Medienforum diskutiert Reformnotwendigkeiten - Auslandsbüro Mexiko
Veranstaltungsberichte
Die Veranstaltung gab Gelegenheit, die gegenseitigen Perzeptionen der Medien- und Politikakteure kennenzulernen und auszutauschen. Im ersten Panel machten Vertreter von PAN, PRD und PRI ihre Einschätzungen zu Veränderungsnotwendigkeiten deutlich. Der PRD-Vertreter Fernando Belaunzarán etwa unterstrich, dass eine Staatsreform in Mexiko ohne eine wirkliche Medienreform nicht möglich sei. Besonders reformbedürftig sei das Fernseh- und Hörfunkgesetz, um die bestehenden Monopolstellungen einzelner Konzerne abzubauen. Allerdings übte er auch Selbstkritik: vor allem die Gouverneure benutzten ihre beträchtlichen und intransparenten Werbeetats, sich Medien gefügig zu machen. Marco Antonio Michel Diaz von der PRI hielt im gleichen Zusammenhang die Sanktionen, die für Verstöße gegen das Wahlgesetz vorgesehen seien, nicht für ausreichend: Nur wenn den Medien gegebenenfalls Lizenzentzug und den Parteien der Ausschluss von künftigen Wahlen drohe, würden die Regeln ernstgenommen. Der PAN-Vertreter Luis Rodolfo Oropeza Chávez sah vor allem die Situation in den Bundesstaaten kritisch und forderte die Medien auf, der Verantwortung, die ihnen als „Vierter Gewalt“ zuwachse, auch Rechnung zu tragen.
Überaus deutlich wurde dann der Herausgeber der Wochenendbeilage „enfoque“ der Zeitung Reforma, Ernesto Nuñez Albarrán. Zwar warnte er vor einem Anti-Parteienaffekt, gleichzeitig aber hielt er der Politik den Spiegel der öffentlichen Meinung vor. Parteien und Politiker gelten in Mexiko aus teuer und verschwenderisch, ineffizient und kompromissunfähig, so der Journalist. Der Bevölkerung falle es schwer, sie sowohl programmatisch als auch besonders in ihrem konkreten Verhalten noch zu unterscheiden. Die Gesellschaft müsse sich allerdings auch mehr einmischen und der Politik nicht nur passiv gegenüberstehen.
Die Thematisierung des Medieneinflusses und von Reformnotwendigkeiten erwies sich einmal mehr als überaus produktiv. Allerdings muss – bei aller Kritik an bestehenden Zuständen – vor einer Überregulierung gewarnt werden. Schon das aktuelle Wahlgesetz und erste Erfahrungen zeigen, dass Wahlbehörden und andere Aufsichtsorgane überfordert sind, wenn sie zu einem kompletten Monitoring, zur inhaltlichen Bewertung von Parteiäußerungen via Spots und Anzeigen sowie zur Verhängung von Sanktionen in zu vielen Einzelaspekten verpflichtet sind. Entsprechend gilt es, weitere Reformvorhaben kritisch zu begleiten.