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Veranstaltungsberichte

Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf das Justizwesen

von Paul Saadeh, Philipp Bremer

Gemeinsam mit LFPCP veranstaltete die KAS ein Webinar über die Auswirkungen der Pandemie auf die Arbeit der Gerichte in mehreren arabischen und europäischen Ländern

Am Mittwoch, den 24. November 2021, organisierte das Rechtsstaatsprogramm Naher Osten & Nordafrika der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Zusammenarbeit mit der Libanesischen Stiftung für dauerhaften zivilen Frieden (LFPCP) einen Online-Workshop, in dem sieben Positionspapiere aus Ägypten, Spanien, Tunesien, Estland, Libanon, Rumänien und Marokko vorgestellt und diskutiert wurden, um die Herausforderungen und besten Praktiken zu identifizieren, die durch die COVID-19-Pandemie und ihre Auswirkungen in den genannten Ländern entstanden sind.

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Um 15 Uhr wurde der Online-Workshop mit einer kurzen Begrüßungsrede von Rechtsanwalt Rabih Kays von LFPCP eröffnet, in der er darauf hinwies, dass zu Beginn der Pandemie viele Gerichte geschlossen wurden, ohne dass es einen Plan oder eine klare Marschroute für die Wiedereröffnung oder den Umgang mit der Situation gab. Er fügte hinzu: "In unserem Webinar werden wir sehen, wie sich die Gerichte auf eine solch neue und beispiellose Situation in der heutigen Zeit eingestellt haben".

In seiner anschließenden Eröffnungsrede stellte der Leiter des Rechtsstaatsprogramms Naher Osten & Nordafrika der Konrad-Adenauer-Stiftung, Philipp Bremer, den Teilnehmern/innen die Konrad-Adenauer-Stiftung, ihr Programm im Libanon und in der Region vor. Er drückte seine Dankbarkeit und Freude darüber aus, dass so viele erfahrene Richter/innen aus so vielen Ländern an dem Treffen teilnahmen und ihre Erfahrungen wie Expertiese enbringen, denn es sei "eine großartige Chance, sich zu vernetzen und voneinander zu lernen; wie sind Gerichte in ganz Europa und der MENA-Region mit der Situation umgegangen, welche bewährten Verfahren wurden entwickelt?" Herr Bremer vermittelte auch eine Botschaft der Hoffnung, indem er erklärte, dass wir, auch wenn die Zahlen derzeit wieder ansteigen, gemeinsam den Coronavirus besiegen und die Situation nutzen können, um daraus zu lernen.

 

Der anschließende Workshop war in zwei Teile gegliedert: eine Eröffnungssitzung und Präsentationen.

 

Die Eröffnungssitzung:

In dem ersten Teil wurden weitere Eröffnungsreden von vier Gästen gehalten:

Der Abgeordnete George Okais - Mitglied des Parlamentsausschusses für Justiz und Verwaltung - eröffnete die Veranstaltung, indem er erklärte, dass jede Dringlichkeitsentscheidung in einem angemessenen Verhältnis zur Bedrohung stehen sollte, und forderte die Länder auf, angesichts der Ausbreitung von Covid-19 nicht überzureagieren. Darüber hinaus betonte er den vorübergehenden Charakter der Entscheidungen und betonte, dass "Eilrechtsschutz nicht zur primären Praxis werden dürfe".

Der palästinensische Justizminister, S.E. Dr. Mohammed al-Shalaldeh, unterstrich in seinen anschließenden Ausführungen die Bedeutung des staatlichen Eingreifens in einer solchen Ausnahmesituation. Anschließend nannte er einige Beispiele für die von der palästinensischen Regierung ergriffenen Präventionsmaßnahmen.

Im Anschluss daran wies der Vorsitzende des Richterclubs in Marokko, Richter Abdul Latif Al Chentouf, darauf hin, dass es für alle viel zu tun gäbe, und stellte fest, dass "in Marokko eine elektronische Transformation (Digitalisierung) im Gange ist, die von vielen aufstrebenden zivilgesellschaftlichen Organisationen unterstützt wird". Er fügte hinzu: "Aus akademischer und gesellschaftlicher Sicht war der Covid-19 eine Katastrophe, aber auch eine Gelegenheit, die Nutzung elektronischer und digitaler Werkzeuge zu verbessern und zu fördern".

Die letzten Bemerkungen im ersten Teil des Webinars stammen von Richter Faysal Makki. Der Vorsitzende des Richterclubs im Libanon wies darauf hin, dass das Recht sieben Eigenschaften hat, die unabhängig von den jeweiligen Umständen angewandt werden sollten. Er erwähnte insbesondere Folgendes: "Eine dieser Eigenschaften ist die Nachhaltigkeit; daher sollten wir die traditionellen laufenden Verfahren innerhalb der Justiz überdenken".

 

Die Präsentationen:

Richter/innen aus sieben verschiedenen Ländern, von verschiedenen Gerichten und Räten, wurden gebeten, Positionspapiere über die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf das Justizwesen in ihren jeweiligen Ländern (vier Länder der MENA-Region und drei europäische Länder) zu erstellen. In diesem zweiten Teil werden die jeweils vorbereiteten Forschungspapiere vorgestellt:

1)- Richter Ahmed Abo El Enein - Ägypten

2)- Richterin Marisa Maurel Santasusana - Spanien

3)- Richterin Nejiba Zaier - Tunis

4)- Richter Kai Härmand - Estland

5)- Richter Rabih Maalouf und Richterin Raja Abi Nader - Libanon

6)- Richter Dragoş Călin, Nicolae Ploesteanu, Daniel-Mihail Şandru - Rumänien

7)- Richter Anass Sadoun - Marokko

Die Situation in den arabischen Ländern - Marokko, Tunesien, Libanon und Ägypten – ähnelte sich: 90 % der Gerichte waren geschlossen, und die meisten Verfahren wurden vorübergehend ausgesetzt. Ähnlich verhielt es sich in Spanien, wo es drei Monate lang keine Verhandlungen gab. Die Unterschiede zwischen den Ländern, auch in Europa, zeigten sich jedoch insbesondere in Estland, wo eine sehr flache Verwaltungsebene neben einem flexiblen und einfachen Entscheidungsfindungssystem besteht. Dies hat der Justiz insgesamt geholfen, sich rasch an die veränderte Situation anzupassen. Estland könnte somit als Vorbild dienen, da es in der Lage war, schnell auf elektronische Verfahren umzusteigen und innerhalb von nur drei Jahren seit 2018 einen Anstieg der Video- und Fernverhandlungen um 140 % zu verzeichnen. In Rumänien und Spanien entschied sich der Staat für ambitionierte Pläne, die jedoch leider mehr Zeit als erwartet benötigten, um korrekt umgesetzt zu werden.

Insgesamt hat die Pandemie ganz grundsätzliche aber gleichzeitig sehr wichtige Fragen darüber aufgeworfen, wie ein stabiler, stetiger und nachhaltiger Zugang zur Justiz gewährleistet werden kann.

 

In den Tagen nach dem Webinar wird ein E-Paper erstellt, das alle Länderstudien und Präsentationen zusammenfasst, übersetzt, bearbeitet, veröffentlicht und online gestellt. Sie können es auf der rechten.

 

Wir möchten uns bei LFPCP für die Vorbereitung dieser großartigen Veranstaltung bedanken und bei den vielen erfahrenen Richtern/innen und Expert/inn/en, die uns mit ihrem Fachwissen und ihren Einsichten unterstützt haben.

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Kontakt

Paul Saadeh

Paul Saadeh

Projektkoordinator

paul.saadeh@kas.de +961 1 385 094 | +961 1 395 094
Webinar - Covid and the Judiciary

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