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Veranstaltungsberichte

Reichweite des politischen Journalismus

Ausgewählte politische Journalisten aus aus Bosnien und Herzegowina, Montenegro und Serbien haben sich am Rundtischgespräch „Reichweite des politischen Journalismus in der Region“ versammelt, um die neuesten Medientrends zu diskutieren und Verbesserungsvorschläge zur Stärkung des politischen Journalismus anzubieten.

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Am Rundtischgespräch, das vom 24. bis 25. Mai 2012 in Montenegro stattfand, nahmen Chefredakteure und Journalisten aus Bosnien und Herzegowina, Montenegro und Serbien teil. Das Medienprogramm Südosteuropa der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) und das Balkan Media Team (BMT, aus Belgrad) waren Veranstalter dieses Rundtischgesprächs.

Alle Beteiligten waren sich einig: Die Medien in allen drei Ländern stehen unter bedeutendem Einfluss der Politik sowie der Wirtschaftsinteressen der Medienbesitzer. Die Beeinflus-sungsmechanismen sind heutzutage nicht so offensichtlich und repressiv wie sie es früher während der autoritären Regime waren. Die Politiker sowie Businessleute gehen nun mit den Chefredakteuren und Journalisten subtiler um und steuern so die Redaktionspolitik des jeweiligen Mediums. Inwieweit wir von einem politischen Journalismus sprechen können oder wie tief sich der politisierte Journalismus ver-wurzelt hat, waren die Hauptfragen bei diesem Rundtischgespräch.

Der Chefredakteur der serbischen Tageszeitung „Danas“, Herr Zoran Panovic, kritisierte die Zuordnung der Medien und Journalisten zu bestimmten politischen Parteien sowie Präsidentschaftskandidaten während der neulich auf allen Ebenen stattgefundenen Wahlen in Serbien. Die Gründe dafür findet er vor allem in dem nicht transparenten Medienbesitz. Daraus entstehen Spekulationen, dass die Redaktionspolitik am meisten von Tycoons und ähnlichen Machtzentren geführt wird und am geringsten von Journalisten. Unter solchen Umständen sei eine objektive Berichterstattung „eine schwierige Mission“, so Panovic.

Sowohl der investigative als auch der politische Journalismus in Bosnien und Herzegowina befinden sich am Rande des öffentlichen Diskurses. Im Falle, dass die Medien doch ihre verantwortliche gesellschaftliche Rolle ausfüllen wollen und über entdeckte Verstöße, Affären etc. berichten mögen, sagen die Justizorgane, dass die Medien das eingeleitete Verfahren behindern. Auf diese subtile Art wirken die Mächtigen auf die Themenaufsetzung in den bosnischen Medien ein. Und über die Journalisten sagte Frau Svetlana Cenic, freie Journalistin und Finanzministerin a.D.: „Sie werden durch Repressalien eingeschüchtert, um nicht über die Wahrheit und heikle Themen zu berichten.“

Wie sich die Printmedien in Montenegro einigen politischen Strömungen genähert haben, lässt sich durch Berichterstattungen vier unterschiedlicher Tageszeitungen zum gleichen Ge-schehnis (Feiertag zur Unabhängigkeit Monte-negros) illustrieren. Für eine Mediengruppe war dies ein „schwarzer Tag“ für die montenegrinische Gesellschaft, ohne dies durch journalisti-sche Arbeit weiter zu argumentieren. Die andere Mediengruppe bezeichnete diesen Tag als Beweis „für das europäische Montenegro“. Obwohl heute die freie Meinungsäußerung garantiert wird, ist es doch schwieriger politisch neutral und professionell zu bleiben als es in den 90-er Jahren der Fall war, so Drasko Djuranovic, Chefredakteur des Portals „Analitika“ aus Montenegro.

Am zweiten Tag des Rundtischgesprächs wurde zum Thema „Rolle des Staates und der Mediengesetze – Medienfreiheiten, -begrenzungen, -fehler“ vorgetragen und diskutiert. Während der ersten zehn Reformjahre ist das Mediensystem in Serbien durch verabschiedete Mediengesetze, gegründete Aufsichtsbehörden sowie den Presserat formell geregelt worden, aber die Journalisten machen immer noch nicht ihre Arbeit ausreichend professionell. Der Grund dafür könnte darin liegen, dass sich die Journalisten noch immer als Partner der Politik sehen, eben so wie sie knapp vor und nach dem sog. demokratischen Wechsel (5. 10. 2010) in Serbien agierten. Journalisten fühlen sich noch nicht frei und unabhängig und spielen demzufolge die Rolle des Partners der Politik gerne weiter. Eine Schlussfolgerung ist, dass diese „freiwillige Partnerschaft“ ein wichtiger Störfaktor bei der Etablierung der freien und unabhängigen Medien in Serbien ist. Dass diese Partnerschaft doch konstruktiv sein könnte, zeigte das Beispiel aus Montenegro: Die renommierten Medien und Journalisten haben bei der Verabschiedung der Mediengesetze eine bedeutende Rolle gehabt, so Herr Zeljko Rutovic, beigeordneter Kulturminister für Medien der montenegrinischen Regierung.

Des Weiteren war die Rede von der Themenaufsetzung sowie Berichterstattung über die Länder der Region. Schon zwei Jahrzehnte lang berichten die Journalisten über die gleichen Themen aus der Region: Europäische Integration der Nachbarnländer, Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal, Wirtschaft d.h. Privatisierung, Kriminalität. Die Teilnehmer waren sich einig, dass die auf diese Themen bezogene Berichterstattung auf überwiegend faktographischen Berichten und auf reiner Übertragung der politischen Statements beruht und daher von ziemlich geringer investigativer Herangehensweise zeugt. Darüber hinaus wird noch der einseitige Journalismus ausgeübt, dies indem gewisse öffentlichrechtliche Fern-sehsender immer den gleichen „Opinion Makers“ aus dem anderen Regionsland das Wort geben. Solche Sendungen tragen der objektiven Berichterstattung überhaupt nicht bei, worunter die einheimischen TV-Konsumenten am meisten leiden.

Folgende Schlussbemerkungen wurden von den Medienvertretern einstimmig formuliert:

1. Anstelle des journalistischen Journalismus ist der „Partner-Journalismus“ entstanden und die Medien wurden zu propagandistischen Instrumenten in den Händen der Politiker

2. Der investigative Journalismus in der Region befindet sich in der Krise: Anzahl der mutigen und freien Journalisten ist alarmierend gering

3. Der professionelle Standard ist im Gegensatz zum Grad der Zensur sowie der Autozensur gesunken

4. Schlechte materielle Situation und niedrige Gehälter der Journalisten verschlechtern zu-sätzlich die Medienlage

5. Journalistenvereine in der Region haben ihre Glaubwürdigkeit verloren, indem sie selber zu Interessengruppen geworden sind

Dieses zweitägige Rundtischgespräch mit und für Journalisten und Chefredakteure hat wie-derum gezeigt, dass die Demokratie in den Ländern der ex-jugoslawischen Region ohne des Triumvirates von a) Meinungsfreiheit, b) Medienfreiheit und c) Meinungspluralismus nicht aufrechterhalten werden kann. Vor diesem Hintergrund haben alle teilgenommenen Journalisten ihre Bereitschaft erklärt, sich sowohl einzeln als auch vernetzt zu aktivieren und sich dafür einzusetzen, einen von Einflüs-sen befreiten Journalismus zu betreiben. Dieses im Rahmen des Medienprogramms SOE der KAS veranstaltete Dialogprogramm hat zur Erreichung dieser Ziele mit Sicherheit einen bedeutenden Beitrag geleistet.

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