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Veranstaltungsberichte

Regierungsprogramm strebt volle Gleichberechtigung an

Fünfte Or-Kommissions-Vorlesung von MK Isaac Herzog, Minister für Soziales

Bereits zum fünften Mal veranstaltet die KAS Jerusalem die Or-Kommissions-Vorlesung an der Universität Tel Aviv (KAP) als Teil ihres Programms für jüdisch-arabische Zusammenarbeit. Die jährliche Veranstaltung, welche die Umsetzung der Or-Kommissions-Empfehlungen durch Vorträge wichtiger Politiker und Fachleuten verfolgt und analysiert, ist schon zu einer Tradition geworden. Die Grundidee der Veranstaltungsreihe ist, dieses wichtige Thema für den Staat Israel und seine Bürger auf der öffentlichen Tagesordnung zu behalten und dadurch den Implementierungsprozess der Empfehlungen zu unterstützen.

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Die Or-Kommission wurde von der damaligen Regierung eingesetzt, um die Vorfälle zu untersuchen, die im Oktober 2000 zu Zusammenstößen zwischen arabischen Israelis und israelische Sicherheitskräfte führten. 13 arabischen Demonstranten kamen dabei ums Leben. Das Vertrauen zwischen arabischen und jüdischen Israelis wurde dadurch auf Dauer geschädigt.

Der Minister für Soziales, MK Isaac Herzog, war zur Zeit der Zusammenstöße ein hochrangiges Mitglied der Regierung des damaligen Premierministers Ehud Barak. Seinen Vortrag eröffnete er mit einer Schilderung der schrecklichen Momente, die er als Minister erlebt hat, als die Krawalle ausbrachen.

Laut MK Isaac Herzog war die Gründung einer staatlichen Kommission (benannt nach ihrem Vorsitzenden, dem Richter Theodor Or) einerseits eine schwierige Entscheidung für Premierminister Barak; andererseits auch eine klare Aussage der Regierung: das staatliche System ist bereit, sich mit dem Problem ohne Angst auseinanderzusetzen. „Wir wollten ein klares Statement der arabischen Bevölkerung senden: das Blut eines arabischen Jungen hat den gleichen Wert wie das eines jüdischen Jungen.“ sagte Herzog.

Seit der Veröffentlichung der Empfehlungen der Or-Kommission vor fünf Jahren dienen diese als „Kompass“ für die israelischen Regierungen im Bezug auf Fragen, welche die arabische Bevölkerung in Israel betreffen. „Die staatliche Einstellung gegenüber ihrer arabischen Bevölkerung hat sich dementsprechend wesentlich verbessert“, meinte Herzog. Das Thema wird nicht nur häufig im Parlament diskutiert; zum ersten Mal in der Geschichte Israels gibt es auch einen arabischen Minister in der Regierung, dessen Stimme zu diesem Thema ernsthaft wahrgenommen wird.

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Isaac Herzog, Minister für Soziales, setzt sich für die Gleichberechtigung zwischen arabischen und jüdischen Israelis ein

Außerdem wurden in den letzten Jahren dramatische Schritte unternommen, um die Integrierung arabischer Mitarbeiter in den verschiedenen staatlichen Behörden und im öffentlichen Sektor zu fördern. Im Geschäftssektor existieren immer noch relativ große Diskrepanzen zwischen der jüdischen und arabischen Bevölkerung. Um Fortschritte und eine Verbesserung in diesem Bereich zu erzielen, sind Maßnahmen aber auch entsprechende Bereitschaft innerhalb der arabischen Gesellschaft notwendig. Herzog wies darauf hin, dass manchmal auch gute Absichten der Regierung oder von Unternehmen von der arabischen Gesellschaft nicht akzeptiert werden. Eine der Hindernisse ist der eindeutige Einfluss der „Hamula“-Struktur (Familien-Hierarchie) in der arabischen Gesellschaft.

Minister Herzog behauptete, dass das Thema der Förderung des arabischen Sektors für ihn persönlich, als Minister für Soziales, sehr wichtig sei und dass sich sein Büro sehr stark dafür engagiere. Hier nannte er z.B. die Bekämpfung der Armut in arabischen Städten und Dörfer, die Verbesserung der Familienplanung oder die Entwicklung von vernünftigen Lösungsansätzen für die Betreuung von älteren Leuten – eine Innovation in der arabischen Kultur.

Eine der wichtigsten Themen für Herzog, ist die Unterstützung und Stärkung von Frauen – ein Bereich, der eine geringe Bedeutung in der arabischen Gesellschaft einnimmt. Ein besonderes Programm, das Herzogs Büro zusammen mit einem weiteren Partner der KAS, dem „Zentrum für Beduinenstudien“ an der Ben-Gurion Universität im Negev, entwickelt hat, beschäftigt sich mit der Problematik von alleinerziehenden Frauen. Diese Frauen, welche entweder verwitwet oder durch Scheidungen alleine mit mehreren Kindern vernachlässigt bleiben, wissen meistens nicht ihre Rechte zu nutzen. Dieses Problem ist besonders in der beduinischen Gesellschaft sichtbar, wo immer noch Polygamie verbreitet ist.

Große Aufmerksamkeit widmet Herzog auch dem Thema „gefährdete Jugendliche“. Die Regierung hat vor kurzem einen großen Teil des Budgets für die Unterstützung von arabischen Jugendlichen bereitgestellt. Außerdem arbeiten fünf verschiedene staatliche Behörden simultan an entsprechenden Programmen. Diese systematische Arbeit von unterschiedlichen Behörden ist, laut Herzog, der richtige Weg die arabische Bevölkerung in Israel zu unterstützen.

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Im Publikum jüdische und arabische Israelis sowie die arabische Knesset-Abgeordnete Nadja Hillu

Nicht alle im Publikum, darunter arabische Israelis, die Familienmitglieder während der Ausschreitungen im Oktober 2000 verloren haben, stimmten der optimistischen Darstellung des Ministers zu. Viele fühlen sich nach wie vor diskriminiert und ausgegrenzt.

Leiter des Konrad-Adenauer-Programms für jüdisch-arabische Zusammenarbeit, Dr. Elie Rekhess, wies unter anderem darauf hin, dass sich in den letzten Jahren eine Tendenz entwickelt hat, den Kampf der arabischen Israelis zu internationalisieren, d.h. außerhalb der Staatsgrenzen weiterzuführen. Diese Entwicklung weist auf einen Vertrauensverlust der arabischen Bevölkerung gegenüber dem Staat hin.

Abschließend beteuerte Herzog, dass in den letzten fünf Jahren der Staat viel unternommen habe, um die arabische Bevölkerung bevorzugt zu behandeln und dadurch volle Gleichberechtigung mit der jüdischen Bevölkerung zu erreichen. Diese Verbesserung sei jedoch nicht von heute auf morgen erkennbar. „Es handelt sich um einen langen Prozess, der die Versäumnisse der früheren israelischen Regierungen, die sich nicht ausreichend mit den schwierigen Problemen der Existenz einer großen arabischen Minderheit innerhalb eines jüdischen Staates auseinandergesetzt haben, korrigieren muss“.

Palina Kedem

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