiativen „von unten“, also auf Seiten der Bevölkerung. Grundsätzlich hinge Energieeffizienz sehr eng mit dem Verhalten und den Gewohnheiten eines jeden Bürgers zusammen. Riman Barakat kritisierte, dass Gelder für die Palästinensischen Gebiete nicht immer ihrer Bestimmung zukämen. Sie forderte mehr Zusammenarbeit und Koordination zwischen israelischen und palästinensischen Regierungsvertretern, um einen transparenten Fluss der Gelder zu garantieren.

Dan Goldenblatt erklärte, dass für den Sommer 2012 massive Stromausfälle zu erwarten seien und deshalb dringend gehandelt werden müsse. Die Nutzung erneuerbarer Energiequellen sollte forciert werden, um eine Alternative zu knappen Rohstoffen zu bieten und die Umwelt zu entlasten. In diesem Zusammenhang lobte er die deutsche Energiepolitik und fügte an, dass Energieeffizienz keinesfalls eine Reduzierung des Lebensstandards bedeute. Vielmehr könnten Haushalte ihre Ausgaben durch eine wirtschaftlichere Energienutzung deutlich reduzieren und langfristig davon profitieren. Eine besondere Herausforderung sei es, die Privatwirtschaft von entsprechenden Investitionen zu überzeugen. Die Umstellung der Betriebe auf energieeffizientes Arbeiten fordere zunächst große finanzielle Aufwendungen. In diesem Bereich bestehe großer Handlungsbedarf, deshalb sei dieses Treffen besonders wichtig.

Nach diesen einleitenden Worten berichteten der Leiter der Abteilung für Energieeinsparung vom israelischen Ministerium für Energie und Wasser und ein Vertreter des palästinensischen Energiesektors über den Stand der Bemühungen um mehr Energieeffizienz in Israel und in den Palästinensischen Gebieten. Der israelische Vertreter präsentierte den Ansatz seiner Abteilung zur Eindämmung der Energiekrise. Mithilfe des nationalen Energieeffizienzprogramms solle der Stromverbrauch bis zum Jahr 2020 deutlich gesenkt werden. Schwerpunkte des Programms lägen auf der Einführung von Standards und der Kennzeichnung des Energieverbrauchs von Elektrogeräten, der Schaffung eines Bewusstseins für Energieeffizienz durch Bildung und der Umsetzung von Aufklärungskampagnen. Die darauffolgende Diskussion zeigte, dass es in diesem Bereich bislang keine Zusammenarbeit zwischen Israel und den Palästinensischen Gebieten gibt.

Der Palästinensische Vertreter lobte das israelische Konzept und fügte hinzu, dass er sich dies auch für die Palästinensischen Gebiete wünschen würde. Dort befände man sich noch in den Anfängen, es bestehe dringender Handlungsbedarf. Er berichtete von kürzlich installierten Solar-Wasserheizern, die, wenn auch derzeit nur in geringer Stückzahl, einen ersten Durchbruch zur Erschließung von erneuerbaren Energiequellen bedeuteten. Dennoch sei die Energiepolitik der Palästinensischen Gebiete noch weit von der israelischen entfernt. Er betonte seine Offenheit und äußerte den Wunsch, von den Konzepten des Nachbarn zu lernen.

In Anschluss an die Vorträge fanden sich die Teilnehmer in drei israelisch-palästinensischen Arbeitsgruppen zusammen, um zu folgenden Problemstellungen Handlungsempfehlungen auszuarbeiten:

1. Wie erreicht man die Menschen: ein Programm für Energiebewusstsein

2. Energieeffizienz in öffentlichen Institutionen: ein Plan für Gemeinden, Schulen usw.

3. Energieeffizienz und ihre Bedeutung für Kooperation: Perspektiven und Herausforderungen.

In konstruktiver Atmosphäre wurde Fachwissen ausgetauscht; Empfehlungen wurden erarbeitet und mögliche Wege der Umsetzung beraten. Die Diskussion war zielorientiert und praxisnah, wobei politische Differenzen in den Hintergrund traten.

Energieeffizienz solle ein Thema werden, das der Bevölkerung wichtig ist. Um diesem Ziel näher zu kommen, stellte die erste Arbeitsgruppe drei Kernpunkte heraus: Sichtbarkeit, Bildung und Motivation. Mithilfe von Kampagnen, die das öffentliche Bewusstsein schärfen, solle das Thema „Energiesparen“ in den Vordergrund rücken. Um nachhaltig für den effizienten Umgang mit Energie zu werben, müsse man die Kinder ins Boot holen. Durch Wissensvermittlung könne man langfristig Gewohnheiten und Verhalten beeinflussen. Es sei wichtig, diese Thematik fest in Lehrpläne und in den Kindergarten-, Schul-, und Universitätsalltag einzubinden. Hätten die Kinder und Jugendlichen ein Bewusstsein dafür entwickelt, erführen auch deren Eltern davon. Die praktische Umsetzung in den Haushalt benötige jedoch wirtschaftliche Anreize. Solche Anreize könnten durch Subventionierung oder öffentliche Förderung des Kaufs von energiesparenden Geräten geschaffen werden. Zur Durchführung bedürfe es eines rechtlichen Rahmens, welcher die Durchsetzung von Standards in privaten und öffentlichen Gebäuden zum Ziel habe.

Die zweite Arbeitsgruppe nahm Richtlinien für öffentliche Gebäude in den Fokus. Diese hätten eine Vorbildwirkung, die besonders auf die Renovierung oder den Bau von Schulen, Krankenhäusern, Regierungsbüros usw. ausstrahlen könne und solle. Hierfür könne das „Weißbuch für nachhaltiges Bauen“, welches von der Abteilung für ökologische Verwaltung Jerusalem herausgegeben wurde, als Vorbild dienen. Um den Energieverbrauch langfristig zu senken, müsse er kontrolliert werden. Dies könne durch das systematische Erfassen und Analysieren von Energieverbrauchsdaten in Gestalt von „Energy Audits“ geschehen. Ist die Energieeffizienz messbar, kann sie auch verglichen werden. Wettbewerbe würden eine gute Grundlage bilden, um innovative Ideen und deren Umsetzung zu fördern. Zum Beispiel könne die Teilnahme an einem Preisausschreiben Schulen und Gemeinden herausfordern, energiesparende Modelle zu entwickeln.

Mit den Möglichkeiten der Kooperation auf dem Gebiet der Energieeffizienz zwischen Israel und den Palästinensischen Gebieten setzte sich die dritte Arbeitsgruppe auseinander. In Israel läuft seit geraumer Zeit eine erfolgreiche Kampagne, alte Kühlschränke mit großem Stromverbrauch gegen effizientere Geräte auszutauschen. Diese Kampagne solle auch in den Palästinensischen Gebieten eingeführt werden. Um den Erfolg zu sichern, sei darauf zu achten, dass ausgetauschte Geräte nicht an ärmere Haushalte weitergegeben, sondern tatsächlich entsorgt würden.

Die Vorträge und die Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen verdeutlichten, dass in Bezug auf die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen noch große Unterschiede zwischen Israel und den Palästinensischen Gebieten bestehen. Im Rahmen der Diskussionen boten israelische Vertreter diesbezüglich Unterstützung an, es wurden Materialien und Informationen ausgetauscht. Die Teilnehmer betonten die hohe Relevanz der Thematik für beide Seiten und forderten gesteigerte Anstrengungen zur Bildung eines öffentlichen Bewusstseins für die Problematik. Handlungsbedarf bestünde auch auf politischer Ebene. Zu oft würden aufgrund von Unstimmigkeiten zwischen Israel und den Palästinensischen Behörden Gelder in Israel bleiben, und auf palästinensischer Seite verhindere Korruption häufig die Förderung von Maßnahmen zu mehr Energieeffizienz.

Die Teilnehmer äußerten großes Interesse an einer weiterführenden Veranstaltung.

Wibke Foß und Evelyn Gaiser

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