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Mehr Aufmerksamkeit für die Politik

Erstmals in der Geschichte der VAE diskutierten gewählte Abgeordnete über ihre Rolle

Ende September waren etwa 130.000 Emiratis aufgerufen, 20 Mitglieder des Federal National Council zu wählen. Nach 2006 waren es die zweiten Wahlen in der Geschichte des Landes. Welche Bedeutung sie für das Land haben, das diskutierten am 20. Oktober zahlreiche Experten auf einer gut besuchten Konferenz der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Zusammenarbeit mit der Zayed Universität in Abu Dhabi. Es war das erste Mal in der Geschichte der VAE, dass gewählte Abgeordnete sich der öffentlichen Diskussion darüber stellten, wie ihre künftige Rolle im politischen System des Landes aussieht.

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Ende September waren etwa 130.000 Emiratis aufgerufen, an die Wahlurnen zu gehen und 20 Mitglieder des Federal National Council (FNC, der Nationalrat) zu wählen. Nach 2006 waren es die zweiten Wahlen in der Geschichte des Landes. Welche Bedeutung sie für das Land haben, das diskutierten am 20. Oktober zahlreiche Experten auf einer gut besuchten Konferenz der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Zusammenarbeit mit der Zayed Universität in Abu Dhabi. Die Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft analysierten die mediale Berichterstattung und den Wahlverlauf in zwei Diskussionsrunden. Es war das erste Mal in der Geschichte der VAE, dass gewählte Abgeordnete sich der öffentlichen Diskussion darüber stellten, wie ihre künftige Rolle im politischen System des Landes aussieht.

Salem Mohammed Al-Ameri aus Abu Dhabi ist einer der neu gewählten Abgeordneten des FNC. Aus seiner Sicht war einer der entscheidenden Punkte für seinen Wahlerfolg, dass er im Wahlkampf nicht nur konventionelle Medien wie Zeitungen oder lokale Fernsehsender für Werbung nutzte, sondern auch in sozialen Medien wie Facebook und Twitter aktiv war. Dr. Marilyn Roberts, Dekanin der Fakultät für Medienwissenschaften an der Zayed Universität, bestätigte diesen Punkt: „Bei den Wahlen war ein strategischer Wahlkampf der Schlüssel zum Erfolg. Die Kandidaten mussten in sehr kurzer Zeit bekannt werden und den Wählern ihr Programm erklären. Die sozialen Netzwerke waren dabei besonders wichtig, um junge Wähler zu erreichen.“

Den engen Zeitrahmen kritisierte FNC-Kandidat Nasser Hassan Al-Shaikh. „Wir hatten nur drei Wochen Zeit, um mit den Wählern in Kontakt zu treten.“ Für ihn hat es nicht gereicht - wie die meisten der fast 500 Bewerber wurde er nicht in den FNC gewählt. Für den Erfolg waren aber nicht nur eine gute Kampagne und zahlreiche freiwillige Unterstützer wichtig, sondern auch die finanziellen Mittel der Bewerber. Das räumt auch Al-Ameri ein: „TV-Werbung ist sehr teuer.“ Das konnte sich nicht jeder leisten.

Ein weiterer Kritikpunkt vieler Kandidaten war die mangelhafte Berichterstattung der Medien im Vorfeld der Wahlen. Die Anwältin und freie Journalistin Diana Hamade sagte: „Um zu wissen, dass es Wahlen gab, musste man hellsehen können. Die lokalen Medien haben sich kaum mit dem Thema beschäftigt. Nur am Wahltag waren sie wirklich präsent.“ Al-Shaikh bestätigte, dass viele Wähler gar nicht wissen, welche Aufgaben der FNC hat. Ein junger Journalist aus dem Publikum wand dagegen ein, dass die Zeitungsberichterstattung gut gewesen sei, die elektronischen Medien sich allerdings zu wenig mit den Wahlen beschäftigt hätten.

Als weiteres Problem wurde beschrieben, dass die meisten Medien in den Emiraten der Regierung gehören und entsprechend beeinflusst worden seien. Eine junge emiratische Journalistin aus dem Publikum sagte, dass sie angehalten wurde, mehr über diejenigen Kandidaten zu berichten, die auch für Werbung zahlten. Dr. Matt Duffy, Assistenzprofessor der Fakultät für Medienwissenschaften an der Zayed University und Moderator der ersten Diskussionsrunde, betonte, dass es zwischen Berichterstattung und Werbung eine strikte Trennung geben müsse.

Im zweiten Panel stand insbesondere die Beziehung des Federal National Council zur Bevölkerung im Vordergrund. Eindrücklich schilderte dabei Sheikha Eisa Ghanem Al Ari ihre Erfahrungen: Sie war bei den Wahlen im September 2011 als einzige weibliche Abgeordnete in den FNC gewählt worden. Ihr Bezug zur Politik sei zunächst sehr klein gewesen, an eine Kandidatur habe sie nie gedacht. Viele Freunde und Bekannte hätten sie jedoch direkt angesprochen und gefragt, ob sie sich nicht zur Wahl stellen wolle. "Wenn ein solcher Wunsch mitten aus der Gesellschaft kommt, dann fängt man natürlich an, über eine mögliche Kandidatur nachzudenken" resümierte sie. Als die Entscheidung anzutreten dann gefallen war, habe sie fest mit einem Erfolg gerechnet: "Ich spürte von Beginn an, dass ich eine Gewinnerin sein würde". Eine umfassende Medienkampagne habe sie nicht benötigt, da sie in ihrem Umfeld ohnehin sehr bekannt war.

Laut Dr. Ebtesam Al-Ktebi, Professorin für Politikwissenschaft an der UAE-Universität in Al-Ain, bestand die Aufgabe der Medien im Vorfeld der Wahlen vor allem darin, Aufmerksamkeit für die politischen Vorgänge im Land zu erzeugen. Die benötigten Informationen müssten von den politischen Institutionen selbst kommen, hier gebe es noch Verbesserungsbedarf. Denn natürlich müsse es auch nach der Wahl Berichterstattung über die Mitglieder und die Arbeit des FNC geben: "Die Bevölkerung will schließlich wissen, wie sich die von ihnen Gewählten in künftigen politischen Debatten verhalten."

Dieser Wunsch wurde auch von Ahmed Shabeeb Al Dhaheri – dem stellvertretenden FNC-Präsidenten in der letzten Wahlperiode – unterstrichen. Diese Offenheit sei elementar dafür, mit der Bevölkerung in einen Dialog über politische Zielsetzungen treten zu können.

In diesem Zusammenhang machte Sheikha Eisa Ghanem Al Ari auch darauf aufmerksam, dass die derzeitige Website des FNC (http://www.almajles.gov.ae) zwar über das unterrichte, was auch in der Presse im Vorfeld zu den Wahlen berichtet worden war, der Bevölkerung jedoch immer noch zu wenige Informationen rund um die Arbeit des FNC liefere.

Trotz aller Bemühungen der Medien liege es jedoch auch an der Bevölkerung selbst, ein Bewusstsein für Politik und gesellschaftliche Diskussionen zu entwickeln, betonte Mishaal Al Gergawi, Journalist und Kommentator. Bildung spiele hier eine entscheidende Rolle. Die Emirate befänden sich auf einem guten Weg. „Man muss immer positiv denken und das Glas eher als halb voll denn als halb leer betrachten.“

 

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Philipp Dienstbier

Philipp Dienstbier

Leiter des Regionalprogramms Golf-Staaten

philipp.dienstbier@kas.de +962 6 59 24 150

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