Asset-Herausgeber

Veranstaltungsberichte

Erinnerung als Basis besonderer Beziehungen

KAS-Seminar für israelische Journalisten in Berlin

Wie geht Deutschland heute mit der Erinnerung an die Diktaturen, vor allem an die Nazi-Herrschaft und die Vernichtung der Juden, um und welche Auswirkungen ergeben sich daraus für die Politik? Dies war eine Leitfrage für das Programm der Konrad-Adenauer-Stiftung, zu welchem sie 15 israelische Journalisten vom 2. bis 9. Dezember 2007 nach Berlin einlud.

Asset-Herausgeber

Unter den Teilnehmern waren Chefredakteure, Korrespondenten und Abteilungsleiter aus verschiedenen Medienbereichen, darunter privates und öffentlich-rechtliches Fernsehen und Rundfunk sowie Printmedien. Gleichzeitig repräsentierten die Journalisten verschiedene gesellschaftliche Gruppen in Israel: darunter Einwanderer mit russischem, europäischem und äthiopischem Hintergrund und Araber in Israel.

Auf dem Programm standen Gespräche mit Personen, welche sich heute für die Aufarbeitung der Geschichte engagieren. Die Teilnehmer des Programms besuchten das Mahnmal für die ermordeten Juden in Europa und diskutierten mit dem Direktor über die Frage, welche Form der staatlich getragenen Erinnerung angemessen ist.

http://farm3.static.flickr.com/2131/2122340831_4dc86ecb28.jpg
Die israelischen Journalisten im Stelenfeld des Mahnmals für die ermordeten Juden in Europa.

Bei einer Ausstellungseröffnung, mit der „Gerechte der Völker“, d.h. Personen welche Juden in der Zeit des Holocaust geholfen haben, geehrt wurden, sprachen die israelischen Journalisten vor allem mit jungen Leuten, welche sich heute für das Weitertragen der Verantwortung engagieren. Von Vertretern der jüdischen Gemeinde erfuhren die Teilnehmer, wie Juden heute in Berlin leben. Dabei wurde vor allem die Frage der jüdischen Identität heute diskutiert zwischen Religion, dem Leben in Deutschland und den vielfältigen Bezügen zu Israel. In vielen Gesprächen, u. a. mit dem Korrespondenten einer israelischen Tageszeitung in Berlin, spielte auch der Umgang mit Rechtsradikalismus in Deutschland eine Rolle. Einige der Teilnehmer waren zum ersten Mal in Deutschland und hatten im Vorfeld der Reise Bedenken, welche Erfahrungen sie in Deutschland machen werden. Für einige war die Geschichte persönlich sehr präsent, auch beim Stadtrundgang in Berlin.

http://farm3.static.flickr.com/2107/2122340821_34d9c7a3c2.jpg
Besuch im Reichstag.

Mit Vertretern des American Jewish Committee (AJC) diskutieren die Teilnehmer u. a. das Verhältnis von Deutschland/Europa, USA und Israel in Bezug auf den neu ansetzenden Friedensprozess nach dem Treffen in Annapolis.

http://farm3.static.flickr.com/2054/2123136166_48381dd12a.jpg
Gespräch im Büro des AJC in Berlin.

Die gegenwärtigen Entwicklungen in der Region und die Frage, wie sich Deutschland für den Friedensprozess engagiert – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Geschichte – wurde mit hohen Beamten sowohl im Kanzleramt als auch im Auswärtigen Amt diskutiert. Dabei spielte auch der Umgang mit den iranischen Nuklearambitionen eine Rolle.

http://farm3.static.flickr.com/2082/2122340823_7be9663854.jpg
Staatssekretär Michael Mertens referiert über Föderalismus in Deutschland.

Die Teilnehmer besuchten außerdem eine Konferenz der Konrad-Adenauer-Stiftung, welche sich mit der wirtschaftlichen Transformation im Nahen Osten befasste. Schließlich war auch wichtig deutlich zu machen, dass das starke Engagement Deutschlands für die europäische Integration sich nicht zuletzt auch aus den Erfahrungen der Vergangenheit speist. Auch dies und aktuelle Fragen europäischer Politik wurde bei einem Besuch der EU-Delegation in Berlin diskutiert. Besonders wurde auch die Thematik der Werteorientierung von Politik aufgegriffen, vor allem in Hinblick auf den Einsatz für den weltweiten Schutz von Menschenrechten. Positiv wurde wahrgenommen, dass Bundeskanzlerin Merkel und die Bundesregierung auch gegenüber von wirtschaftlich starken Nationen den Schutz von Menschrechten deutlich einfordern.

Die Delegationsreise fiel überdies in die Zeit des Chanukka-Festes. Zum feierlichen Entzünden der ersten Kerze waren die Teilnehmer im Haus des neuen israelischen Botschafters in Deutschland eingeladen.

http://farm3.static.flickr.com/2105/2122340815_d22c067ab4.jpg
Empfang in der Residenz von Yoram Ben Zeev, Botschafter des Staates Israel in Deutschland.

Nicht zuletzt hatten die Teilnehmer auch Gelegenheit, ausführlich mit deutschen Journalisten zu sprechen und Erfahrungen auszutauschen. Beim Besuch des ZDF-Hauptstadtstudios wurde spontan eine Sendung improvisiert.

http://farm3.static.flickr.com/2292/2122340827_42407e745f.jpg
Besichtigung der Kulissen des ZDF-Hauptstadtstudios.

Mit Vertretern der Konrad-Adenauer-Stiftung diskutierten die israelischen Journalisten u. a. das deutsche Parteiensystem. Sie erfuhren dabei auch ganz aktuell von den Ergebnissen des CDU-Bundesparteitages. Mit großem Interesse nahmen die Journalisten zur Kenntnis, dass sich die CDU in ihrem neuen Grundsatzprogramm auch zum Existenzrecht Israels bekennt und dabei ausdrücklich von Israel als jüdischem Staat spricht. Die Frage nach dem jüdischen Charakter Israels wurde in verschiedenen Gesprächen in Berlin diskutiert und spielt aktuell eine große Rolle bei den Verhandlungen mit den Palästinensern über eine Zwei-Staaten-Lösung, wobei die Palästinenser bislang kategorisch eine Anerkennung Israels als jüdischen Staat ablehnen. Auch in der aktuellen Verfassungsdiskussion in Israel spielt die Frage des jüdischen Charakters eine zentrale Rolle.

http://farm3.static.flickr.com/2323/2122340817_8040e1cc5c.jpg
Treffen mit dem stellvertretenden Generalsekretär der KAS, Dr. Gerhard Wahlers (2.v.l.).

So haben die Teilnehmer nicht nur ein differenziertes Bild der aktuellen Situation in Deutschland und des Umgangs mit der Vergangenheit kennen gelernt, sondern auch viele Themen mit den deutschen Gesprächspartnern diskutiert, welche auch für ihren eigenen Kontext von hoher Bedeutung sind.

Dr. Lars Hänsel

Asset-Herausgeber

comment-portlet

Asset-Herausgeber