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Veranstaltungsberichte

Eine Agenda für die Entwicklung Mexikos mit sozialer Verantwortung

Cátedra Konrad Adenauer

Die Cátedra Konrad Adenauer, die von der Universität ITESO in Guadalajara, der Konrad-Adenauer-Stiftung und dem Unternehmerverband USEM organisiert wird, bietet ein Dialogforum für die Diskussion des Modells Soziale Marktwirtschaft und konkreter Vorschläge für Mexiko. Bei der Frühstückskonferenz am 20. September 2007 im University Club von Guadalajara sprach Dr. José Luis Calva von der UNAM. Die Veranstaltung wurde von Dr. Enrique Valencia Lomelí von der Universität Gudalajara moderiert.

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Dr. José Luis Calva stellte in seinem Vortrag das Forschungsprojekt “Agenda para el Desarrollo” vor, in dessen Rahmen 312 Wissenschaftler Analysen und Handlungsvorschläge für die mexikanische Wirtschaftspolitik entwickelt haben. Das Projekt mündete in die Veröffentlichung eines 15-bändigen Werkes “Colección Agenda para el Desarrollo” und die wesentlichen Thesen wurden von Calva erläutert.

Ausgangspunkt für das von Calva geleitete Projekt war die Erkenntnis, dass die mexikanische Wirtschaftsentwicklung in den letzten 25 Jahren stagniert hat. 1960 war das mexikanische BIP höher als das Spaniens und 1980 so hoch wie das Südkoreas, doch inzwischen übersteigt das BIP beider Länder das mexikanische um jeweils mehr als das dreifache. Calva spricht von einem verlorenen Vierteljahrhundert für die mexikanische Wirtschaft. Als Auslöser für die Krise macht Calva den mexikanischen Neoliberlismus verantwortlich, der in dieser Form in keinem anderen Land dieser Welt exisitiere.

In entwickelten kapitalistischen Ländern, sogar in den USA, gäbe es einen wirtschaftspolitischen Grundkonsens, der aus 4 Punkten bestehe:

  1. Kontrazyklische makroökonomische Politiken sind erlaubt, so evtl. in einer Rezession auch die Hinnahme eines höheren Haushaltsdefizits.

  2. In strategischen Sektoren sind Förderungsmaßnahmen der Wirtschaft erlaubt. (Südkorea z.B. hat nur durch massive Wirtschaftsförderung den Technologieboom möglich machen können.)

  3. Regulierende Instanzen greifen im Fall von Marktversagen ein, z.B. bei Monopolen, Oligopolen etc.

  4. Der Wohlfahrtsstaat finanziert sich zu einem beträchtlichen Teil aus progressiven Einkommenssteuern, Erbschaftssteuern, Kapitalsteuern etc.

Mexiko habe schon immer auf globalen Märkten agiert, aber die Globalisierung des 21. Jahrhunderts mache es nötig, durch aktive Wirtschaftspolitik die Fahrtrichtung zu bestimmen. Mexiko sollte aus den Erfahrungen der entwickelten Länder lernen und den wirtschaftlichen Grundkonsens annehmen, aber einen eigenen Weg entwickeln. Obwohl z.B. die USA immer wieder zum Wirtschaftsliberalismus nach Manier der Chicago Boys rieten, befolgten sie diesen Kurs selbst oft nicht. Calva zitierte den Nobelpreistraeger für Wirtschaft aus dem Jahr 2001, Joseph Stiglitz, in diesem Zusammenhang: “No miren lo que decimos, sino lo que hicimos y lo que estamos haciendo”.

Der Neoliberalismus sei in Mexiko Religion, obwohl man eigentlich aus seinem Scheitern (z.B. Finanzkrise 1994) hätte lernen müssen. In Mexiko verstünde man z.B. unter dem makroökonomischen Gleichgewicht jediglich eine geringe Inflation und kein Haushaltsdefizit. In jeglichen makroökonomischen Standardwerken sei allerdings Vollbeschaeftigung als Maß für das makrooekonomische Gleichgewicht aufgeführt. Ohne die beiden erst genannten wichtigen Faktoren zu vernachlässigen, solle Mexiko mehr reale Faktoren wie z.B. die Beschäftigungssituation berücksichtigen. Die Politik des “Banco de México” müsse sich ändern, da er sich lediglich um die Inflation kümmere. In entwickelten Ländern hätten die Zentralbanken sehr viel weit reichendere Funktionen.

Ein weiteres großes Problem seien die öffentlichen Finanzen. In Mexiko existiere statt einer progressiven eine regressive Steuerpolitik. 54% der Steuereinnahmen kommen aus Konsumsteuern (im europäischen Durchschnitt machen Konsumsteuern weniger als ein Viertel der Steuereinnahmen aus). Eine Steuerreform sei unerlässlich, damit der Staat unabhängiger von den Erdoeleinnahmen werde. Steuereinnahmen machen im Moment 10% der Staatseinnahmen aus, mit der “minireforma fiscal”, die gerade im Kongress verabschiedet wurde, werden es vielleicht 11%. Außerdem müsste auch die Ausgabenpolitik überdacht werden. Investitionen von 0,35% des BIP in Technologieentwicklung z.B. sei viel zu wenig. Auch das Finanzsystem sei zu überdenken, so müsse man u.a. den Bank-Oligopolen unbedingt entgegen treten.

Die Politik müsse auf die Gesellschaft hören, um eine Agenda der nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung verwirklichen zu können.

Die Veranstaltung war sehr gut besucht und nach dem Vortrag fand eine lebhafte und intelligente Diskussion über den Vortrag statt.

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