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Medizin im Datenrausch? Risiken durch Big Data und Digitalisierung in der Gesundheitsfürsorge

von Felix Koopmann

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Der Abend ist bereits die zweite gemeinsame Veranstaltung der beteiligten Institutionen, die Interessierte sowie Experten aus Politik und Medizin zusammenbringt, um aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen zu diskutieren.

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Am Mittwoch, dem 14. März, sprach der Methodenwissenschaftler und Mathematiker Prof. Dr. Gerd Antes vom Universitätsklinikum Freiburg, der zugleich auch das Deutsche Cochrane Zentrum leitet und dem Deutschen Netzwerk Evidenzbasierte Medizin vorsteht, am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden zu den Risiken von „Big Data“ in der Medizin. Rund 160 Teilnehmer informierten sich im Plenum des Dekanatshörsaals auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung, der Dresden International University und des Universitätsklinikums über aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen der Datenverarbeitung und Digitalisierung. Der Abend, der unter dem Titel „Medizin im Datenrausch!? Risiken durch Big Data und Digitalisierung in der Gesundheitsfürsorge“ stand, ist bereits die zweite gemeinsame Veranstaltung der beteiligten Institutionen, die Interessierte sowie Experten aus Politik und Medizin zusammenbringt, um aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen zu diskutieren.

Zu Beginn des Abends meldete sich Dr. Joachim Klose, Landesbeauftragter der Konrad-Adenauer-Stiftung für Sachsen, der krankheitsbedingt nicht an der Veranstaltung teilnehmen konnte, mit einer Videobotschaft zu Wort und bot mit der These „Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts – ein Schatz, den es zu heben gilt“ einen ersten Einblick in die Brisanz des Themas. In seiner anschließenden Rede wies Prof. Dr. Gerd Antes auf die Schwierigkeiten im Umgang mit dem Begriff „Big Data“ hin, der zwar rege diskutiert wird, jedoch je nach Diskussion Bereiche der Digitalisierung, Vernetzung, Translation, Innovation oder individualisierten Medizin umfasst. Der Methodenwissenschaftler räumte zudem mit einem gängigen Vorurteil auf: Eine Zunahme an Daten bedeute nicht automatisch auch eine validere Grundlage für Forschungen und Untersuchungen, sondern könne sogar hinderlich sein. Denn im Rahmen von Untersuchungen gilt es, wichtige und qualitativ hochwertige Daten von solchen zu trennen, deren Erhebung qualitative Mängel aufweist. Prof. Antes plädiert daher für einen kritischen Umgang mit der neuen Datenwelt und fordert diese in der bisherigen wissenschaftlichen Qualitätswelt zu verankern. Die Verfügbarkeit zahlloser Daten dürfe nicht zu einer unkritischen Haltung führen, die die bisher valide wissenschaftliche Methodik unterwandert. Daher ist nach Prof. Antes ein wissenschaftlicher Rahmen im Umgang mit „Big Data“ dringend erforderlich. Evidenzbasierte Untersuchungen sollten dem Marketing der führenden Tech-Unternehmen Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft, die vor allem den Nutzen von „Big Data“ im öffentlichen Diskurs forcieren, entgegen gehalten werden. Prof. Antes betont: Um das Konstrukt „Big Data“ umfassend zu diskutieren, bedarf es vor allem einer Diskussion von Schäden und Kosten neuer Technologien und Datenverarbeitungen, die in der Medizin eingesetzt werden. Seine Rede schloss der Experte mit einem Appell. Die Chancen von „Big Data“ zu nutzen, heißt auch ein Gleichgewicht aus Ethik und Technik zu finden. Denn die beste Einschätzung bezüglich erhobener Daten trifft heute immer noch der Mensch.

Im Anschluss diskutierte Prof. Antes die Thematik im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Dresdner Universitätsklinikums sowie Dr. Martin Sedlmayr, Professur für Medizininformatik an der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus Dresden. Kontrovers wurden dabei etwa die Rolle der Wirtschaft und ihr Einfluss auf die Datenverarbeitung beleuchtet. Aber auch die Datenschutzvorgaben an die Medizin sowie das Datenbewusstsein der Patienten rückten in den Mittelpunkt. Prof. Michael Albrecht stellte heraus, dass im Umgang mit medizinischen Daten die Mediziner die Datenhoheit behalten müssten, anstatt diese an Unternehmen abzugeben. Dr. Martin Sedlmayer betonte zugleich, dass Unternehmen nicht ausgeschlossen werden dürfen, um Synergieeffekte zu nutzen. „Big Data“ allein sei lediglich eine Methode deren Nutzung vom umsichtigen und verantwortungsvollen Umgang der Mediziner abhängt. Prof. Gerd Antes hob zudem die Notwendigkeit eines öffentlichen Diskurses hervor. Erst wenn die Möglichkeiten und die Risiken von „Big Data“ reflektiert diskutiert werden, kann zukünftig auch die Wissenschaft vom täglich ansteigenden Datenmaterial profitieren.

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9. Juni 2017
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