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Veranstaltungsberichte

Wohin steuert die Türkei?

Als letzte Station einer deutschlandweiten Vortragsreise des Politikwissenschaftlers Professor Dr. Mustafa Nail Alkan mit dem Leiter des Auslandsbüros Türkei der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. Sven-Joachim Irmer hat das Regionalbüro Südbaden der Konrad-Adenauer-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Ring Christlich Demokratischer Studenten Freiburg ein Forum zum Thema Türkei in der Universität Freiburg organisiert.

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Der Leiter des Regionalbüros Südbaden, Thomas Wolf, erinnerte an die traditionell guten wirtschaftlichen, politischen und strategischen Beziehungen der beiden Länder. Nicht zuletzt in der Flüchtlingspolitik sei die Türkei ein wichtiger Partner Deutschlands und der EU. Allerdings scheinen die deutsch-türkischen Beziehungen derzeit auf einem Tiefpunkt angelangt zu sein. Ist ein Dialog trotz unterschiedlicher Auffassungen in grundsätzlichen Fragen noch möglich? Während die deutsche Perspektive auf die Türkei Erdogans aus den Medien bekannt sei, biete das Forum die Gelegenheit, sich mit einer türkischen Sichtweise auseinanderzusetzen.

Im Anschluss daran stellte Sven-Joachim Irmer die Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung in der Türkei vor. Es gehe darum, Brücken zu bauen, trotz aller Schwierigkeiten im Dialog mit den türkischen Behörden zu bleiben und die junge Generation der Türken wieder für Europa zu gewinnen.

Zu Beginn seines Vortrags stellte Dr. Alkan fest, dass es einen normalen Dialog zwischen Deutschland und der Türkei derzeit nicht mehr gebe. Großer Wert müsse daher darauf gelegt werden, auf anderen Ebenen miteinander zu diskutieren.

Die Türkei, eine „autoritäre Demokratie“?

Nach Dr. Alkan habe die Türkei ein anderes Verhältnis zu Demokratie, als der Westen. Die Probleme, die die Türkei mit der Demokratie westlicher Prägung habe, lassen sich mit der Geschichte erklären. Die heutige Türkei sei vom Erbe des osmanischen Reichs geprägt. Der Referent erwähnte das Beispiel des Sultans, der sich nie entschuldigte und nie zurücktrat. Außerdem hätten die Türken ein besonderes Verhältnis zu Autoritäten und suchen immer den „starken Mann“. Die Demokratie in der Türkei könne man daher als „autoritäre Demokratie“ bezeichnen.

Die Türkei und die Welt

Die Türkei wende sich von der einseitigen Fixierung auf dem Westen ab und beziehe sich seit 2013 auf das neue Konzept der „wertvollen Einsamkeit“. Mit anderen Worten stehe die Türkei in der internationalen Politik allein. Professor Alkan stellte trotzdem klar, dass es bei dieser wertvollen Einsamkeit nicht um Isolation handele.

Überdies sei die EU-Mitgliedschaft keine Priorität mehr für die Türkei. Die Türken verstehen nicht, warum sich der Beitrittsprozess bereits seit 58 Jahren hinziehe. Hinzu kommt die Frage, ob sich die Türken als Europäer fühlen. Die Türkei habe die Möglichkeit in anderen Regionen aktiv zu sein als in Europa. Weder sei die Türkei zur Zeit stark an der EU interessiert noch zeige die EU Interesse an einer Mitgliedschaft der Türkei.

Zum Schluss bot Dr. Alkan verschiedene Lösungsvorschläge an, um die wichtigsten Konflikte zwischen den beiden Ländern zu entschärfen und die Beziehungen zwischen Europa und der Türkei zu verbessern. Die heutige Strategie der Konfrontation solle durch Dialog abgelöst werden. Die Türkei und die EU müssten sich wieder an einen Tisch setzen und offen miteinander reden, statt nur übereinander zu sprechen. Dr. Alkan plädierte für eine Politik der kleinen Schritte, da ein Dialog auf höchster Ebene für den Moment unmöglich sei.

In der folgenden Diskussion mit dem Publikum wurden verschiedene Probleme, Konflikte und Meinungsverschiedenheiten im Verhältnis zwischen der Türkei und Deutschland angesprochen. Es ging u.a. um die EU und die NATO als Wertgemeinschaft; um die Spaltung der Türkei, die sich im knappen Ausgang des Referendums gezeigt hatte; um die Situation in der Türkei nach dem Putschversuch im Juli vergangenen Jahres; um die Unabhängigkeit der Justiz in der Türkei oder um die Rolle der Gülen-Bewegung.

Text: Moïra Tourneur und Thomas Wolf | Fotos: Aylin Er

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Kontakt

Thomas Wolf

Thomas Wolf

Leiter Regionalbüro Südbaden des Politisches Bildungsforums Baden-Württemberg

thomas.wolf@kas.de +49 761 156 4807-2 +49 761 156 4807-9

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