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APEC 2022 IN THAILAND

von Dr. Céline-Agathe Caro, Sarita Piyawongrungruang

Drittes Gipfeltreffen in Südostasien im November 2022 mit einem Fokus auf Handel-, Wachstums- und Nachhaltigkeitsfragen

Nach mehreren zwischenstaatlichen Treffen in Kambodscha (Ostasien-Gipfel, US-ASEAN-Gipfel, ASEAN-Gipfel) und der G20 in Indonesien hat das dritte internationale politische Ereignis in Südostasien diesen Monat nun in Thailand stattgefunden. Der APEC-Gipfel fokussierte sich auf Handels-, Wachstums- und Nachhaltigkeitsfragen. Alle 21 Mitglieder konnten sich trotz regionaler Spannungen, Differenzen zu Russlands Krieg in der Ukraine, ökonomischer Herausforderungen nach der Covid-19-Krise und geostrategischer Rivalitäten auf eine gemeinsame Abschlusserklärung einigen. Diese bekräftigte die VN-Resolution vom 2. März 2022, die die Aggression der Russischen Föderation gegen die Ukraine verurteilte. Die APEC-Mitglieder veröffentlichten zudem eine gemeinsame Ministererklärung und verabschiedeten die „Bangkok-Ziele“ zu einer biologischen und grünen Circular Economy. Staats- und Regierungschefs sowie hochrangige Vertreter der 21 Volkswirtschaften nahmen an dem Gipfel teil. Unter den Gaststars befanden sich der chinesische Präsident Xi Jinping, die Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten Kamala Harris und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Wladimir Putin, Russlands Präsident, blieb dem internationalen Treffen wieder einmal fern. An seiner Stelle kam der Erste Stellvertretende Ministerpräsident Andrei Belousov.

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Hintergrund

Die Asiatisch-Pazifische Wirtschaftsgemeinschaft (Asia-Pacific Economic Cooperation, APEC) ist ein regionales Wirtschaftsforum mit 21 Mitgliedern aus der asiatisch-pazifischen Region.[1] Dieses Forum zielt darauf ab, durch regionale wirtschaftliche Integration und Wachstum mehr Wohlstand für die Menschen in der Region zu schaffen. Gegenwärtig repräsentieren die APEC-Mitglieder zusammen etwa ein Drittel der Weltbevölkerung, zwei Drittel des weltweiten Bruttoinlandsprodukts und die Hälfte des Welthandels. Der APEC-Gipfel 2022 fand am 18. und 19. November in Bangkok unter dem Motto „Open. Connect. Balance.“ (dt.: Öffnen. Verbinden. Balancieren.) statt.

Als Gastgeber nutzte Thailand den Gipfel, um die so genannten „Bangkok Goals“ („Bangkok-Ziele“) zu promoten. Diese folgen einem neuen thailändischen Wirtschaftsmodell für integratives, innovatives und nachhaltiges Wachstum, das im Land unter dem Akronym „BCG“ („Bio-Circular-Green“) bekannt ist. Auf der Agenda der thailändischen Regierung stand auch u.a. die Erleichterung von Handel und Investitionen für die digitale Wirtschaft, die Förderung des Zugangs zu Finanzierungsquellen für Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen (KKMU) und die Ankurbelung des Gesundheits- und Ökotourismus.

Neben allen APEC-Mitgliedern hat die thailändische Führung drei Gastländer zum Gipfel eingeladen: Kambodscha, Saudi-Arabien und Frankreich. Kambodscha hat dieses Jahr den Vorsitz der ASEAN inne. Saudi-Arabien wurde eingeladen, nachdem Bangkok vor wenigen Monaten wieder diplomatische Beziehungen zu Riad aufgenommen hatte.[2] Frankreich ist mit seinen überseeischen Gebieten und seiner Strategie für den indo-pazifischen Raum ein wachsender Sicherheitsakteur in der Region. Paris hat außerdem sein Interesse an einer Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen mit Thailand bekundet. Somit ist zum ersten Mal seit der Gründung der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft im Jahr 1989 ein europäischer Staats- oder Regierungschef zum APEC-Gipfel eingeladen worden.

Eine Woche vor dem APEC-Treffen starteten mehr als 50 zivilgesellschaftliche Organisationen gemeinsam die Kampagne #StopApec2022. Sie äußerten die Sorge, dass Premierminister Prayuth Chan-ocha viel Steuergeld für das APEC-Forum ausgeben könnte, vor allem um sich und seine Regierung in ein gutes Licht zu rücken. Parallel dazu fand die Diskussion "APEC 2022: Greenwashing Giant Corporate, Rebranding State Monopoly to Capture Natural Resources" statt. Die Vertreter dieser Initiative lehnen das BCG-Wirtschaftsmodell als Initiative der Regierung ohne Beteiligung der Öffentlichkeit ab. Sie betrachten es zudem als ein Projekt für Großunternehmen mit möglichen negativen Auswirkungen für den Schutz natürlicher Lebensgrundlagen. Die Gruppe kündigte an, während des Gipfels zu demonstrieren.

Die Royal Gazette veröffentlichte am 12. November eine Regierungsanordnung, um Proteste in der Nähe des Gipfels vom 14. bis 19. November zu untersagen. Die thailändische Regierung setzte zudem mehr als 20.000 Polizisten und 30 Spezialeinheiten für die Sicherheit der VIPs ein. Anlässlich des Gipfels wurde außerdem in der gesamten Stadt Bangkok eine große Anzahl von Überwachungskameras neu installiert.

 

Ergebnisse

Eine gemeinsame Erklärung des APEC-Ministertreffens (AMM), die bereits am ersten Gipfeltag veröffentlicht wurde, kritisierte die russische Aggression gegen die Ukraine aufs Schärfste: Diese verursache „unermessliches menschliches Leid“ und verschlimmere „schon existierende Schwachstellen in der Weltwirtschaft, indem sie das Wachstum hemme, die Inflation erhöhe, die Versorgungsketten unterbreche, die Energie- und Ernährungsunsicherheit verschärfe und die Risiken für die finanzielle Stabilität erhöhe“. Die Minister stellten jedoch auch fest, dass es „unterschiedliche Einschätzungen“ zu der Situation und den Sanktionen von einigen Mitgliedern gebe und dass APEC nicht das Forum sei, um Sicherheitsfragen zu lösen.[3] Dieser Paragraph findet sich auch zu Beginn der Erklärung der Staats- und Regierungschefs wieder.

Die finale APEC-Erklärung für 2022 beinhaltet zudem folgende Kernpunkte:

  • ÖFFNEN: Die APEC-Mitglieder bekräftigen ihr Engagement, die Märkte offen zu halten und Störungen in den Lieferketten zu vermeiden. Sie möchten zudem die Diskussion über die Möglichkeit einer Freihandelszone für den asiatisch-pazifischen Raum (FTAAP) in der Zeit nach der Pandemie fortsetzen.
  • VERBINDEN: Nach der Pandemie soll der grenzüberschreitende Reiseverkehr, beispielsweise von Flug- und Schiffspersonal, in der Region gefördert werden. Hierfür sollen die entsprechende Infrastruktur und Instrumente verbessert werden.
  • BALANCIEREN: Die APEC-Mitglieder bewilligten die „Bangkok-Goals“ und damit die Förderung des BCG-Wirtschaftsmodells als Grundlage für eine integrative, nachhaltige, umweltfreundliche und systematische Wirtschaft in der Region. Intensivere Anstrengungen seien erforderlich, schreiben sie, um die heutigen Herausforderungen wie Klimawandel, extreme Wetterverhältnisse und Naturkatastrophen, Ernährungssicherheit und nachhaltige Energiewende zu bewältigen.[4]

Eine Notfallsitzung wurde am Rande des Forums einberufen, um den nordkoreanischen Test einer interkontinentalen ballistischen Rakete am 18. November, der gegen mehrere UN-Sicherheitsresolutionen verstößt, zu verurteilen. US-Vizepräsidentin Kamala Harris rief gemeinsam mit fünf weiteren Staats- und Regierungschefs aus Australien, Japan, Südkorea, Kanada und Neuseeland Nordkorea dazu auf, weitere unrechtmäßige destabilisierende Handlungen zu unterlassen. Vor einem Publikum, das manchmal über das Engagement Washingtons in der Region besorgt ist, wies Vizepräsidentin Kamala Harris außerdem in ihrer Hauptrede auf das seit langem bestehende Netz an Sicherheitsallianzen der USA in Asien hin. Sie bekräftigte auch, dass die USA Wirtschaftspartnerschaften in Asien als „eine der obersten Prioritäten“ der Biden-Administration betrachten und betonte: „Die Vereinigten Staaten sind hier, um zu bleiben“.

Präsident Macron unterstrich seinerseits die Bedeutung internationaler Regeln, des Multilateralismus und eines inklusiven und nachhaltigen Wachstums. Er lehnte eine Konfrontation zwischen den zwei Großmächten kategorisch ab und sprach sich stattdessen für ein „dynamisches Gleichgewicht“ aus, das auf der Souveränität jedes Einzelnen, gegenseitigem Respekt und der Zusammenarbeit aller beruhe.

 

Bewertung

Nach allen internationalen Gipfeln, die im November 2022 stattfanden (Ostasiengipfel, ASEAN-Gipfel, G20 und COP27), steht zu befürchten, dass die Ergebnisse des APEC-Gipfels schnell in Vergessenheit geraten könnten. Dies gilt umso mehr, als wenig Neues beschlossen wurde. Genau wie ähnliche Gipfel der jüngsten Vergangenheit befassten sich die meisten APEC-Diskussionen mit innovativen Strategien, um die Wirtschaft nach der Pandemie und inmitten geostrategischer Spannungen wieder anzukurbeln. Bereits zwei Tage zuvor hatte die abschließende G20-Erklärung auf Bali den Ukrainekrieg fast wortgleich verurteilt. Wie bei der COP27, die parallel stattfand, spielten Klima-, Umwelt- und Nachhaltigkeitsfragen eine wichtige Rolle.

Einige politische Entwicklungen sind bei diesem APEC-Treffen trotzdem bemerkenswert:

Die Verurteilung der russischen Aggression gegen die Ukraine ist nicht neu, sie ist aber prominent zu Beginn der finalen Erklärung zu finden. Sie zeigt, dass alle APEC-Mitglieder – inklusiv Russland – trotz unterschiedlicher Positionen zum Krieg weiterhin miteinander kooperieren werden. Wie bei der G20 in Bali galt ein solches Ergebnis noch kurz vor dem Event nicht als selbstverständlich. Diese Entwicklungen in Bali und Bangkok werden in der Region von manchen als Balanceakt und Erfolg der ASEAN-Länder zelebriert.

Wie bei der G20 nutzte Präsident Xi den Gipfel, um eine Reihe von bilateralen Treffen abzuhalten. Der November 2022 markiert somit die Rückkehr des chinesischen Führers auf das diplomatische Parkett. In Abwesenheit von US-Präsident Joe Biden und Russlands Präsident Wladimir Putin stand er im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. In Bangkok wie in Bali legten Präsident Xi Jinping und die westlichen Staats- und Regierungschefs – allen voran die US-Amerikaner – Wert darauf, die zunehmenden Spannungen und die angespannte Kommunikation zwischen den beiden führenden Weltmächten zu entschärfen. So fand ein privates Treffen zwischen Präsident Xi und Vizepräsidentin Harris am Rande des APEC-Gipfels statt. Harris betonte, dass die USA „offene Kommunikationskanäle aufrechterhalten wollen, um den Wettbewerb zwischen den beiden Ländern verantwortungsvoll zu gestalten“. Xi sagte seinerseits in Bangkok, der asiatisch-pazifische Raum sei niemandes Hinterhof und dürfe nicht zu einem Schauplatz der Rivalität zwischen Großmächten werden.

Für Thailand ist der Gipfel aus allen diesen Gründen ein Erfolg. China verkündete außerdem, sich zukünftig stärker in Thailand, u.a. im Östlichen Wirtschaftskorridor (EEC) und den Sonderwirtschaftszonen, engagieren zu wollen., Die Vereinigten Staaten wollen Thailand zukünftig bei der Entwicklung eines begrenzten Kernkraftwerksprogramms zur Eindämmung des Klimawandels unterstützen. Thailand hat auch bilaterale Gespräche u.a. mit Vietnam, Australien, Neuseeland, Saudi-Arabien und Frankreich abgehalten. Diese Treffen sollten die Zusammenarbeit u.a. in den Bereichen Wirtschaft, Gesundheit, Klimawandel, Infrastruktur und Bildung vertiefen.

Kritik am APEC-Gipfel 2022 gab es vor allem in Thailand selbst: Im Vorfeld des Events wurden Berichten zufolge einige regierungsfeindliche Gruppen, u.a. Studentenaktivisten und Menschenrechtsanwälte, bedroht. Am 18. November schlug die Polizei eine Demonstration verschiedener zivilgesellschaftlicher Organisationen gewaltsam nieder, auch mit dem Einsatz von Gummigeschossen. Die Demonstranten wollten einen Brief an die APEC-Staats- und Regierungschefs überreichen. Mindestens 25 Menschen wurden verhaftet und viele verletzt, darunter auch Journalisten. Kritiker, Rechtsexperten und Oppositionsparteien verurteilten das Vorgehen der Polizei als unverhältnismäßig und nicht im Einklang mit internationalen Standards. Der Vorfall gab erneut Anlass zur Sorge über die Verschlechterung der Demokratie, der Menschenrechte und der Meinungsfreiheit im Land. 

 

Letzte Beobachtung

Am Rande des Gipfels waren aktive Soft-Power-Bemühungen zu beobachten. In der thailändischen Bevölkerung wurden diese unterschiedlich aufgefasst: So wurde Macrons Charmeoffensive bei diesem Besuch in Thailand zu einem Erfolg. Der französische Präsident hinterließ einen großen Eindruck bei der breiten Öffentlichkeit und den lokalen Medien. Dafür besuchte er ein paar Sehenswürdigkeiten in Bangkok und ein Muay-Thai-Stadium (für Thai-Boxen). Er spazierte durch Chinatown und bestellte Snacks und Bier bei einem Straßenhändler. Außerdem zeichnete er die thailändische Direktorin der Stiftung Save Elephant mit der Ehrenlegion aus und würdigte damit ihr lebenslanges Engagement für Wildtiere, Natur und Artenvielfalt. Vizepräsidentin Harris erregte ebenfalls viel positive öffentliche Aufmerksamkeit, als sie beim Einkaufen von thailändischer Currypaste auf einem Markt in Bangkok gesichtet wurde. Danach beendete sie ihren Thailand-Trip mit einem Höflichkeitsbesuch beim Obersten Patriarchen im Ratchabopit-Tempel.

Die chinesische Haltung wurde hingegen von vielen Thais als kühl und herabschauend kritisiert. Die Medien zeigten, wie Leute auf der Straße Schlange standen, um Präsident Xi Jinping und seine Entourage zu begrüßen. Diese fuhren aber lediglich in Autos vorbei und waren nicht öffentlich zu sehen. Die thailändischen Medien filmten zudem, wie der chinesische Präsident sich weigerte, dem thailändischen Premierminister Prayuth Chan-ocha bei der Begrüßung die Hand zu geben. Thailändische Internetnutzer kritisierten ebenfalls die Körpersprache von Premierminister Prayuth, der in verschiedenen Situationen dem chinesischen Präsidenten gegenüber angeblich übermäßigen Respekt zeigte. Diese Anekdoten illustrieren, wie die chinesische Führung in ihren Außenbeziehungen oft auf Macht und Einfluss anstatt Kollegialität und Attraktivität setzt. Bei den Bangkokern kam es nicht gut an.

 

Fazit

Der APEC-Gipfel 2022 ist gut verlaufen: Die thailändische Regierung kann als Gastgeber zufrieden sein, auch wenn die Ergebnisse des Forums wenig innovativ sind. Staats- und Regierungschefs mehrerer Kontinente kamen zusammen, um sich über Wirtschaftsfragen aber auch globale Herausforderungen auszutauschen. Die finale APEC-Erklärung sendet die Botschaft, dass alle APEC-Mitglieder trotz unterschiedlichen Positionen zum Krieg in der Ukraine und geostrategischen Rivalitäten weiterhin miteinander kommunizieren und kooperieren werden. Zudem bestätigen die APEC-Diskussionen, dass sich Themen wie offene Märkte, stabile Lieferketten, inklusives und nachhaltiges Wachstum sowie Prinzipien wie Völkerrecht und Multilateralismus weiterhin im Zentrum der internationalen Agenda befinden. Es sind gute Nachrichten, die diese Tage aus Bangkok kommen, auch für Deutschland und Europa.


[1] Die APEC wurde 1989 von zwölf asiatisch-pazifischen Volkswirtschaften gegründet. Die aktuellen 21 Mitglieder sind: Australien, Brunei, Chile, China, Hongkong, Indonesien, Japan, Kanada, Südkorea, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Papua-Neuguinea, Peru, die Philippinen, Russland, Singapur, Taiwan, Thailand, die Vereinigten Staaten und Vietnam.

[2] Die Blue-Diamond-Affäre im Jahr 1989 im Rahmen derer ein thailändischer Wanderarbeiter beschuldigt wurde, einen blauen Diamanten und andere Edelsteine aus einem saudischen Palast gestohlen zu haben, brachte die diplomatischen Beziehungen zwischen Thailand und Saudi-Arabien für Jahrzehnte zum Erliegen.

[3] “The 2022 APEC Joint Ministerial Statement”, siehe: https://www.mfa.go.th/en/content/apecamm

[4] APEC, “2022 Leaders' Declaration”, Bangkok, Thailand, 19. November 2022. Siehe: https://bit.ly/3go3zkU

Für die “Bangkok Goals on Bio-Circular-Green Economy”, siehe zudem: https://bit.ly/3OlzXkK

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Dr. Céline-Agathe Caro

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Leiterin des Auslandsbüros Thailand

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