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Veranstaltungsberichte

„Deutschland einig Vaterland“

Prof. Andreas Rödder an der Universität Freiburg

Prof Andreas Rödder stellte sein Buch "Deutschland einig Vaterland" an der Universität Freiburg vor.

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Auf Einladung des Bildungswerkes der Konrad-Adenauer-Stiftung war Prof. Andreas Rödder zu Gast in Freiburg. Der Historiker von der Universität Mainz legte mit seinem gerade erschienenen Buch „Deutschland einig Vaterland“ eine umfassende Darstellung der deutschen Wiedervereinigung vor. In einer gemeinsamen Veranstaltung mit dem Colloquium Politicum der Albert-Ludwigs-Universität referierte Rödder vor etwa 100 Gästen – darunter auch der ehemalige Rektor der Universität Freiburg, Prof. Dr. Wolfgang Jäger – die wesentlichen Thesen seines Buches, die er zu „zehn Punkten zur Wiedervereinigung“ verdichtet hatte.

Laut Rödder ist „Wiedervereinigung“ der richtige Begriff für die Geschehnisse der Jahre 1989/90, weil die deutsche Einigung nur aus der Geschichte, also als eine Wiederherstellung eines früheren Zustandes territorialer Zusammengehörigkeit, legitimiert werden kann.

Einen besonderen Blick warf er auf die Akteure der Wiedervereinigung. Neben der Bürgerbewegung der DDR und der Bonner Regierung unter Helmut Kohl nahm er insbesondere die internationalen Akteure, d.h. die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges, in den Blick. Den friedlichen Aufstand in der DDR würdigte er dabei ebenso als Vorraussetzung für die deutsche Einheit wie die Bereitschaft der USA und der Sowjetunion, den Kalten Krieg zu beenden. Am Anfang stand Gorbatschow, der mit seiner mutigen Reformpolitik Kräfte entfesselte, die er am Ende nicht mehr beherrschen konnte.

Helmut Kohls herausragende Leistung sei es gewesen, diesen historischen Augenblick zu erkennen und für seine forcierte Einigungspolitik in Innen- und Außenpolitik zu nutzen. Der Weg über den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik (der bis heute immer wieder kritisch diskutiert wird) sei unter dem Druck der Massenflucht aus dem Osten alternativlos gewesen. Zudem stellte Rödder heraus, dass die DDR-Bürger selbst bei den ersten freien Wahlen in der DDR im März 1990 ein deutliches Zeichen für eine schnelle Wiedervereinigung gesetzt hätten.

„Die getroffenen Entscheidungen sind also gar nicht problematisch“, konstatierte Rödder, „eher die Haltungen, mit denen der Wiedervereinigung begegnet wurde.“ Mit jener Kritik nahm Rödder die verschiedenen Perspektiven von Ost und West auf ein vereinigtes Deutschland in den Blick. Im Osten reichten die Emotionen von Minderwertigkeitskomplexen bis zu vollkommen unrealistischen Erwartungen an den Staat. Diese seien auch eine Folge der westdeutschen Regierungshaltung gewesen, die im Vertrauen auf die heilsame Kraft dauernden Wirtschaftswachstums die Schwierigkeiten der ostdeutschen Wirtschaft bei weitem unterschätzte. In dieser Situation hätte man sich von der Regierung unter Helmut Kohl ein deutliches Wort zu den Kosten der Wiedervereinigung und einen Appell an die an die notwendige Solidarität zwischen den beiden Landesteilen gewünscht, so Rödder. Auch wenn man 20 Jahre danach mit Blick auf städtebauliche Leistungen, die verbesserten Umweltbedingungen und einer allgemein gestiegenen Lebensqualität – ohne Anführungszeichen – von blühenden ostdeutschen Landschaften sprechen könne, sei die hohe Arbeitslosenquote im Osten nach wie vor der „wunde Punkt der Wiedervereinigung“, weil die Wachstumslogik des Westens nicht gegriffen habe. Andreas Rödder wies mit Sorge darauf hin, dass seit 1990 – zu einem Zeitpunkt als sich die Bundesrepublik mit ihren sozialstaatlichen Leistungen bereits übernommen hatte und sich mit der Tradition des DDR-Wohlfahrtsstaates vereinigte – ein Trend zum starken Staat der sozialen Sicherheit bestehe, der bürgerliche Verantwortung und Freiheit beschneide und zu Lasten nachfolgender Generationen die Handlungsspielräume des Staates massiv einenge.

Die rege Diskussion im Plenum zeigte nochmals auf, welche Fragen der deutschen Einheit bis heute ungeklärt sind. Auf die Frage nach seiner Vision für Deutschland in zwanzig Jahren zögerte der Historiker Rödder und äußerte stattdessen einen Wunsch, der sich aus der Erfahrung von zwanzig Jahren deutscher Einheit speist: "dass die Deutschen in Ost und West die anstehenden Jubiläen nutzen, um mehr voneinander wissen zu wollen und gegenseitig mehr Verständnis füreinander zu entwickeln. Dann wäre für Deutschland schon viel gewonnen."

Jakob Katzmann

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