Die Expertenrunde über mögliche Reformen des kolumbianischen Rentensystems begann mit den Grußworten des Repräsentanten der KAS Kolumbien, Stefan Reith; er betonte, dass die Debatte über die Finanzierung und Inklusion des Rentensystems nicht nur in Kolumbien stattfinde, da zur Zeit in mehreren Ländern darüber diskutiert werde, wie die Zahlung von Renten und Pensionen garantiert werden könne und entsprechende politische Strategien umgesetzt werden können, damit mehr Menschen nach ihrer Pensionierung eine würdige Rente erhalten.
Die Experten stellten fest, dass in Kolumbien zwischen Juni und September 2022 die Informalität auf dem Arbeitsmarkt nach Angaben des Statistischen Amtes DANE 58,3% betragen habe. Durch die fehlenden Beiträge zur Rentenversicherung und die komplexe Situation auf dem kolumbianischen Arbeitsmarkt, werde die Auszahlung von Renten an Personen im Pensionsalter erschwert, so dass momentan nur einer von vier Kolumbianern Anspruch auf eine Rente habe.
Weiterhin erklärten die Experten, dass das erste moderne Rentensystem in Preußen von Otto von Bismarck eingeführt wurde; dieses Modell des Wohlfahrtsstaates wurde später von anderen Ländern übernommen. Im Falle Kolumbiens werden heute ca. 34% des Staatshaushaltes in die staatliche Rentenversicherung Colpensiones investiert.
Einige der Experten hoben die Vorteile eines von der Regierung vorgeschlagenen “Säulensystems” hervor, dass das Rentensystem inklusiver und nachhaltiger gestalten soll. Das System der Säulen besteht darin, einen festen Grundbetrag in die staatliche Rentenversicherung einzuzahlen, während ein Prozentsatz des restlichen Gehaltes in privaten Fonds angespart werden kann.
Eine weitere Empfehlung bestand in der Stärkung des Vertrauens und dem Zugang zu privaten Rentenfonds, einer besseren Ausbildung der Richter des Landes in Themen wie Rentenversicherung und soziale Sicherheit, einer Reform des Arbeitsrechts, einer Abschaffung der obligatorischen Beiträge zur Rentenversicherung um private Sparanlagen zu fördern. Außerdem betonte man die positiven Seiten des aktuellen Systems, jedoch auch die Notwendigkeit bestimmte Anpassungen vorzunehmen, auch um übertriebene Mehrfachrenten zu vermeiden.
Zum Abschluss der Expertenrunde kam man zu dem Schluss, dass die Renten in Kolumbien von Vorurteilen und bestimmten Verhaltensweisen beeinflusst werden, da die große Mehrheit der Kolumbianer kein Bewusstsein dafür entwickle, dass ein Teil ihres Einkommens für ihre Altersversorgung investiert werden müsse.