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Veranstaltungsberichte

Zwischen Kinderwunsch und Selektion

von Daniel Schranz

Expertenrunde diskutierte über die Präimplantationsdiagnostik

Die Präimplantationsdiagnostik (PID) steht nicht nur im Deutschen Bundestag fraktionsübergreifend in der Diskussion. Die mit ihr verbundenen zentralen verfassungsrechtlichen und ethischen Fragen waren auch Thema der Veranstaltungsreihe "Köln & Köpfe" der Konrad-Adenauer-Stiftung.

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Das Forum Volkshochschule im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum ist an diesem Donnerstagabend fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Das bunt gemischte Publikum aller Altersgruppen verdeutlicht den Stellenwert der aktuellen Diskussion zur Präimplantationsdiagnostik (PID) jenseits von Parteigrenzen und politischen Lagern, wie Daniel Schranz, Landesbeauftragter der Konrad-Adenauer-Stiftung für NRW, zu Beginn der Veranstaltung betont. Schirmherrin Ursula Heinen-Esser MdB führt aus, dass der Gesetzgeber aufgefordert sei, eine neue Rechtsgrundlage zu schaffen. Über viele Jahre war unklar, ob das Embryonenschutzgesetz die Untersuchung von künstlich erzeugten Embryonen vor der Implantation in die Gebärmutter zulässt. Der Bundesgerichtshof hat nunmehr im Juli 2010 festgestellt, dass die Präimplantationsdiagnostik unter bestimmten Voraussetzungen rechtlich zulässig ist. Aktuell liegen drei Gesetzentwürfe von Abgeordneten verschiedener Parteien vor.

In der folgenden Diskussion der Expertenrunde unter der Moderation von Tobias Kaufmann, Chef vom Dienst beim Kölner Stadtanzeiger, werden die zentralen verfassungsrechtlichen und ethischen Fragen eingehend beleuchtet. Auf dem Podium sitzen sich zwei Positionen gegenüber: auf der einen Seite Hubert Hüppe, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, und der Generalsekretär des Zentralkomitees deutscher Katholiken, Dr. Stefan Vesper, auf der anderen Seite Michael Kretschmer MdB, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, und die stellvertretende Vorsitzendes des Deutschen Ethikrates, Professor Dr. med. Christiane Woopen.

Eindeutig lehnt Hubert Hüppe die PID als eine Methode ab, „die nur den Sinn hat, Menschen nach bestimmten Kriterien auszusortieren“. Dies richte sich auch ausdrücklich gegen Menschen mit Behinderungen. Dagegen plädiert Frau Professor Woopen für eine Zulassung in sehr engen Grenzen, da bei der Betrachtung die Schutzansprüche der Mutter nicht gänzlich außer Acht gelassen werden sollten. Deswegen habe der Ethikrat auch explizite Ausschlussgründe formuliert, die das Massenscreening, Rettungsgeschwister und Geschlechtsbestimmung umfassen.

Michael Kretschmer fügt hinzu, dass in Deutschland die künstliche Befruchtung erlaubt und Schwangerschaftsabbrüche in bestimmten Fällen straffrei seien: „Den Mittelbereich mit der PID dürfen wir entsprechend nicht ignorieren, die Politik muss eine Lösung für dieses Dilemma anbieten!“ Auf der Gegenseite kann das Argument nicht überzeugen, da man die genannten Instrumente ebenfalls nicht befürworte. Dr. Vesper befürchtet sogar einen „Dammbruch“, da man keine genauen Grenzen in dieser Frage setzen könne: „Selektion steht dem Menschen einfach nicht zu!“ Zudem warnt er vor der Ausweitung von sogenannten Einzelfällen: „Aus vielen Ausnahmen wird irgendwann die Regel!“

Dem entgegnet Frau Professor Woopen die mangelnde Ewigkeitsgarantie von politischen Entscheidungen, Gesetze seien eben immer „im Fluss“. Schließlich ist die ethische Abgrenzung zur Polkörperdiagnostik, mit der ein Großteil der Erbkrankheiten ebenfalls bestimmt werden kann, ein großes Thema auf dem Podium. Damit eng verknüpft ist die Frage nach dem Beginn des menschlichen Lebens.

Auch das Publikum beteiligt sich intensiv an dem Gespräch. Schicksale betroffener Eltern im persönlichen Umfeld werden angeführt, während andere wiederum auf die engen ethischen Grenzen verweisen, die mangels genauer Abgrenzungsmöglichkeiten gewahrt bleiben müssten.

In einem Punkt sind sich aber schließlich Publikum und alle Diskutanten einig: Es ist gut, wenn sich jeder Bürger mit dieser wichtigen Frage intensiv auseinandersetzt und eine breite gesellschaftliche Debatte existiert. „Jeder befindet sich hier auf seiner persönlichen ethischen Suche“, wie es Dr. Vesper formuliert. „Keiner macht sich die Entscheidung leicht!“

Text und Fotos: Tobias Schenk

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