Zum Anlass des diesjährigen Leipziger Bachfests veranstaltete die Konrad-Adenauer-Stiftung Dresden in Kooperation mit dem Bacharchiv, dem Literaturhaus Leipzig e.V. und der Universität Leipzig die Veranstaltungsreihe Nachdenken über Bach. Das Bachfest hat in Leipzig eine jahrzehntelange Tradition und bringt jedes Jahr einem internationalen Publikum den Komponisten Johann Sebastian Bach in zahlreichen Konzerten und Veranstaltungen näher. Im Rahmen von Lesungen und Expertengesprächen setzten sich am 14. und 15. Juni sechs Autorinnen und Autoren mit Bach und seinem Werk auseinander.
Den Auftakt zur Reihe gab Prof. Dr. Norbert Lammert, Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung. In seiner Eröffnungsrede hob er die kulturelle und gesellschaftliche Bedeutung von Literatur und Musik sowie deren wechselseitiges Verhältnis hervor. In zum Teil eigens für den Anlass verfassten Texten betrachteten die Autorinnen und Autoren daraufhin das musikalische Schaffen Bachs aus ihren ganz eigenen Blickwinkeln und fanden dabei immer wieder Bezüge zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Fragen. Im Nachgang der Impulse stieg Literaturkritiker Denis Scheck im Gespräch mit den Autorinnen und Autoren jeweils noch tiefer in die vorgetragenen Themen ein und fragte auch nach der persönlichen Motivation, sich mit der Relevanz von Bach in ihrer Kunstform – dem geschriebenen Wort – zu befassen. Begleitet und untermalt wurden die Beiträge von Klavier- und Orgelstücken vorgetragen von Preisträgern des Bach-Wettbewerbs, Jan Čmejla (2025) und Jakub Moneta (2024).
Die Impulse folgten dem diesjährigen Motto des Bachfests Transformation, welches unter anderem auf die Auseinandersetzung mit Johann Sebastian Bach in der heutigen Zeit und einer damit einhergehenden Neubetrachtung oder gar Rekonstruktion seiner Werke unter heutigen politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen verweist.
Im Gespräch mit Literaturkritiker Denis Scheck verwies Bachexperte und Intendant des Bachfest, Prof. Dr. Michael Maul, etwa auf die politischen Dimensionen von Musik. Wo und in welchem Zusammenhang diese etwa gespielt werde, könne genauso von Bedeutung sein wie auch die Stimme die Musik Positionen oder Personengruppen verleihen kann.
Auch der israelische Philosoph Omri Boehm, Professor an der New School for Social Research in New York, rückte in seinem Beitrag das Zusammenspiel von Kunst und Gesellschaft ins Zentrum. Ausgehend von seinem Begriff des Universalismus widmete er sich der hochaktuellen Frage nach der Konstruktion von Identität – und eröffnete damit eine dezidiert politische Perspektive auf das Erbe Johann Sebastian Bachs.
Christoph Hein ging in seiner Novelle auf die Widerstände ein, mit welchen Bach sich im Zuge seiner Karriere auseinandersetzen musste, darunter anderem auf das Verhältnis zur Obrigkeit wie auch gesundheitliche Einschränkungen. Dabei besprach Hein insbesondere die Frage nach dem Wert von Arbeit. Er selbst, berichtete er in seinem Gespräch mit Scheck, arbeite an 360 Tagen im Jahr und beklagte scherzhaft, dass er nicht mehr Bücher pro Jahr veröffentlichen könne.
Am Sonntag eröffnete Prof. Dr. Eva Ines Obergfell, Rektorin der Universität Leipzig, den zweiten Tag der Veranstaltung, bevor Publikumsmagnet Ian McEwan sich in seiner Lesung literarisch der Pilgerreise Bachs nach Lübeck näherte.
Angela Steidele, welche sich mit Bach vor dem Hintergrund der Aufklärung aus einer weiblichen Perspektive beschäftigt, und der österreichische Schriftsteller Robert Schneider rundeten die Veranstaltungsreihe am Sonntag mit ihren eigens für diesen Tag verfassten Texten ab.