Vortrag
Details
Vor fünf Jahren, zum 20. Jubiläum der Friedlichen Revolution,
bot das Politische Bildungsforum Sachsen die
Veranstaltungsreihe „Wie schmeckte die DDR?“ an. Der Titel
wirkte irritierend, aber gesucht wurde ein Begriff, der die
Verschränkung von objektiver Wirklichkeit und subjektiver
Wahrnehmung charakterisiert. Geschmack ist nicht objektiv,
aber auch nicht rein subjektiv – man muss schon etwas in
den Mund nehmen, um es zu schmecken.
Erstaunlicherweise entfachten sich die Diskussionen
während der Veranstaltungen nicht am Ost-West-Verhältnis,
sondern an den unterschiedlichen Wahrnehmungen
innerhalb des Systems DDR. Das Selbstverständnis jener,
die nach 1989 den Verlust einstiger Vorteile feststellen
mussten, prallte auf die Erfahrung derer, die damals
benachteiligt worden waren und jetzt ihre Freiheit nutzen.
Dabei waren doch aber die Wiedervereinigung und die
unhinterfragte Übernahme der bundesrepublikanischen
Normalität der Ausgangspunkt der Reihe gewesen.
Haben sich die Ostdeutschen bisher überhaupt mit dem
Selbstverständigungsdiskurs der alten Bundesrepublik
beschäftigt? Wissen Sie, was deren Bürger prägte, welche
Erfahrungen sie vor 1989 machten und welche Entwicklungschancen
sich ihnen boten? Das wäre doch eine
notwendige Voraussetzung gewesen für eine glückende
Vereinigung! Diese Lücke möchte die Reihe „Wie schmeckte
die Bundesrepublik?“ schließen.
Wir laden Sie herzlich ein, Knackpunkte in der Entwicklung
der alten Bundesrepublik aufzuspüren und miteinander ins
Gespräch zu kommen. Vielleicht gibt es ja gar kein Ost-
West-Problem, sondern nur Vorbehalte, die sich beim
Zuhören und bei der anschließenden Diskussion auflösen.
Prof. Dr. em. Hajo Funke wurde am 18. November 1944 in Guhrau/Polen geboren. Von 1954 bis 1964 besuchte er das Gymnasium. Anschließend studierte er Soziologie und Politische Wissenschaften. Von 1977 bis 1983 war er Research Fellow am Wissenschaftszentrum Berlin. Von 1988 bis 1989 war er Vertretungsprofessor von Professor Alexander Schwan für den Lehrstuhl der Politischen Philosophie an der Freien Universität Berlin. Ab 1993 hatte er den Lehrstuhl für Politik und Kultur am Institut für Politische Wissenschaften an der Freien Universität Berlin inne. Seit 2010 ist er im Ruhestand. Seine Arbeitsschwerpunkte waren der Autoritarismus und der Rechtsextremismus, sowie Migration, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus.