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Veranstaltungsberichte

Neuer Zivilrechtskodex wartet auf Verabschiedung

200 deutsche und israelische Anwälte, Staatsanwälte, Richter und Professoren kamen am 21.9.08 im Konrad-Adenauer-Konferenzzentrum in Jerusalem zu einem deutsch-israelischen Rechtsdialog zusammen. Auf der Konferenz wurde der Gesetzesentwurf zum neuen israelischen Zivilrechtskodex vorgestellt und die Einflüsse des deutschen BGB auf diesen. Unter den Gästen waren die Richter am israelischen Supreme Court i.R. Herr Gabi Bach und Prof. Izhak Englard (welcher auch am Kodex mitgewirkt hat) sowie der Generalstaatsanwalt von München.

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Bei dem neuen Zivilkodex handelt es sich nicht um einen völlig neuen Gesetzestext sondern um eine Zusammenfassung der bestehenden Gesetze zu einem einheitlichen und transparenten Kodex. Mit der Gründung des Staates Israel bestand eiliger Handlungsbedarf für eine neue, moderne Rechtsgrundlage, die das britische und osmanische Recht ablösen sollte. Jedes rechtliche Problem wurde einzeln behandelt, welches dann Kapitel für Kapitel das alte Recht ersetzte. Dies hatte den Vorteil, dass man nicht lange auf eine umfassende Legislatur, die Jahre gedauert hätte, warten musste. Großer Nachteil aber ist die damit verbundene Inkohärenz.

Gut zwanzig Jahre wurde an dem neuen Gesetzestext gearbeitet. Die Entwicklung des neuen Zivilrechtskodex hat die KAS lange Jahre aktiv in Zusammenarbeit mit der stellvertretenden Generalstaatsanwältin Tana Spanic und Prof. Miguel Deutsch unterstützt. Prof. Aharon Barak, ehemaliger Präsident des obersten Gerichtsfhof, der noch als rechtlicher Berater der Regierung die Neukodifizierung initiiert hat, hat die Konrad-Adenauer-Stiftung jedes Jahr mit neuster Literatur aus Deutschland zu diesem Thema versorgt.

In 2004 wurde der erste Entwurf des neuen Gesetzestextes in einer großen Konferenz in Tel Aviv vorgestellt. Vom Justizministerium wurde der gesamt Text veröffentlicht und an Fachleute verteilt. Die offizielle Einführung sowie das Inhaltsverzeichnis hat die Konrad Adenauer Stiftung damals ins Deutsche übersetzen lassen und an deutsche Rechtsexperten verteilt http://www.kas.de/wf/doc/kas_5057-544-1-30.pdf. Seitdem wurde der Entwurf noch um den Erbrechtsteil erweitert und weitere Änderungen und Anpassungen wurden vorgenommen. Der Kodex wurde 2007 von der Regierung zur Verabschiedung angenommen und umfasst ca. 1000 Paragraphen.

In diesem Stadium hält ein politischer Aspekt die Fortsetzung des Gesetzgebungsprozesses auf. Im Erbkapitel taucht eine Vorschrift auf, die de facto ein Erbrecht auch für gleichgeschlechtliche Lebenspartner einräumt. Diesem einzelnen Paragraphen widersetzen sich die Orthodoxen in der Knesset, und derzeit sucht man nach einer Lösung des Konflikts. Der Teufel liegt im Detail: ein einzelner Paragraph hält eine so große Masse an neuer und wichtiger Gesetzgebung auf.

Die deutschen BGB Vorschriften beeinflussten den Kodex in drei grundlegenden Gebieten:

1. Der israelische Kodex strebt in seinem analytischen Aufbau, ähnlich dem deutschen, nach Kohärenz, Systematik und analytischer Genauigkeit. Das BGB misst diesen Aspekten große Bedeutung bei. In dieser Hinsicht hat sich der israelische Kodex am BGB orientiert.

2. Das BGB übt mittels der bestehenden Gesetzgebung indirekten Einfluss aus. Der israelische Kodex ist zwar eine eigenständige originale israelische Gesetzgebung, doch ist er mit Blick auf das BGB entstanden. Die Ähnlichkeit fällt besonders beim Vertragsrecht auf, insbesondere im allgemeinen Vertragsrecht, beispielsweise beim Vertragsschluss oder auch im allgemeinen Schuldrecht. Auch das Prinzip Treu und Glauben kommt aus dem BGB. Dieser Grundsatz, der bereits in den bestehenden Gesetzen gilt, hat damals im israelischen Rechtssystem eine Revolution herbeigeführt hat, weil er zwar einerseits die Integrität zwischen den Parteien gestärkt hat, andererseits aber die Rechtssicherheit stark angegriffen hat.

3. In einzelnen Punkten, wo es in Israel noch keine Rechtsprechungstradition gibt, zieht man u.a. das BGB zu Rate.

Die obigen Punkte wurden von Prof. Deutsch mit konkreten Beispielen weiter ausgeführt und anschließend diskutiert. Traditionsgemäß gehört dieses Thema zu den Grundpfeilern ihrer Arbeit. Der neue Zivilrechtskodex wird einen entscheidenden Beitrag zur Rechtssicherheit leisten.

Katja Tsafrir

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