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Veranstaltungsberichte

PR von Parteien gewinnt an Profil, Berufsbild Sprecher ist im Aufbau

von Christian Spahr

Die KAS versammelt Experten aus Südosteuropa

Das KAS-Medienprogramm Südosteuropa lud Partei-Pressesprecher zum Erfahrungsaustausch in die KAS-Akademie Cadenabbia (Italien) ein. Deutsche PR-Profis und Journalisten ergänzten die internationale Fachtagung vom 31. Oktober bis 2. November 2013.

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Eine Umfrage des KAS-Medienprogramms kurz vor der Tagung hatte Fortschritte bei der politischen PR aufgezeigt: So gut wie alle Parteien aus dem Umfeld der Europäischen Volkspartei (EVP) in Südosteuropa haben heute eine ausgewiesene Kommunikationsabteilung, die nicht nur Pressemitteilungen verschickt. Fast alle Parteichefs besitzen ein Profil bei Facebook, und jede dritte Parteizentrale twittert im Namen ihres Vorsitzenden. Allerdings behalten sich viele Parteichefs Auftritte vor

TV-Kameras selbst vor – nur jeder zweite hat einen expliziten Pressesprecher, der in seinem Namen Statements abgibt. Das zeigt, dass das Berufsbild des Pressesprechers in der Region noch im Aufbau ist.

Aus neun Ländern Südosteuropas waren Kommunikationschefs und PR-Referenten von Parteien nach Cadenabbia gekommen: Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Moldawien, Mazedonien, Montenegro, Rumänien und Serbien. Aus den Länderberichten der Teilnehmer wurden gemeinsame Herausforderungen für die Kommunikation der Parteien auf dem Balkan deutlich:

  • Direkter Zugang der PR-Verantwortlichen zum Parteivorsitzenden
  • Beratungsmöglichkeit gegenüber der Parteispitze
  • Wahrnehmung der Rolle von Sprechern und PR-Beratern innerhalb der Partei
  • Polarisierung der Medienlandschaft
  • Schwieriger Zugang zu Medien für Oppositionsparteien
  • Fehlende ethische Standards für den Umgang von PR-Leuten mit Journalisten
  • Wahrung der eigenen Integrität und Schutz des eigenen Privatlebens
Wenn es um die Wahrnehmung von PR-Managern in der eigenen Partei angeht, müsse vor allem ihre Beratungs- und Steuerungsfunktion deutlich werden. Führungskräfte der Partei dürften Anrufe aus der Pressestelle nicht wegdrücken, meinte etwa Marko Selaković, Pressesprecher der serbischen Partei URS. Mehrere Seminargäste beschrieben die Herausforderung, Abgeordnete bei Interviews auf die offizielle Parteilinie einzuschwören. Hier empfahlen einige Teilnehmer ihren Kollegen ausführliche Briefings mit aktuellen Fragen und Antworten für die Fraktionsmitglieder.

Dirk M. Herrmann, Pressesprecher der CDU-Fraktion in Thüringen, gab als Referent einen Einblick in die Organisation der Pressearbeit einer Volkspartei in Deutschland. Ein Schwerpunkt seines Vortrags war das Kommunikationsmanagement auf nationaler und regionaler Ebene – ein Thema, das auch viele seiner Kollegen auf dem Balkan beschäftigt. Unter anderem ging es darum, wie Politiker aus einer Region auch landesweit in führenden Medien sichtbar werden können.

Interessen von PR-Managern und Journalisten zu wenig abgegrenzt

Dr. Markus Spieker, politischer TV-Korrespondent im ARD-Hauptstadtstudio Berlin, diskutierte mit den PR-Experten aus Südosteuropa über die unterschiedlichen Rollen von Pressesprechern und Journalisten. Dabei wurde deutlich, dass die Interessensphären beider Berufsgruppen in Deutschland weit stärker abgegrenzt sind als auf dem Balkan. So reagieren deutsche Journalisten auf Eingriffe in ihre Unabhängigkeit in der Regel sehr empfindlich, während auf dem Balkan Absprachen zwischen PR-Leuten und Redakteuren häufiger sind und für etliche von ihnen zum Alltag gehören. Darauf zu verzichten, fällt politischen Kommunikatoren in Südosteuropa schwer, weil sie davon ausgehen, dass Vertreter aller Parteien solche Möglichkeiten nutzen. Zumeist haben Parteien, die an der Regierung sind, weit bessere Karten und Einflussmöglichkeiten bei den Medien als Oppositionskräfte.

Die Polarisierung und mangelnde Balance der Medienlandschaft in Südosteuropa prägt auch das Berufsbild vieler PR-Manager. "Meine wichtigste Aufgabe ist, auf Angriffe zu antworten", sagte einer der Teilnehmer, "erst an zweiter Stelle kommt die Kommunikation eigener Kernthemen."

KAS engagiert sich für ethische Standards in politischer Kommunikation

Die Diskussion hat den Bedarf an ethischen Standards sowohl in der politischen Kommunikation als auch im Journalismus verdeutlicht – ein Themenfeld, auf dem sich das KAS-Medienprogramm Südosteuropa seit Jahren engagiert. So fördert die KAS nicht nur die professionelle Entwicklung von Presseräten, sondern hat mit der "Budvaer Erklärung" des Kommunikationsverbandes SEECOM gemeinsam mit Partnern auch Standards für Regierungs-PR formuliert. Ähnliche Richtlinien und Empfehlungen sollen künftig für die Pressearbeit politischer Parteien erarbeitet werden.

Ein weiterer Schwerpunkt des Seminars war der Einsatz sozialer Medien. Die Parteien in Südosteuropa haben das Potenzial von Facebook & Co. erkannt. Gerade vor dem Hintergrund einer polarisierten Medienlandschaft ist der direkte Kontakt zu Wählern wichtig. Selbst in kleineren Ländern wie Albanien, die noch nicht flächendeckend mit schnellem Internet versorgt sind, können Parteien nach Aussagen der Teilnehmer mehrere hunderttausend "Likes" erzielen. Martin Fuchs, Kommunikationsberater und Blogger aus Hamburg, diskutierte mit den Gästen Erfahrungen im Web 2.0 und die Vor- und Nachteile einzelner Online-Plattformen. Er formulierte zehn "goldene Regeln" für Parteien in sozialen Medien:

Goldene Regeln für soziale Medien

  1. Eine Strategie besitzen
  2. Sich nicht zu sehr nach Beratern richten
  3. Nicht erst kurz vor den Wahlen starten
  4. Den Bürgern zuhören
  5. Direkte Kommunikation wagen
  6. Wähler in Entscheidungen einbinden
  7. Nicht nur auf die Zahl der Fans achten
  8. Sich von anderen inspirieren lassen
  9. Kritische Rückmeldung nicht scheuen
  10. Nicht versuchen, möglichst cool zu sein
Die PR-Verantwortlichen machten in einer abschließenden Diskussionsrunde deutlich, dass es noch großen Bedarf an einer weiteren Professionalisierung gibt. Der PR-Beruf sei noch nicht allgemein anerkannt, es gebe keine starken Berufsverbände und vielerorts keine grundständige Ausbildung. Gerade deshalb seien Fortbildungen wie die der Konrad-Adenauer-Stiftung wichtig, aber auch der Erfahrungsaustausch und die Netzwerkbildung unter Experten. Alle drei Aspekte waren Ziele des Treffens in Cadenabbia. Die positive Rückmeldung trägt dazu bei, dass das KAS-Medienprogramm Südosteuropa auch künftig Partei-Sprecher weiterbilden und vernetzen wird.

Mitarbeit: Denica Zheleva

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Kontakt

Hendrik Sittig

Hendrik Sittig bild

Leiter des Medienprogramms Subsahara-Afrika

hendrik.sittig@kas.de +27112142900

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