Meilenstein für Freiheit und Gerechtigkeit - Auslandsbüro Israel
Veranstaltungsberichte
Unter dem Motto „The Contribution of the Eichmann Trial to International Law“ diskutierten internationale Experten und rund 200 Teilnehmer die Bedeutung des Prozesses für die Entwicklung des internationalen Strafrechts sowie für gesellschaftliche und psychologische Identitätsbildung in Israel und in aller Welt. Anlass des Symposiums war der 80. Geburtstag von Gabriel Bach, stellvertretender Ankläger im Eichmann-Prozess und enger Partner der KAS Jerusalem.
Im Fokus der Diskussion standen vor allem die Auswirkungen des Eichmann-Prozesses auf universelle und internationale Rechtssprechung, vor allem in Bezug auf nationale und internationale Kriegsverbrechertribunale.
Eröffnet wurde das Symposium durch Dorit Beinisch, Präsidentin des Obersten Gerichtshofes in Israel. Beinisch, die zu Beginn ihrer Karriere Assistentin von Richter Bach gewesen war, bezeichnete den Eichmann-Prozess als "Sieg des Lebens über den Tod und von Demokratie und Freiheit über Faschismus und Despotie". Sie betonte in diesem Zusammenhang die Verdienste von Gabriel Bach, dem unter anderem zu verdanken sei, dass die Verhandlungen gegen Eichmann nicht zu einem Schauprozess geraten seien.
Anschließend berichtete Richter Bach eindrücklich von seinen Erfahrungen im Prozess gegen Adolf Eichmann. Vor dem Eintreffen von Eichmanns Anwälten war Bach damals der einzige Kontakt zwischen dem Nazi-Kriegsverbrecher und der Außenwelt. Akten und Zeugenaussagen verfolgten Bach während des Prozesses auch noch im Schlaf.
In seinen Ausführungen widersprach Bach der These, Eichmann sei lediglich ein Befehlsempfänger gewesen: "Eichmann war ab einem bestimmten Punkt obsessiver als seine Vorgesetzten." Noch in den letzten Kriegsmonaten habe Eichmann gesagt: "Ich weiß, der Krieg ist verloren, aber ich werde meinen Krieg dennoch gewinnen."
Der Eichmann-Prozess, so Bach, habe dazu geführt, dass die Shoah zum Thema in israelischen Haushalten und im Schulunterricht geworden sei. Ein weiterer Meilenstein sei die Tatsache gewesen, dass Kriegsverbrechern und Tätern, die Verbrechen gegen die Menschheit verübt haben, die Botschaft vermittelt worden sei, dass sie immer und überall mit Strafverfolgung zu rechnen haben.
Das anschließende Diskussionspanel beeindruckte vor allem durch ein Streitgespräch zwischen Prof. Dr. Albin Eser, dem ehemaligen Direktor des Max-Planck-Instituts für Ausländisches und Internationales Strafrecht, und Prof. George Fletcher, Columbia University, über die Prinzipien von fairer Gerichtsverhandlung und Gerechtigkeit. Einig waren sich beide Redner, dass der Eichmann-Prozess einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Einrichtung des Internationalen Strafgerichtshofes darstellt.
In der zweiten Diskussionsrunde berichteten Lord Dennis Byron, Präsident des Internationalen Tribunals für Ruanda, und Richterin Claudia Fenz, die in Kambodscha an geplanten Tribunalen mitarbeitet, von ihrer Arbeit an internationalen und hybriden Gerichtshöfen, während Dr. Maya Steinitz die sozio-psychologische Komponente des Eichmann-Prozesses beleuchtete. In den jeweils folgenden angeregten Fragerunden wurde das Gehörte vielfach in den aktuellen israelischen Kontex gerückt.
Dem Symposium gelang es so gleichzeitig, das langjährigen Bestreben von Richter Gabriel Bach um Recht und Gerechtigkeit, aber auch um Aussöhnung zwischen den Völkern, zu würdigen und die besondere Bedeutung des Prozesses, den er maßgeblich prägte, für die Weiterentwicklung des internationalen Rechtes zu verdeutlichen.
Franziska Schaaf/Rolf Behrens