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Veranstaltungsberichte

Seminar "Konsequenzen der Rückkehrmigration im Grenzgebiet"

Am 14. November 2014 veranstaltete die Universität von Tijuana zusammen mit der Konrad-Adenauer-Stiftung Mexiko und dem Centro de Alta Dirección Pública ein Seminar zum Thema Konsequenzen der Rückkehrmigration im Grenzgebiet zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten von Amerika.

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Das Seminar wurde vom Abgeordneten Andrés de la Rosa Anaya eröffnet, der betonte wie wichtig es sei, dass diese Art von Themen Verbreitung finden. Die Gesetzgeber widmeten sich der Problematik bereits, und man sei sich der Sensibilität des Themas Migration bewusst. „Wir sprechen hier von Menschen. Es gibt Vorschläge und Bemühungen, die nicht einfach sind. Wir werden uns auch in Zukunft dafür einsetzen, mehr Mittel und Wege zu finden“, sagte er. Er dankte der Universität für die Einladung und erklärte das Seminar anschließend für eröffnet.

Rückkehrmigranten und Binnenmigranten

Das Seminar begann mit einem Vortrag von Dr. Liliana Rivera des Colegio de México, in dem sie die Herausforderungen der sozialen Wiedereingliederung der Rückkehrmigranten in Mexiko-Stadt ansprach. Sie erklärte, dass diese Rückkehrer heute nicht dasselbe Profil haben wie noch vor 15 Jahren, als sie nach erfolgreicher Zeit im Ausland zurückkehrten, um ihr Geld in Mexiko zu investieren. Stattdessen gebe es heutzutage eine große Diversität, weil ein Großteil der Rückkehrer aufgrund kleiner Vergehen ausgewiesen werde, wie zum Beispiel wegen des Überquerens der Straße bei einer roten Ampel. „Die Gruppe der Migranten ist nicht homogen, es gibt unterschiedliche Profile. Aus diesem Grund müssen wir sie auch unterschiedlich behandeln und individuell auf sie eingehen“, sagte sie.

Die jugendlichen Migranten in Tijuana

Im zweiten Vortrag mit dem Titel „Jugendliche Rückkehrer ohne Begleitung in Tijuana. Soziodemografisches und familiäres Profil“ erklärte die Forscherin Aída Silva, dass der Großteil der minderjährigen Rückkehrmigranten 12-17 Jahre alt ist. Das YMCA betreue 48-58% von ihnen seit 2007, insgesamt 7.599 Personen. Was die Schulausbildung anbelangt, so gelte ein Jahr Sekundärschulbildung als genug und danach könnten die Rückkehrer wieder in Vollzeit auf dem Arbeitsmarkt beschäftigt werden.

18% von ihnen kommen ursprünglich aus Michoacán, 11,6% aus Jalisco, 9,9% aus Oaxaca und 5,2% aus Guanajuato. Beim Grenzübertritt Richtung Norden passieren 7 von 10 Frauen die Grenze auf offiziellem Wege, wohingegen die Männer eher den Weg über die Berge wählen. 69,1% der Männer und 74,2% der Frauen haben die Grenze nur einmal überschritten; 27,8% der Männer und 24,5% der Frauen haben es bis zu 4 Mal probiert.

Das Ziel der Rückkehrer

Dr. Virginia Ilesas vom Centro de Alta Dirección Pública hielt einen Vortrag mit dem Titel „Zerrissene Familien, Rückkehrmigranten an der nördlichen Grenze Mexikos“. Sie berichtete, dass es zwischen 1980 und 1990 fast 2000 Deportationen gab, 2% davon standen in direktem Bezug zu einer Straffälligkeit. Im Jahre 2013 kam es zu fast 30.000 Deportationen und in 2014 zu fast 400.000. Im Jahre 2007, so Ilesas, wurde eine Festnahmepolitik eingeführt, nach der minderjährige Kinder von deportierten Personen in Betreuungszentren gegeben werden, seien diese legal oder nicht. Damit wird diesen Kindern ein zeitlich begrenztes Adoptivheim zur Verfügung gestellt, aber jegliche rechtliche Verbindung zu ihren Eltern geht verloren.

Minderjährige Migranten

Der nächste Vortrag wurde von Dr. José Moreno Mena von derAutonomen Universität in Baja California zum Thema minderjährige Migranten gehalten. Dr. Moreno Mena berichtete, dass es Berichte von zivilgesellschaftlichen Organisationen zu Kindern gibt, die in Grenzregionen wohnen und die Grenze aus verschiedenen Gründen überqueren: aus Abenteuerlust, auf Identitätssuche, um eine Arbeit auf der anderen Seite zu finden oder zur Schule gehen zu können. Die Mehrheit der minderjährigen Deportierten kommt in zivilen Auffangstellen an und wartet dort darauf, dass der Kontakt zu ihren Eltern hergestellt wird. Andere hingegen haben nicht so viel Glück und geraten vom rechten Wege ab.

Laut Moreno Mena ist es sehr schwierig, Umfragen und Statistiken zu dieser problembehafteten Thematik zu finden. Die vorliegenden Zahlen geben nur das Alter der Kinder an und ob sie begleitet oder unbegleitet waren. Im Jahre 2012 wurden mehr als 16.069 Minderjährige deportiert und 2013 fast 17.000, die auf eigene Faust die Grenze passierten.

Die Interviews, die das Amt für Auswärtige Angelegenheiten mit ihnen durchführt, zeugen davon wie groß das Problem ist. 2012 waren ca. 12% der zurückgekehrten Minderjährigen in ein Delikt verwickelt. Dieses Jahr stieg die Zahl auf 16% an. Diese jungen Menschen müssen als Opfer betrachtet werden, die sich in den Fängen krimineller Gruppen befinden, seien es Drogenkartelle oder Menschenschmugglerbanden. Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika nutzt diese Kinder manchmal für Zeugenaussagen oder um Anklage gegen andere Minderjährige zu erheben.

Diskriminierung und Kriminalisierung

Dr. Gerardo Covarrubias von der Universität Iberoamericana hielt einen Vortrag mit dem Titel „Diskriminierung von Migranten in Mexiko. Eine Annäherung an die Kriminalisierung der Rückkehrmigranten: zwischen Solidarität und Zurückweisung“.

Seiner Ansicht nach müssen gesellschaftliche Praktiken untersucht werden, um die Stigmata zu identifizieren, die den Migranten anhaften. Migranten werden als nicht erwünschte Personen angesehen, und mit diesem Konzept wird gerechtfertigt, dass der freie Personenverkehr nicht genauso hoch angesehen wird wie der freie Güterverkehr, und dass Menschenrechte verletzt werden.

Dr. Covarrubias erklärte, gesellschaftliche und staatliche Gewalt sei in Mexiko kein Fremdwort. Die Einstellung Migranten gegenüber ist ambivalent, und Migranten auf Durchreise haben Angst und bekommen Anfeindungen und Gewalt zu spüren. Dieses Verhalten assoziieren sie dann mit den mexikanischen Behörden.

Er berichtete, dass die Nationale Umfrage zu Migration des Nationalrats für die Prävention von Diskriminierung (Consejo Nacional para Prevenir la Discriminación, CONAPRED) auch den Umgang mit Migranten untersucht. Es zeigt sich, dass Migranten eine von drei Gruppen stellen, deren Rechte nicht respektiert werden – neben Homosexuellen und der indigenen Bevölkerung. Die Statistik zeigt, dass 4 von 10 Migranten diskriminiert werden. Es herrscht der Glaube, dass Zentralamerikaner keine Rechte haben und keinen Respekt verdienen.

Polarisierte Grenzen

Der letzte Vortrag des Seminars behandelte polarisierte Grenzen und wurde von Professor Enrique Higuera von der Autonomen Universität in Baja California gehalten. Er berichtete, eines der „Grenzprobleme“ sei, dass die in der akademischen Forschung gewonnenen Erkenntnisse nicht in die Praxis umgesetzt werden. Es werde viel darüber geredet, was getan werden soll, aber politische und gesellschaftliche Hürden verhinderten die Umsetzung, da die Gesellschaft manchmal keinen Wandel wünsche und lieber alten Schemata folge.

Laut Higuera denken Minderjährige, die über die Grenze gehen, nicht notwendigerweise daran, dass sie auf der anderen Seite ein besseres Leben erwartet. Normalerweise werden sie noch nicht einmal gefragt, ob sie überhaupt gehen wollen. Dies führt dazu, dass sie an zwei Stellen allein gelassen werden: in ihrem Heimatland und wenn sie (gezwungenermaßen) an einen anderen Ort gebracht werden. Bereits in diesen Momenten werden ihre Rechte verletzt, da man ihnen keinen Respekt entgegenbringt.

Zum Abschluss des Seminars dankte Alberto Villalobos, Direktor des Centro de Alta Dirección Pública, im Namen des Rektors Professor Jesús Ruiz Barraza und der ganzen Universität allen Teilnehmern für ihre Anwesenheit bei dieser Jahresabschlussveranstaltung des Zentrums.

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Kontakt

Nicole Stopfer

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Leiterin Regionalprogramm Energiesicherheit und Klimawandel Lateinamerika

nicole.stopfer@kas.de +51 1/320 2870

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