Vortrag
Details
Vor fünf Jahren, zum 20. Jubiläum der Friedlichen Revolution,
bot das Politische Bildungsforum Sachsen die
Veranstaltungsreihe „Wie schmeckte die DDR?“ an. Der Titel
wirkte irritierend, aber gesucht wurde ein Begriff, der die
Verschränkung von objektiver Wirklichkeit und subjektiver
Wahrnehmung charakterisiert. Geschmack ist nicht objektiv,
aber auch nicht rein subjektiv – man muss schon etwas in
den Mund nehmen, um es zu schmecken.
Erstaunlicherweise entfachten sich die Diskussionen
während der Veranstaltungen nicht am Ost-West-Verhältnis,
sondern an den unterschiedlichen Wahrnehmungen
innerhalb des Systems DDR. Das Selbstverständnis jener,
die nach 1989 den Verlust einstiger Vorteile feststellen
mussten, prallte auf die Erfahrung derer, die damals
benachteiligt worden waren und jetzt ihre Freiheit nutzen.
Dabei waren doch aber die Wiedervereinigung und die
unhinterfragte Übernahme der bundesrepublikanischen
Normalität der Ausgangspunkt der Reihe gewesen.
Haben sich die Ostdeutschen bisher überhaupt mit dem
Selbstverständigungsdiskurs der alten Bundesrepublik
beschäftigt? Wissen Sie, was deren Bürger prägte, welche
Erfahrungen sie vor 1989 machten und welche Entwicklungschancen
sich ihnen boten? Das wäre doch eine
notwendige Voraussetzung gewesen für eine glückende
Vereinigung! Diese Lücke möchte die Reihe „Wie schmeckte
die Bundesrepublik?“ schließen.
Wir laden Sie herzlich ein, Knackpunkte in der Entwicklung
der alten Bundesrepublik aufzuspüren und miteinander ins
Gespräch zu kommen. Vielleicht gibt es ja gar kein Ost-
West-Problem, sondern nur Vorbehalte, die sich beim
Zuhören und bei der anschließenden Diskussion auflösen.
Prof. Dr. Christoph Bartscherer (Jg. 1959) studierte Latein und katholische Theologie später Germanistik und Neuere deutsche Literatur in München. Parallel zum Studium absolvierte er 1989 ein Volontariat beim Bayerischen Fernsehen. Er promovierte 1996 zum Thema: „Das Ich und die Natur“ über Alfred Döblin. 2003 habilitierte sich Bartscherer an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg über Heinrich Heine. Bartscherer hatte in der Folge verschiedene Lehraufträge, so war er etwa von 2003 bis 2008 Privatdozent für Neuere deutsche Literatur an der Universität Heidelberg. Zudem arbeitete er parallel auch als Kultur-, Literatur- und Medienredakteur als auch als Literaturkritiker. 2012 wurde Bartscherer an die Katholische Universität Eichstätt –Ingolstadt berufen, wo er den Lehrstuhl für "Deutsche Philologie: Neuere deutsche Literatur" innehat.