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Veranstaltungsberichte

Was fehlt ist der politische Wille

von Frank Priess

Experten diskutieren notwendige Reformen für Mexiko

Die zentralen Reformfelder Staat/Regierungssystem, Bildung, Arbeit und Finanzen waren jetzt Gegenstand des hochkarätig besetzten Forums „Die Reformen, die Mexiko braucht“, zu der die Stiftung Rafael Preciado Hernández und die Konrad Adenauer Stiftung gemeinsam eingeladen hatten. Klar wurde nicht nur den rund 120 Teilnehmern in Mexikos Hauptstadt einmal mehr: in erster Linie hapert es in Mexiko am politischen Willen beteiligter Akteure und ihrer Konsensfähigkeit, nicht an fehlenden Erkenntnissen, dass die wichtigen Strukturreformen im Lande nicht vorankommen.

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Gleich zu Beginn stellte der ehemalige Vizegouverneur der mexikanischen Zentralbank, Everardo Elizondo Almaguer, zudem bestimmte Grundbehauptungen aktueller Finanzdebatten in Frage: Defizite bei wichtigen Aufgaben entstünden, so Elizondo, oft nicht durch zu geringe staatliche Investitionen, sondern vielmehr durch fehlende Effizienz und Sinnhaftigkeit bestimmter Projekte. Dies gelte nicht zuletzt auch für den Bildungsbereich und das staatliche Hochschulwesen. Die Auflösung des Energieversorgers Luz y Fuerza del Centro etwa habe bewiesen, welche Einsparungsreserven ohne Qualitätsverluste Mexiko noch besitze. Finanzierungswünsche, die nicht durch Einnahmen gedeckt werden könnten, bedeuteten zudem entweder Steuern heute oder Steuern morgen, dann nämlich, wenn zum Instrument des Schuldenmachens gegriffen werde. Blicke man sich in Lateinamerika nach nachahmenswerten Beispielen um, werde man vor allem in Chile fündig. Vergleiche zeigten dabei eindeutig, dass höhere öffentliche Ausgaben eben gerade nicht der Schlüssel zu mehr Entwicklung und Wachstum seien.

Ihm pflichtete Luis Foncerrada Pascal vom Centro de Estudios Económicos del Sector Privado (CEESP) bei. Es gehe bei der aktuellen finanzpolitischen Diskussion eben nicht nur um eine Steuerreform, die die Einnahmeseite verbessere, sondern vielmehr um grundlegende Strukturreformen der öffentlichen Finanzen. Dringlichkeit bestehe, weil die Erdölreserven Mexikos zur Neige gingen. Schon jetzt würde die renta petrolera – anders als zum Beispiel in Ländern wie Norwegen – in viel zu großem Umfang für laufende Konsumausgaben verwendet. Einige seiner konkreten Vorschläge zur Zukunftssicherung: Grundsteuern sollten künftig von den Bundesstaaten erhoben werden, Überweisungen des Nationalstaates an sie und an die Gemeinden müssten bezüglich der Verwendung deutlich transparenter werden, gleichzeitig bedürfe es auf diesen Ebenen einer „Schuldenbremse“. Parallel plädierte er für einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz von 16 Prozent, Vereinfachungen im Steuerwesen und eine Reduzierung der Ministerien.

Staatssekretär José Antonio González Anaya aus dem Finanzministerium konnte immerhin berichten, dass sich die Steuereffizienz in Mexiko in den zurückliegenden zehn Jahren bereits deutlich erhöht habe. Trotz sinkenden Steuerquoten seien die Einnahmen des Staates deutlich gestiegen, was mit einer Verbreiterung der Steuerbasis erklärt werden könne. Hier könne noch mehr getan werden, zumal wenn man wisse, dass die Steuereinnahmen zu 50 Prozent aus der Einkommens- und zu 40 Prozent aus der Mehrwertsteuer resultierten.

Fragen von Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit Mexikos im globalen Konkurrenzkampf spielten auch beim Panel zu Reformen am Arbeitsmarkt eine zentrale Rolle. Einig waren sich die Experten darüber, dass die niedrige Produktivität mexikanischer Arbeitnehmer ein zentrales Entwicklungshindernis darstelle.

Humankapital, so etwa Jesus E. de la Rosa von IBM, brauche Flexibilität. Parallel müsse mehr und anders in dieses Humankapital investiert werden. Mario López Roldán von der OECD bezeichnete das Arbeitsrecht als die „Software“ der Wirtschaft eines Landes. Die beim Forum diskutierten Reformen in den Bereichen Finanzen, Arbeit und Bildung stellten dabei quasi das „Bermuda-Dreieck“ Mexikos dar. Zusammen mit Japan sei Mexiko in der OECD das Land, wo die Arbeitnehmen am meisten Zeit für Arbeit aufwendeten, nur geschähe dies im ersten Fall eben nicht produktiv. Spezielles Augenmerk sei zudem auf die Jugendlichen zu richten, damit keine „verlorene Generation“ entstehe. Ihr Nachteil – ihre Arbeitslosenquote läge in Mexiko doppelt so hoch wie bei den Erwachsenen – liege in fehlender Qualifikation und Berufserfahrung, die man allerdings erst durch die Möglichkeit zur Berufstätigkeit erlange. Entsprechend müssten neue und einfachere Zugangswege in den Arbeitsmarkt getestet werden. Der Vorschlag zur Arbeitsrechtsreform der Regierung Calderón sei eine „solide Basis“.

Diese Reform verteidigte auch der Staatssekretär im Arbeitsministerium Àlvaro Castro Estrada, der die Forumsteilnehmer eindringlich ermunterte, sich für die Reformagenda einzusetzen und entsprechenden Druck auf die politischen Akteure zu erzeugen. Den beteiligten Stiftungen dankte er dafür, dass sie Schlüsselfragen für die Zukunft Mexikos aufgriffen und die dafür nötigen Strukturreformen immer wieder zum Thema machten.

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