Asset-Herausgeber

Veranstaltungsberichte

Ist die EU ein Feind Israels?

von Michael Mertes

Eine Konferenz legt Missverständnisse bloß

Am 24. März 2014 veranstalteten die KAS Israel und das Likud-nahe Jerusalem Center for Public Affairs (JCPA) ein ganztägiges Symposium zum Thema „Europa und Israel: Ein neues Paradigma“. Dabei wurde deutlich, dass in Teilen der rechten Seite des israelischen politischen Spektrums erhebliche Vorurteile und Informationsdefizite in Bezug auf die EU bestehen. Nicht wenige nehmen die EU als einen Israel feindlich gesonnenen, von antisemitischen Motiven getriebenen Akteur wahr.

Asset-Herausgeber

In ihren Begrüßungen hoben Michael Mertes, Leiter der KAS Israel, und Dr. Dore Gold, Präsident des JCPA, das „Paradox“ der europäisch-israelischen Beziehungen hervor: Einerseits gebe es kein nichteuropäisches Land, zu dem die EU so intensive Beziehungen unterhalte wie zu Israel; andererseits nähmen große Teile der israelischen Öffentlichkeit diese Beziehungen als belastet wahr. Mertes betonte, es sei unverantwortlich, Angst vor einem drohenden Boykott der EU gegen Israel zu schüren. Gold hielt der EU vor, sie messe mit zweierlei Maß: Während sie ständig die israelische Siedlungspolitik im Westjordanland kritisiere, halte sie sich in anderen Fällen (z.B. gegenüber der Türkei in Sachen Nordzypern oder gegenüber Marokko in Sachen Westsahara) zurück.

Lars Faaborg-Andersen, Botschafter der EU in Israel, unterstrich die außerordentlich hohe Qualität und Intensität der Beziehungen EU-Israel. Das im Konferenztitel genannte „neue Paradigma“ sah er vor allem im Angebot der EU vom Dezember 2013, mit Israel eine „Besondere Privilegierte Partnerschaft“ (Special Privileged Partnership, SPP) einzugehen, sobald der israelisch-palästinensische Konflikt durch eine Zwei-Staaten-Lösung beigelegt sei.

Die europäische Kritik an der Siedlungspolitik der Regierung Netanjahu begründete Faaborg-Andersen damit, dass der Siedlungsbau die Chancen auf eine Zwei-Staaten-Lösung immer weiter unterminiere. Das könne der EU schon aus eigenem Interesse nicht gleichgültig sein. Zwar werde die Beilegung des israelisch-palästinensischen Konflikts nicht alle Probleme der Region lösen, aber sie werde es vielen arabischen Staaten ermöglichen, ihre Beziehungen zu Israel zu normalisieren; das wiederum werde zur Stabilisierung der Region beitragen. Behauptungen, die EU denke an einen Boykott gegen Israel, wies Faaborg-Andersen als eindeutig falsch zurück.

Das anschließende Panel über „Beiderseitige Interessen in Wirtschafts-, Energie- und Forschungsangelegenheiten“ bestätigte mit vielen Beispielen die Aussagen des EU-Botschafters. Hervorgehoben wurde unter anderem, die Teilnahme Israels am „Horizon 2020“-Programm komme sowohl der israelischen Forschung in Form erheblicher Finanzmittel als auch der europäischen Wirtschaft durch Partizipation an israelischer Erfindungs- und Innovationskraft zugute. Als „Start-up Nation“ könne Israel den Europäern viel bieten – gemeinsam habe man das Potenzial, die Vorherrschaft von Silicon Valley im IT-Sektor zu überwinden. Es sei sachlich falsch, die von der EU geplante Pflicht zur Kennzeichnung von Produkten aus Westbank-Siedlungen als „Boykott“ zu denunzieren; im Übrigen machten solche Produkte nur 0,5% der israelischen Exporte in die EU aus.

Die Panels über „Sicherheit und Strategie: Gemeinsame strategische Bedrohungen“ und „Ist Antisemitismus ein Faktor?“ offenbarten viel vom Zerrbild, das große Teil der israelischen Rechten sich von der EU machen. Europa nehme die „islamische Gefahr“ im Allgemeinen und die iranische Bedrohung im Besonderen auf die leichte Schulter. Rund 150.000 Millionen Europäer müssten als Antisemiten eingestuft werden. Wenn solche Europäer von Menschenrechtsverletzungen durch Israel in den palästinensischen Gebieten sprächen, dann reaktivierten sie in Wahrheit die antisemitische Ritualmordlegende. Auch Kritik an der israelischen Siedlungspolitik sei antisemitisch motiviert, denn sie messe Israel mit anderen Maßstäben als Länder, die eine vergleichbare Politik betrieben.

Das abschließende Panel „Ein Blick nach vorn: Was kann getan werden, um die künftige Zusammenarbeit zu verbessern?“ gab Gelegenheit, eine Reihe von besonders krassen Fehlern – nicht zuletzt die wiederholte Falschbehauptung, die EU denke an einen Boykott gegen Israel – zu korrigieren. Insgesamt blieb aber der ungute Eindruck, dass Teile der israelischen Rechten die EU als feindselig gegenüber Israel betrachten und nicht bereit sind, sich durch Fakten und Argumente von dieser Einstellung abbringen zu lassen. Jedenfalls gibt es noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.

Nachlese:

Asset-Herausgeber

comment-portlet

Asset-Herausgeber