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Veranstaltungsberichte

IPCRI-KAS Strategic Thinking and Analysis Team: Moving from a Virtual to a Real Palestinian State

07.-08. April 2011

Zusammen mit dem Israel/ Palestine Center for Research and Information (IPCRI) lud die Konrad-Adenauer-Stiftung Jerusalem (KAS) vom 07. bis zum 08. April Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Medien zu einem gemeinsamen Workshop nach Jerusalem ein.

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Ziel des Workshops war es, am 07. April vorangegangene Diskussionen bezüglich des festgefahrenen israelisch-palästinensischen Friedensprozesses auch mit Blick auf einen möglichen Einfluss des arabischen Frühlings auf die Entwicklungen in Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten fortzusetzen. Zusätzlich lag der Fokus auf den Entwicklungen bezüglich der UN-Generalversammlung im September 2011 und den damit verbundenen Plänen der palästinensischen Autonomiebehörde, um Aufnahme in die UN zu bitten. Der 08. April diente der Analysierung der palästinensischen Wirtschaft, vor allem auch im Gazastreifen und der Umsetzung des Fayyad-Plans im wirtschaftlichen Sektor.

Die politische Arbeitsgruppe begann den Workshop am ersten Tag zunächst mit einer Zusammenfassung des palästinensischen Plans, um die Aufnahme in die UN zu bitten. Hierbei war es vor allem wichtig, ein Verständnis für die Durchführung dieses Plans zu erhalten. So wurde klargemacht, dass es sich weder um die Ausrufung eines palästinensischen Staates, noch um die Bitte um Anerkennung durch die UN handle. So sei es der UN gar nicht möglich, einen Staat als solchen anzuerkennen, da dies nur auf bilateraler Ebene geschehe. Die Aufnahme eines palästinensischen Staates in die UN bedeute aber de facto, dass Israel im Anschluss kein Gebiet, sondern einen Mitgliedsstaat der UN besetze, was im Prinzip sofortige Maßnahmen gegen diese Besatzung durch die UN vorschriebe. Zusätzlich wurde erläutert, dass die UN Vollversammlung ein mögliches Veto im Sicherheitsrat - zum Beispiel durch die USA – mit der UN Resolution 377 umgehen könne. Dies, und die Tatsache, dass es bei einem Veto im September als Alternative zu einer Zwei-Staaten-Lösung auch zur Auflösung der palästinensischen Autonomiebehörde kommen könne, müssen man nun nutzen, um die israelische Regierung zu eigenen Schritten in Richtung des Lösung des Konflikts zu bewegen. Auch die Entwicklungen im Nahen Osten könnten eine Chance zu einer Wiederaufnahme des Friedensprozesses bieten, da gerade jetzt bei vielen Staaten das Interesse an einer regionalen Lösung vorhanden sei. Positiv zu bewerten sei, dass die arabischen Völker seit 1952 das erste Mal wieder wirklich Einfluss auf die Politik in ihren Ländern haben und dass dies genutzt werden könne, die öffentliche Meinung in den arabischen Ländern positiv zu beeinflussen. Hierbei wurde auch auf die Arabische Initiative als regionaler Ansatz Bezug genommen. Problematisch sei hier vor allem der Name, der dazu führe, dass diese in der israelischen Bevölkerung – unabhängig von den Inhalten – wenig Unterstützung habe. Eine Bezeichnung als Regionale Friedensinitiative könne aber eine Möglichkeit sein, dieses Problem zu umgehen. In diesem Zusammenhang wurde auch eine israelische Friedensinitiative diskutiert, die von verschiedenen Vertretern der israelischen Zivilgesellschaft entwickelt wurde und vor allem für den internen israelischen Diskurs bestimmt sei. Unanhängig von ihren Inhalten sei es positiv zu bewerten, dass es endlich auch von israelischer Seite eine eigene Initiative gebe, die jedoch erst noch von einer breiten Öffentlichkeit angenommen werden müsse. Erst dann könne diese mit der arabischen Initiative und einer eventuellen deutsch-britisch-französischen Initiative abgeglichen werden, um so zu einer gemeinsamen Basis zu gelangen. Für die israelische Öffentlichkeit sei vor allem wichtig, das Vertrauen darin zu bekommen, dass die Palästinenserführung ernsthaft an einer friedlichen Lösung interessiert sei und diese auch durchsetzen könne. Dieses Vertrauen fehle allerdings auf beiden Seiten. Daher wurden während des Workshops auch unterschiedliche Maßnahmen diskutiert, die das Vertrauen auf beiden Seiten stärken könnten. Hierunter fiel neben der Präsentation der israelischen Initiative für die palästinensische Zivilbevölkerung auch die Möglichkeit friedlicher Demonstrationen auf beiden Seiten und die Förderung des Verständnisses auf israelischer Seite, dass die Gründung eines eigenständigen palästinensischen Staates gut für Israel sei.

In diesem Zusammenhang wurde auch erwähnt, dass der Plan der palästinensischen Autonomiebehörde der Bitte um Aufnahme in die UN im September 2011 zwar ein wichtiges Thema für die palästinensische Bevölkerung sei, dass aber eine Aussöhnung zwischen Fatah und Hamas ebenso eine große Rolle im öffentlichen Diskurs spiele. Hier sei zu erwähnen, dass viele Palästinenser die Gründung eines eigenen Staates auch von einer Versöhnung von Fatah und Hamas abhängig sehen. Außerdem gebe es mittlerweile in der Hamas durchaus gemäßigte Kräfte, die zu Verhandlungen mit Israel bereit seien. Auf israelischer Seite glaube man allerdings nicht daran, dass eine Aussöhnung mit der Hamas zum momentanen Zeitpunkt förderlich für den Friedensprozess sei, da so das Vertrauen in die Palästinenser noch weiter sinken könne.

Fazit der politischen Arbeitsgruppe war, dass der Gang der Palästinenser zur UN im September 2011 unabhängig von dem Ergebnis auf jeden Fall den Fokus vieler Staaten weltweit wieder mehr auf den Nahostkonflikt wenden werde und dass dies auch eine Chance sein könne, den Friedensprozess mit Hilfe der internationalen Gemeinschaft wiederzubeleben.

Die ökonomische Arbeitsgruppe begann ihr Treffen mit einer Informationsrunde über den Fayyad-Plan, der zu einem palästinensischen Staat führen soll. Hiernach wurden die Meinungen der Teilnehmer bezüglich der Umsetzung des Plans ausgetauscht. Als Erfolg des Fayyad-Plans wurde der Ausbau des Finanzsektors gewertet, vor allem im Bereich der Steuerstruktur. Hier seien deutliche Erfolge zu sehen. Ein Problem sei aber die Tatsache, dass sich die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) immer noch zu sehr auf internationale Spender verlasse und so kein wirklicher Anreiz bestehe, ein nachhaltiges und eigenständiges Steuersystem aufzubauen. Neben diesen Gründen häufe die PA zudem ein Budgetdefizit an, da sie viele Kosten des öffentlichen Lebens im Gaza-Streifen bezahle, aber die Steuereinnahmen aus dem Gaza-Streifen selber in den Händen des dortigen Hamas-Regimes verbleiben. Zudem müsse sich die PA bei der Eintreibung von Steuern auch viel auf die israelischen Behörden verlassen. Diese haben dadurch wiederum ein geeignetes Mittel in der Hand, durch Zurückhaltung der Gelder Druck auf die PA auszuüben. Weitere mögliche Druckmittel der israelischen Regierung seien zudem die Kontrolle über den Personen- und Warenverkehr an den israelischen Grenzpunkten sowie die Abhängigkeit der PA vom durch Israel einreisenden Tourismus sowie der fehlenden Kontrolle über Strom, Gas und Benzin.

Nichtsdestotrotz würden Berichte des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank in den palästinensischen Gebieten auf ein hohes Wirtschaftswachstum verweisen und anerkennen, dass die Ausführung des Fayyad-Plans weit fortgeschritten sei, sodass ein palästinensischer Staat realistisch sei.

Ein weiterer wichtiger viel diskutierter Punkt war ein Problem im Business-Sektor: Hier würden sich palästinensische Unternehmer bei Geschäften mit ihren israelischen Gegenparts nicht als gleichgestellt fühlen. Insofern sei der inner-palästinensische Widerstand groß, nicht für die Israelis als Verbindungsmann in die arabische Region fungieren zu wollen, um Geschäfte einzufädeln. Dies könne erst geschehen, wenn den palästinensischen Unternehmern ihre vollen Rechte und ein eigener Staat zugestanden werde. Andere Teilnehmer unterstrichen dagegen, dass der israelische Privatsektor mehr gemeinsame Geschäftsprojekte mit palästinensischen Unternehmen anschieben solle, um zur Entwicklung der Wirtschaft in den palästinensischen Gebieten beizutragen. Zusätzlich könne die privatwirtschaftliche Zusammenarbeit dazu führen, dass der israelische Privatsektor Druck auf die israelische Regierung ausüben könne, zum Beispiel mit dem Ziel gewisse Restriktionen aufzuheben.

Als Fazit lässt sich sagen, dass die beidseitige israelisch-palästinensische wirtschaftliche Zusammenarbeit als weiter ausbaufähig angesehen wird. Zudem sei es wichtig, dass die palästinensische Wirtschaft weiter entwickelt wird, sodass ein möglicher entstehender palästinensischer Staat eine solide Wirtschaft vorzuweisen hat.

Zusammenfassend hat der 2-tägige Workshop bewiesen, dass der Ansatz der Konrad-Adenauer-Stiftung Israel, palästinensische und israelische Experten zusammenzubringen, um auf der Basis gemeinsamer Interessen über eine Zusammenarbeit zu diskutieren sich als richtig erwiesen hat, aber gerade im politischen Bereich noch weiter ausbaufähig ist.

Annika Khano, Kai Philipp Schinck

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